KOMMENTAR:Der Wille des Bürgers

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Von Gerhard Wilhelm

Bisher ist das geplante Baugebiet Kleinfeld West in Wartenberg, das 230 bis 300 Bürgerinnen und Bürgern Platz bieten soll, über das Entwurfsstadium nicht hinausgekommen. Erst weil man es dem neuen Gemeinderat überlassen wollte und jetzt, weil der "Bürgerwille" etwas anderes fordere als das, was man bis zum Sommer geplant hatte. Der "Bürgerwille" besteht aus 115 Rückmeldungen aus einem Umfragebogen, der dem Gemeindeblatt im Sommer beigelegt war. Weil ein großer Teil der 115 Absender antwortete, dass man doch lieber in einem kleinen Einfamilienhaus statt in ein einem Doppel- oder Reihenhaus leben wolle, wurde wieder umgeplant. Es wurden weniger Wohnungen, immerhin blieb das Mehrgenerationenhaus im Entwurf.

115 Rückmeldungen sind bei rund 5600 Einwohnern nicht repräsentativ, wenn man 2,06 Personen je Haushalt annimmt. Das ist der Durchschnittswert in Bayern. Und wenn man fragt, in was würden sie denn gerne wohnen, ist das fast so, als würde man fragen: Hätten Sie lieber 100 oder 1000 Euro? Wer sich den Wohnungsmarkt und die Tendenzen durch den demografischen Wandel ansieht, sieht die Realität: Die Preise für Wohneigentum explodieren seit Jahren, und ältere Menschen wollen lieber kleinere Wohnungen. In beiden Fällen fehlt eines: bezahlbarer Wohnraum.

Natürlich hilft es, wenn eine Kommune sozusagen die Grundstückspreise subventioniert und ein sogenanntes Einheimischen-Modell macht - wenn es auch inzwischen nicht mehr nur für Einheimische offen stehen darf. Bei einem Grundstückspreis von rund 700 Euro auf dem freien Markt ist das dringend notwendig, aber selbst subventioniert wird der erschlossene Baugrund nicht unter 250 Euro fallen.

Wer günstigen Wohnraum schaffen will, darf nicht den Häuslebauer im Blick haben, sondern den Bau von Sozialwohnungen oder den vom Landkreis unterstützten Mietkauf. Und noch eines muss klar sein: Die nötige Infrastruktur kostet, und Wartenberg braucht dringend Geld. Ein großer Teil des Baugrundes muss deshalb zu Marktpreisen verkauft werden.

Wer erschwingliches Wohnen schaffen will, sollte jetzt handeln und nicht das Baugebiet über Jahre gestreckt frei geben. Alleine in den vergangenen zwei Jahren stiegen die Grundstückspreise massiv an und mangels Wohnungen auch die Mieten. Und die Baukosten explodieren seit Jahren. Wer jetzt bremst, weil ihm das Ziel, dass Wartenberg pro Jahr um nicht mehr als ein Prozent wachsen soll, heilig ist, der sorgt nur dafür, dass Wohnen für noch mehr unerschwinglich wird.

© SZ vom 30.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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