Süddeutsche Zeitung

Klinikum Erding:Kleine Schritte, großes Vorhaben

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Das Kreiskrankenhaus soll zum Schwerpunktkrankenhaus mit eigener Kinderabteilung werden. Ein ambitioniertes Ziel, dem man sich nur ganz langsam annähert

Von Florian Tempel, Erding

Die Nachricht ist bald zwei Jahre her. Gut eine Woche vor der Kommunalwahl 2020 sprach Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) von einem "Meilenstein" auf dem Weg, das Klinikum Erding von einem einfachen Kreiskrankenhaus zu einem sogenannten Schwerpunktversorger auszubauen. Man hatte einen Termin im Gesundheitsministerium, wo der Antrag für die Höherstufung zum überregional bedeutenden Krankenhaus vorgestellt wurde. Eine eigene Abteilung für Kinderheilkunde ist nach Bayerstorfers Aussage das "wichtigste Ziel". Bis dahin ist es noch weit. Denn es geht nur in kleinen Schritten voran.

Bei einem Pressegespräch zum Jahresende betonte Krankenhausdirektor Dirk Last nun etwa, dass der Chefarzt der neu geschaffenen Urologie-Abteilung auch ein Fachmann für Kinderurologie sei. Da hätte man schon mal was zu bieten, auf dem Weg zur Pädiatrie-Abteilung. Gleichwohl könne ein Landkreis nicht einfach für sich selbst entscheiden, Kinderheilkunde in seinem Kreiskrankenhaus einzuführen, räumte Landrat Bayerstorfer ein. So etwas muss von Gremien der landesweiten Krankenhausplanung genehmigt werden. Die Erdinger Strategie ist es deshalb, das gesamte Haus aufzuwerten. Die neue Hauptabteilung Urologie reicht dafür allein nicht. "Was zum Portfolio eines Schwerpunktversorgers gehört ist eine Neurologie", erklärte Last. Im Klinikum Erding gibt es bislang nur eine sogenannte Stroke Unit, eine auf Schlaganfall-Patienten spezialisierte Abteilung sowie Kooperationen mit anderen Krankenhäusern. Bei Bedarf wird ein Spezialist per Video zugeschaltet oder per Hubschrauber nach Erding eingeflogen. Mit der Anstellung von zwei Fachärzten für Neurologie in Erding schärfe man das Profil, noch bevor eine regelrechte neurologische Abteilung genehmigt sei und eingerichtet werden könne, sagte Last. Bayerstorfer ergänzte: "Ein bisschen muss man schon in Vorleistung gehen." Und man brauche einen langen Atem: "Wir sind hartnäckig."

Zur Vorleistung gehört auch, dass das Klinikum Erding baulich erweitert wird. Die Ausbaupläne sind generell nicht neu. Schon vor zehn Jahren plädierte Bayerstorfer vehement für einen großen Wurf, mit dem sich das Klinikum "gesund wachsen" sollte. Das Konzept für einen Neubautrakt war vor 2017 vom bayerischen Gesundheitsministerium und der Regierung von Oberbayern bereits abgesegnet, wurde aber zwischenzeitlich wieder auf Eis gelegt. Nun ist ein Investitionsprogramm für 54 Millionen Euro aufgelegt, wobei wohl ein großer Anteil durch Zuschüsse vom Staat übernommen wird. Das für das Klinikum relevanteste Projekt ist der vierte Anbau, in dem eine neue Notaufnahme ihren Platz finden soll. Darüber hinaus soll es östlich vom Hauptgebäude einen Anbau geben, in dem eine psychiatrische Tagesklinik unterkommen soll. Dorthin soll auch die Schmerztherapie des Klinikums ziehen. Für die Räumlichkeiten im Klinikum, die durch die Maßnahmen frei werden, gibt es ebenfalls bereits Planungen. So soll im Klinikum ein neues, ambulantes OP-Zentrum entstehen, das modernsten Anforderungen entspricht und durch das der Haupt-OP entlastet wird.

Wirtschaftlich läuft es derweil so schlecht, wie man es schon seit Jahren kennt. Seit mehr als einem Jahrzehnt macht das Klinikum Erding jedes Jahr Millionenverluste. Die im vergangenen Herbst präsentierte Jahresrechnung für 2020 weist ein Defizit von 5,7 Millionen Euro aus. Im Wirtschaftsplan für 2021 wird mit einem Verlust von 6,2 Millionen Euro gerechnet, für 2022 sind 5,1 Millionen Euro prognostiziert. Im Dezember hieß es im Krankenhausausschuss auch für die weiteren vier Jahre werde ein Minus erwartet.

In den Nachbarlandkreisen sieht es so aus: Das Klinikum Freising rechnet nach einem Defizit von 2,9 Millionen Euro in 2020 für das Jahr 2021 mit einem Minus von 3,6 Millionen Euro. In Ebersberg gab es 2020 einen Jahresüberschuss von 1,4 Millionen Euro, dieses Jahr solle es eine schwarze Null werden. Der Landkreis Mühldorf muss die jüngsten Defizite seiner Kliniken in Mühldorf und Haag mit 4,7 Millionen Euro ausgleichen.

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Quelle:
SZ vom 04.01.2022
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