Geriatrie:Ein Kraftort in Blau

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Der neue Raum der Stille in der Klinik Wartenberg. (Foto: Renate Schmidt)

Die Klinik Wartenberg hat jetzt einen Raum der Stille, mitfinanziert vom Leserhilfswerk SZ Gute Werke. Hier können Patienten und Angehörige zur Ruhe kommen. Draußen warten auf das Klinikum eher unruhige Zeiten.

Von Regina Bluhme, Wartenberg

Kurz vor dem Haupteingang zur Klinik Wartenberg ist rechts im Boden eine kleine Kuppel zu erkennen. Unscheinbar, nahezu unsichtbar, ist sie in der Erde eingelassen. Darunter befindet sich ein besonderer Ort: der Raum der Stille, mitfinanziert vom Leserhilfswerk SZ Gute Werke. Hier können Patienten, Angehörige, Besucher und Mitarbeitende Kraft schöpfen und innehalten. Sicher nicht das letzte Projekt der größten geriatrischen Rehaklinik Bayerns, für die nicht nur der demografische Wandel eine Herausforderung darstellt.

Die heutige Klinik hat sich stets neu und weiter entwickelt. Ursprünglich als Badehaus, Lungenheilstätte und dann Sanatorium genutzt, befand sich das Haus seit 1875 in der Trägerschaft der Familie Selmair, ehe es 2003 in eine Familienstiftung überführt wurde. Heute steht auf der leichten Anhöhe ein Gebäudekomplex mit modernem Anbau, umgeben vom klinikeigenen, 52 Hektar großen Wald- und Parkgelände. Von außen: eher Hotel als Krankenhaus.

Ein Großteil der Patienten sind hochbetagte Senioren und Seniorinnen, die nach einem Krankenhausaufenthalt in die Reha müssen. Im Haus stehen 135 Betten für die geriatrische Reha bereit sowie 43 Akutbetten in der Akutgeriatrie. Als einzige Klinik im Landkreis Erding hat Wartenberg zudem eine eigene Abteilung für Palliativmedizin. Diese umfasst nach Angaben von Geschäftsführer Constantin von Stechow zwölf Betten. Zudem gibt es Plätze für die Rehabilitation der Berufsgenossenschaften.

Im Neubau, der 2021 eröffnet wurde, sind die Akutstationen und die Palliativstation untergebracht. Ebenfalls im Erdgeschoss befindet sich der Raum der Stille, ein Rückzugsort für Patienten, Angehörige und Mitarbeitende gleichermaßen, „zum Innehalten, Kraftschöpfen, Meditieren und Beten“, wie es in der Einladung zum Eröffnungsgottesdienst heißt. Wer will, dürfe hier natürlich auch mal lauter werden, weinen und den Schmerz, der auf der Seele liegt, hinausschreien, erklärt der Geschäftsführer.

Geschäftsführer Constantin von Stechow im Innenhof der Klinik Wartenberg. Links der moderne Anbau, in dem sich die Palliativstation und der Raum der Stille befinden. (Foto: Renate Schmidt )
Der 2021 eröffnete Neubau an der Klinik Wartenberg. Dahinter geht es zum Haupteingang. (Foto: Renate Schmidt )

Beim Besuch im Juni wurde im Raum der Stille noch gebohrt und gehämmert. Doch schon damals war sofort eine besondere Atmosphäre zu spüren in dem elliptisch geformten Raum mit den dunkelblauen, lehmverputzten Wänden und dem Licht, das von der Kuppel auf den Boden fällt. „Himmeleffekt“ nennt Stechow das. Holzbänke sollen zum Verweilen einladen, auch ein Kreuz wird seinen Platz finden. Der Raum stehe allen Religionen offen, betont er. Verwirklicht werden konnte das knapp 300 000 Euro teure Projekt auch dank der Finanzierung durch das Hilfswerk SZ Gute Werke.

Die geriatrischen Reha-Kliniken stehen vor großen Herausforderungen. Die Zahl der Hochbetagten steige, schon jetzt gebe es Wartezeiten für Anschlussbehandlungen nach einem Krankenhausaufenthalt. Angesichts des demografischen Wandels gebe es „ganz klar einen Riesenbedarf“, so Stechow. Zugleich sind in den vergangenen Jahren Einrichtungen der Reha-Geriatrie in Bayern geschlossen worden. Die Vergütungssätze vonseiten der Krankenkassen, mit denen sich das Haus in Wartenberg finanziert, seien „noch ausbaufähig“, formuliert Constantin von Stechow vorsichtig. „Sie könnten und sollten großzügiger ausfallen.“

Der Fachkräftemangel bereitet Sorgen, aber derzeit kommt das Haus gut über die Runden

Zugleich hat Wartenberg mit gestiegenen Kosten für Energie, Material oder Personal zu kämpfen. Der Fachkräftemangel bereitet auch Stechow Sorgen, wobei die Klinik derzeit gut über die Runden komme und es bisher gelungen sei, ausreichend Personal zu finden. Derzeit hat das Haus 350 Mitarbeitende.

In Hinblick auf die finanzielle Situation nach den schwierigen Corona-Jahren sieht Stechow aber aktuell durchaus „Licht am Ende des Tunnels“. Er will weiterhin die Klinik öffnen für Konzerte, Ausstellungen, Vorträge und Lesungen. Neue Projekte in den Bereichen Waldbaden und Naturheilkunde würde er gerne anschieben. Und beim Thema Prävention plant er, einen größeren Schwerpunkt zu setzen. „Damit die Menschen möglichst lange gesund und fit bleiben.“

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