Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Arbeitsrechtlich unzulässig

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Der Trainer und vier Spieler bekommen schon kein Geld mehr, doch die Fans werden weiter um Spenden für die kommende Oberligasaison gebeten. Das ist moralisch nicht in Ordnung.

Von Florian Tempel

Höherklassiges Eishockey in Erding scheint wieder einmal am Ende. Es ist kein Trost, dass es schon schlimmere Pleiten gab. Als 2001 die in einer kruden GmbH-Konstruktion aus dem Verein ausgegliederten Erding Jets abstürzten, ruinierte dies das Leben eines jungen Mannes. Die Strippenzieher im Hintergrund hatten einen begeisterten Eishockey-Fan überredet, als GmbH-Geschäftsführer zu fungieren. Tatsächlich war er nur ihre Marionette. Doch als die Jets-GmbH Pleite ging, musste er als formal verantwortlicher Geschäftsführer den Kopf hinhalten. Wegen Insolvenzverschleppung kam er vor Gericht, wurde zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt und bekam 100 000 Euro Schulden aufgebürdet. Er musste in Privatinsolvenz gehen und konnte seine Ausbildung zum Bankkaufmann in die Tonne treten.

So hart trifft es diesmal wohl niemanden. Dennoch ist der finanzielle Niedergang der Eishockey-Abteilung des TSV Erding erneut mit Bauernopfern verbunden. Es ist ein unerhörter und unbilliger Vorgang, dass der Hauptverein Trainer John Samanski und vier Spielern die laufenden Arbeitsverträge gekündigt hat. Das ist keine Schadensbegrenzung, wie es das TSV-Präsidium behauptet, sondern moralisch verwerflich und arbeitsrechtlich unzulässig.

Die Abteilungsleitung zieht parallel dazu den Fans ungeniert Geld aus der Tasche. Die beim dritten Playdown-Spiel angelaufene Spendenaktion suggeriert den Eishockey-Fans, sie würden mit zehn, fünfzig oder hundert Euro einen Beitrag dazu leisten können, den Klassenerhalt wirtschaftlich zu sichern. Doch niemand hält es für nötig, die Fans vorher darüber aufzuklären, wie hoch die Verluste auch nur ungefähr sind. Als ob es nichts ausmacht, ob das Defizit 10 000 oder 60 000 Euro beträgt. Als ob es nichts ausmacht, ob eine Spendenaktion auch nur ansatzweise Erfolg versprechend sein kann. Das ist nicht nur unbillig und unerhört, das ist frivol.

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Quelle:
SZ vom 24.03.2015
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