Katholische Kirche:Wem die Stunde schlägt

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Pfarrer Gregor Bartkowski und Dekan Martin Ringhof (von links) bei der Segnung der großen Glocke Maria Königin des Friedens und der kleinen Martinsglocke. (Foto: Renate Schmidt)

In Wartenberg erklingen nach 72 Jahren erstmals neue Kirchenglocken der Pfarrkirche Mariä Geburt. Die frisch gegossenen Bronzeglocken versprechen, die Gemeinde für viele Jahrhunderte zu begleiten.

Von Ambros Maria Karner, Erding

Es läutet in Wartenberg. Feinere Ohren werden bemerken, dass die tiefen und sanften Glockenschläge, die durch die Marktgemeinde hallen, anders klingen als zuvor. Nach 72 Jahren hat Wartenberg nämlich zum ersten Mal neue Kirchenglocken erhalten. Sie gehören zur Pfarrkirche Mariä Geburt und wurden am vergangenen Sonntag am Marktplatz vom St. Wolfganger Pfarrer und Dekan Martin Ringhof eingeweiht. Die Geschichte der Glocken beginnt jedoch schon lange vor dieser Einweihung.

Im Laufe der beiden Weltkriege blieb nur eine der vielen Kirchenglocken in Wartenberg übrig. „Eine Glocke wurde immer im Krieg für die Beweinung der Toten gelassen“, erklärt der Wartenberger Pfarrer Gregor Bartkowski. So stammt Wartenbergs älteste Kirchglocke aus dem Jahr 1920. Diese war die Einzige, die aus Bronze gegossen wurde. Die anderen vier Glocken wurden 1948 in der Nachkriegszeit aus Eisen gegossen und mussten deshalb dieses Jahr nach 70 Jahren ersetzt werden. „Eisenglocken rosten sehr schnell und halten höchstens 100 Jahre. Früher hatten wir Bronzeglocken, die ein halbes Jahrtausend, wenn nicht länger, dauern können“, so der Pfarrer. Die älteste sicher datierbare Glocke Deutschlands stammt sogar aus dem Jahr 1144 und befindet sich in Iggensbach bei Passau.

Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass das Unternehmen, das mit der Herstellung der neuen Glocken beauftragt wurde, ebenfalls aus derselben Gegend wie die älteste Glocke Deutschlands stammt. Die Glockengießerei Perner kann auf eine fast 400-jährige Familientradition zurückblicken. Rudolf Perner leitet heute das Unternehmen, das aus 20 Mitarbeitern besteht. „Glockengießen ist ein Handwerk, das durch die alten Traditionen ausgeführt wird, um die höchstmögliche Qualität der Glocken zu gewährleisten“, erklärt Rudolf Perner im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Tatsächlich wurde das Verfahren des Glockengießens bereits im 9. Jahrhundert vom byzantinischen Kaiser Theophilos beschrieben und hat sich bis heute kaum verändert.

Wie die Webseite der Perner GmbH beschreibt, beginnt der Prozess des Glockengießens mit dem Bau einer falschen Glocke aus Lehm. Diese dient als Form für die endgültige Glocke und umfasst die Kronenhenkel, Verzierungen, Reliefs und Ornamente, die alle in einem einzigen Guss entstehen sollen. Die Kronenhenkel werden zunächst aus Gips gefertigt und anschließend als Rohvorlage abgegossen. Schließlich wird der Zierlehm auf die Wachsmodelle und die falsche Glocke aufgetragen. Diese Lehmschicht wird durch einfache Lufttrocknung feuerfest und kann so der Hitze der flüssigen Bronze beim Gießen standhalten.

„Der Glockenklang soll jetzt voller und sanfter sein“

„Bisher ist kein besseres Verfahren gefunden worden“, erzählt der Leiter des Passauer Glockenunternehmens. „Die Glocke ist ein wunderbarer Beweis dafür, dass manchmal antike Verfahren, die aus Naturstoffen hergestellt werden, noch die nachhaltigsten und langlebigsten Lösungen bieten können“, fügt der Geschäftsführer hinzu.

In Wartenberg musste die Firma beim Glockenguss strenge Richtlinien der Pfarrkirche Mariä Geburt einhalten. „Zusammen mit dem Glockensachverständigen der Diözese wurden die musikalischen Grundlagen festgelegt. Der Klang soll jetzt voller und sanfter sein“, berichtet Rudolf Perner. Die kleinere Glocke, Sankt Martin genannt, wiegt am Ende des Gusses 451 Kilogramm, während die größere Glocke, Maria Königin des Friedens genannt, 2165 Kilogramm wiegt.

Die alten Glocken waren bereits in einem maroden Zustand

Die neuen Glocken befinden sich nun endlich im Kirchturm. Dort lagern auch bis auf Weiteres aktuell noch die alten, die laut Pfarrer Bartkowski „bereits Löcher aufwiesen“. Der Wechsel war dringend notwendig, da es 2004 statische Probleme am Turm gab: „Wir mussten das Turmkreuz absetzen und entschieden uns anschließend für eine umfassende Turmrenovierung.“ Diese Renovierungen führten zu genaueren Überprüfungen, bei denen die Pfarrgemeinde feststellte, dass die Glocken in einem schlechten Zustand waren.

Neue Glocken sind jedoch kostspielig, daher war die Pfarrkirche auf die Unterstützung der Gemeinde und Spenden der katholischen Gemeinschaft angewiesen. Nach vielen Jahren konnten jetzt zwei der vier Glocken ersetzt werden. „Zwei müssen noch in den nächsten Jahren ausgetauscht werden, aber momentan haben wir nicht genug finanzielle Mittel“, erklärt Pfarrer Bartkowski. Die fünfte Glocke aus dem Jahr 1920, die aus Bronze gegossen wurde, bleibt erhalten. „Sie hält über ein halbes Jahrtausend“, betont der Pfarrer. Die Wartenberger Bevölkerung kann also sicher sein, dass sie noch viele Jahrhunderte lang die tiefen und rhythmischen Schläge der neuen Bronzeglocken hören wird.

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