Kirchberger Unternehmen:In der Krise durchgestartet

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Antje Fröschen aus Kirchberg hat sich während der Corona-Pandemie mit dem Vertrieb von Luftreinigungsgeräten selbstständig gemacht. Die Gründerin nutzt die Krise, um ihr Business auf solide Füße zu stellen

Von Charlotte Nachtmann, Kirchberg

Antje Fröschen vertreibt Luftreinigungsgeräte. Hier im Bild an ihren Arbeitsplatz im Wohnmobil. (Foto: Renate Schmidt)

Geschlossene Campingplätze, ausgefallene Freizeitmessen und geschlossene Händler-Stores im Lockdown: Für Antje Fröschen war der Einstieg in die Selbstständigkeit nicht einfach. Im Dezember 2019 startete sie mit der Distribution von Luftreinigungsgeräten der Salzburger Firma Ozonos für den Bereich Camping und Freizeit. Fröschen hatte das Produkt auf einer Messe entdeckt und stand kurze Zeit später selbst mit dem Ozonos auf der Urlaubsmesse CMT in Stuttgart. Doch dann kam die Corona-Pandemie und bremste die gebürtige Frankfurterin aus. "Ich habe diese stille Zeit, in der ich nicht nach außen treten konnte, aber für mich genutzt", sagt die 56-Jährige, "es war mir einfach wichtig, ein gesundes und zukunftsorientiertes Fundament für die Selbstständigkeit aufzubauen."

Mit ihrem Unternehmergeist ist Antje Fröschen im Landkreis Erding nicht alleine. Wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern mitteilte, haben sich 2020 im Landkreis 1189 Personen selbstständig gemacht. Das sei ein Zuwachs von 10,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutschlandweit hingegen sei die Zahl der Existenzgründungen im Coronajahr um gut elf Prozent gesunken, wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im April bekannt gab.

"Die Basis, um in eine Selbstständigkeit zu gehen, ist ein Produkt, das auf dem Markt Bestand und idealerweise eine Alleinstellung hat, wie der Ozonos", erklärt Fröschen. Das Luftreinigungsgerät stößt in geringer Konzentration Ozon aus, welches Duftstoffe, Pollen und andere Allergene, Aerosolfette beim Kochen sowie Bakterien und Viren bindet, erklärt sie. Die Idee, die Wohnmobilbranche als Absatzmarkt zu erschließen, kam der leidenschaftlichen Camperin selbst. Ende 2019 ging sie damit auf Ozonos zu, Monate bevor Viren zum Dauerthema wurden. Inzwischen treffen Antje Fröschen und das 2017 gegründete Unternehmen den Nerv der Zeit. Denn auch für die Eliminierung von Corona-Viren ist die Marke zertifiziert. Jetzt vertreibt Fröschen die Geräte unter "Ozonos-Antje" aus einem Bürocontainer im Garten ihres Hauses in Schröding bei Kirchberg. Oder von wo auch immer sie mit ihrem Wohnmobil unterwegs ist.

Zu ihren Kunden gehören neben Privatpersonen und Händlern vor allem Wohnmobilvermieter und Campingplätze. Letztere waren indes über weite Zeiträume der Pandemie geschlossen; erstere hatten keine Kapazitäten für Investitionen. Dazu kam der Ausfall zahlreicher Messen im Bereich Freizeit und Camping. "Sicher hätte mein Geschäft noch eine ganz andere Dynamik angenommen, wenn das alles möglich gewesen wäre", schlussfolgert Fröschen. So blieben ihr monatelang nur der Griff zum Telefon und die Vermarktung im Internet. Doch bei einem Gerät, das mehr als 1000 Euro kostet, sei die persönliche Beratung eigentlich ein Muss, so Fröschen. Dennoch bereut sie ihre Existenzgründung nicht: "Zwar konnte ich viele Dinge nicht tun, aber man muss das Beste draus machen. Ich habe darin den Vorteil gesehen, mein Unternehmen weiter auch digital zu positionieren."

Das Luftreinigungsgerät stößt in geringer Konzentration Ozon aus. (Foto: Renate Schmidt)

Denn als zweiten entscheidenden Faktor für den Schritt in die Selbstständigkeit nennt Antje Fröschen ein gut durchdachtes Unternehmenskonzept. Über eine ebenfalls selbstständige Freundin erfuhr sie vom Gründercoaching der IHK. 70 Prozent der Kosten übernimmt die IHK für ein solches sechs- bis zehn-tägiges Coaching durch ausgewählte Unternehmensberatungen. In sechs Tagen entwickelte Antje Fröschen Anfang des Jahres so einen Business- und Finanzierungsplan plus eine Marketing-Strategie. Ein Tipp der Unternehmensberatung war es, sich für den Internet- und Social-Media-Auftritt Unterstützung von außen geholt. "Ich habe am Anfang vieles selber gemacht. Manches sollte man aber einfach Leuten überlassen, die auch was davon verstehen", sagt Fröschen.

Mut und Ehrgeiz seien aber ebenfalls keine schlechten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Existenzgründung, ergänzt die 56-Jährige. Insbesondere auf finanzieller Ebene stelle eine Selbstständigkeit eine Herausforderung dar. Sie selbst habe neben dem IHK-Coaching und der Gründerfinanzierung vom Arbeitsamt alles selbst gestemmt. Mit dem Verleih eines Gerätes habe sie angefangen, so Fröschen, dann hätten die Leute gekauft und von diesen Erlösen sei es dann weitergegangen. "Man muss klein anfangen, aber irgendwann muss man auch groß denken", fasst die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau zusammen. Bereits vor Corona hatte sie ihre Stelle in der Auftragsbearbeitung beim Gewandhaus Gruber in Erding auf Teilzeit reduziert. Als pandemiebedingt ihr Vertrag nicht verlängert wurde, begann Fröschen, ihre Existenzgründung vorzubereiten. Mit dem Eintritt in die Vollselbstständigkeit zum 1. Juni habe sie auch eine Bürokraft mit an Bord geholt, "um den Versand sicherzustellen, wenn ich jetzt wieder vermehrt unterwegs bin." Denn mit den Lockerungen kann Antje Fröschen nun richtig in ihr Business einsteigen, Händler und Campingplätze abfahren und ihr Produkt auf Messen bekannt machen. Denn der persönliche Kontakt zum Kunde bleibe das Schönste, sagt sie.

Zu den Kunden gehören neben Privatpersonen und Händlern vor allem Wohnmobilvermieter und Campingplätz (Foto: Renate Schmidt)
© SZ vom 28.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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