Krankenhaus Erding:"Am Rand der Handlungsfähigkeit"

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Düstere Wolken über dem Klinikum: Angesichts des zu erwartenden Defizits 2024 ein passendes Bild. (Foto: Stephan Görlich)

Das Klinikum des Landkreises Erding hat immer noch viele Corona-Infizierte auf der Isolierstation, gleichzeitig fällt auch viel Personal aufgrund einer Ansteckung aus.

Von Thomas Daller, Erding

Krankenhausdirektor Dirk Last ist über die aktuellen Lockerungen der Corona-Maßnahmen nicht erbaut. Im Klinikum sei noch nichts davon zu spüren, dass die Pandemie überwunden sei, sagte er im Krankenhaus-Ausschuss des Landkreises. Seit Anfang März habe man ständig mehr als 30 Patienten auf der Isolierstation, Ende März seien es sogar mehr als 40 gewesen. Erst seit vergangenem Wochenende seien die Zahlen leicht rückläufig. Hinzu komme jedoch der immer noch anhaltende Personalmangel, weil sich viele mit Corona infizieren würden.

Last stellte im Ausschuss die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Klinikum vor. Dabei konnte er zumindest im Zusammenhang mit der Intensivstation über eine positive Entwicklung berichten: Die Entwicklung der Corona-Patienten auf dieser Station liege seit diesem Jahr konstant unter fünf Patienten bei durchschnittlich 2,7 Patienten. Dahingegen habe die Zahl der Patienten auf Normalstation seit dem 1. Januar 2022 wieder stark zugenommen und liege derzeit konstant bei 30 Patienten. Inzwischen sei die Infektstation vollständig belegt, sodass teilweise auf weitere Stationen ausgewichen werden musste. Auch die Weiterverlegung und Entlassung von Patienten und Patientinnen gestalte sich schwierig, weil auch diese Strukturen in den Pflegeeinrichtungen, in der Reha und der Akutgeriatrie überlastet beziehungsweise betroffen seien.

Die Ausfälle beim Personal seien "absolut verheerend", sagt der Ärztliche Direktor

Auch im Personalbereich bestünden weiterhin viele Corona-bedingte Personalausfälle, die die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs zu einer Herausforderung werden ließen. Insbesondere in den spezialisierten Bereichen seien Ausfälle, wenn überhaupt, nur schwer und dann auf Kosten des kompletten Programms zu kompensieren. Der Ärztliche Direktor Lorenz Bott-Flügel fügte hinzu, die Ausfälle beim Personal seien "absolut verheerend". In manchen Stationen sei man am "Rand der Handlungsfähigkeit" angelangt. In der Notaufnahme fehle zeitweise 50 Prozent des Personals. Das verbliebene Personal könne kaum noch ein freies Wochenende nehmen. "Die Moral bei allen Berufsgruppen, die in Schichtarbeit stehen, ist ramponiert."

Dirk Last ist Direktor am Erdinger Klinikum. (Foto: Stephan Görlich)

Und dann ist da noch die finanzielle Seite: Das Klinikum darf keine geplanten Operationen ausführen, sondern nur noch die dringenden, weil man für Corona Betten bereithalten müsse. Bis 13. März gab es dafür Unterstützungsleistungen von Bund und Land wie Freihaltepauschalen, Covid-19-Sonderzahlungen, Versorgungszuschlag und Ausgleichszahlungen. Derzeit sei nicht absehbar, wie diese Ausfälle kompensiert werden könnten, nachdem seit dem 20. März die Corona-Unterstützungsleistungen gänzlich weggefallen seien. Personalausfälle und die erhöhten Aufwendungen durch die notwendigen Schutz- und Hygienevorschriften würden einen Regelbetrieb weiterhin kaum möglich machen.

Eine Mitarbeiterin hat sich bereits viermal infiziert. "Nach Omikron ist vor Omikron"

Hinsichtlich der Liquidität bestehe für das Klinikum aufgrund der Zuschüsse durch den Landkreis derzeit kein Risiko. Aufgrund der weiterhin bestehenden Corona-Situation müsse die Liquiditätsentwicklung aber auch nach dem 20. März weiterhin engmaschig überwacht werden. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) erkundigte sich, ob weitere Kosten entstehen würden, die nicht von den Ausgleichsmaßnahmen abgedeckt seien. Last entgegnete, dass dies bei der persönlichen Schutzausrüstung der Fall sei: "Das ist ein Mehraufwand allein bei der Hygiene von 5000 Euro pro Monat, das beläuft sich auf 60 000 Euro im Jahr."

Lorenz Bott-Flügel, der Ärztliche Direktor des Klinikums Landkreis Erding, bei einer Corona-Pressekonferenz im vergangenen Jahr. (Foto: Stephan Goerlich)

Kreisrat Wolfgang Reiter (ÖDP) berichtete auch von Personalausfällen in seiner Apotheke. Dabei habe er immer öfter festgestellt, dass Mitarbeiter auch zweimal an Corona erkranken könnten. "Was hat das für Konsequenzen?", wollte er vom Ärztlichen Direktor Bott-Flügel wissen. "Wenn so eine Welle durchgeht, beruhigt es sich dann oder kommt es zu Nachwellen?" Bott-Flügel sagte, er habe eine Mitarbeiterin, die habe sich bereits vier mal infiziert: mit dem Wildstamm, mit Alpha, Delta und mit einer der beiden Omikron-Varianten. "Nach Omikron ist vor Omikron", sagte er. Auch die Hoffnung auf Saisonalität habe sich aufgelöst, dass man sich lediglich im Herbst auf eine neue Welle einstellen müsse. Alle paar Monate mutiere das Virus und dann habe man reihenweise erkrankte Patienten. Derzeit seien sie jedoch nicht mehr so schwer erkrankt wie am Anfang.

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