Kino in Dorfen:Aus Liebe zum Film

Kino in Dorfen: Georg Schmederer an der Kasse des Kinos im Jakobmayer: Hollywood-Blockbuster laufen hier eher selten, die Filme, die gezeigt werden, sollen schon ein gewisses Niveau haben.

Georg Schmederer an der Kasse des Kinos im Jakobmayer: Hollywood-Blockbuster laufen hier eher selten, die Filme, die gezeigt werden, sollen schon ein gewisses Niveau haben.

(Foto: Renate Schmidt)

Seit 2011 managt Georg Schmederer ehrenamtlich das Kino im Jakobmayer. Schon seit seinen Kindheitstagen hat er eine besondere Beziehung zu diesen Traumfabriken

Von Florian Tempel, Dorfen

Der Weg zur Arbeitsstätte macht Georg Schmederer sichtlich Spaß. Er hat immer ein Lächeln auf den Lippen, wenn er mit dem Fahrrad zum Jakobmayer unterwegs ist. Der Weg ist nicht weit und er führt ihn genau dorthin, wo es ihn schon als Kind magisch hinzog: ins Kino. Die Metapher vom Kino als Traumfabrik ist für ihn auf eine besondere Art Realität geworden. Sein Traum, ein eigenes Kino zu führen, hat sich erfüllt. Er ist der Manager und Programmdirektor des kleinen, aber feinen Filmtheaters im Dorfener Kulturzentrum Jakobmayer. Und dass er dafür kein Geld bekommt, stört ihn nicht im Geringsten. Es gehört ganz im Gegensatz zu seinem persönlichen Glück, dass er die ganze Arbeit ehrenamtlich machen kann.

Als der Jakobmayer am 11. November 2011 eröffnet wurde, fand am selben Tag auch die erste Filmvorführung im Kino statt, das hinten raus am Ende des langen Eingangs im Jakobmayer-Hinterhof angebaut worden war. "Eine ganz heiße Nummer" war der erste Film. Die in Dorfen lebende Schauspielerin Cleo Kretschmer, die eine der Hauptrolle spielte, war zusammen mit Co-Hauptdarstellerin Gisela Schneeberger zur Eröffnung gekommen. Ein BR-Fernsehteam nahm Impressionen für einen "Kino,Kino"-Beitrag auf. Und auch Maria Ederer war da, die bis dahin letzte Dorfener Kinobetreiberin. 1997 hatte Ederer das "Capitol" zugesperrt. Nach 14 Jahren gab es nun wieder ein Kino in der Stadt - "ein schönes Gefühl", sagte die damals 80-jährige Maria Ederer - und Georg Schmederer strahlte und freute sich.

Als Kind war er, so oft es ging, zu Gast in Ederers "Capitol". Georg Schmederer ist gebürtiger und verwurzelter Dorfener, sein Großvater und sein Vater führten in der Stadt ein Kaufhaus. Nach dem Abitur zog es ihn, zwecks Studium und dann des Jobs wegen, aber für zehn Jahre nach München. In der Großstadt war die Auswahl an Filmtheatern zwar größer und er ging gerne in die verschiedensten Kinos. "Doch die richtige Liebe zum Film, zum anspruchsvollen Arthouse-Kino ist erst in den späteren achtziger Jahren gekommen", erinnert sich Georg Schmederer. Es hatte wohl auch etwas mit seinem studierten Beruf als Feinwerk-Ingenieur zu tun. Als die ersten Beamer für den Hausgebrauch auf den Markt kamen, war er einer der ersten, die sich einen solchen digitalen Projektor kauften. Eine Wand im Wohnzimmer strich er sich mit spezieller Leinwandfarbe, dazu installierte er ein Audiosystem mit Dolby Surround und fertig war sein Heimkino. Er kaufte sich eine DVD nach der anderen, alles von Wim Wenders, ganz viel Nouvelle Vague von Regisseuren wie Jean-Luc Godard, Éric Rohmer und François Truffaut, Werke des American New Cinema und von Independent-Filmemachern.

Als das "Capitol" in Dorfen seine Pforten geschlossen hatte, fasste Georg Schmederer, seit 1985 zurück in Dorfen, den Plan, selbst ein Kino aufzumachen. "Die Pläne waren schon ziemlich detailliert", sagt er rückblickend. Etwa dort, wo heute die Grundschule am Mühlanger steht, wollte er ein Kino mit vier Sälen hinstellen und betreiben. Doch die Banken sahen seinen Businessplan kritisch. Das endgültige Aus für seine Pläne kam, als in Erding das Cineplex-Kino gebaut wurde.

Etwa zehn Jahre später, im Jahr 2009, kam Ludwig Rudolf, der im Dorfener Stadtrat maßgeblich an der Entwicklung des Konzepts für den Jakobmayer arbeitet, auf ihn zu und erklärte ihm, dass man ein Kino brauche. Georg Schmederer sollte und wollte eigentlich nur in der Projektphase dabei sein und bis zur Eröffnung sein technisches und betriebswirtschaftliches Knowhow einbringen. Er hatte ja schon einmal ein Kino geplant. Der Isener Architekt Udo Rieger, der den Jakobmayer renovierte, entwickelte das Black Box-Konzept im Hinterhof und Schmederer lieferte den Plan für all das, was man innen drinnen braucht: Von der Projektionstechnik und dem Audiosystem bis zu den Sesseln.

Als schließlich die glorreiche Eröffnung gefeiert wurde, machte Schmederer doch weiter. Das Programm muss gemacht werden, die Filme ausgesucht, die Programmflyer gedruckt und die Kassenkräfte, die auch die Filmvorführer sind, müssen eingeteilt werden. Das ist viel Arbeit und es wurde zu viel. Schmederer, der im Hauptberuf Vertriebsleiter bei einem japanischen Halbleiterkonzern war, hatte auf einmal eine Sieben-Tage-Woche ohne Pausen. Seine Lösung: 2015 hängte er seinen Brotberuf an den Nagel. Das hat ihm gut getan und dem Kino im Jakobmayer.

Der Betrieb läuft - weil Georg Schmederer ehrenamtlich arbeitet - für die Stadt kostenneutral. Fast 160 000 Besucher kamen seit November 2011. Jedes Jahr wurden seitdem 120 bis 130 verschiedene Filme gezeigt. Eine bunte und gute Mischung für ein breites Publikum, mit vielen anspruchsvollen Filme für Kenner und Liebhaber. Die Filme laufen meistens fünf Wochen später als anderswo, "Nachspielkino" heißt das. Doch das stört in Dorfen niemanden. Das kostet weniger und das Kino ist doch in jedem Fall ein Gewinn für die ganze Stadt. Die Technik ist vom Feinsten, die Sessel sehr bequem und die Sicht von jedem einzelnen ausgezeichnet. Dennoch: Der Sitz "B 5", zweite Reihe von oben in der Mitte, ist Georg Schmederers Lieblingsplatz. Sein Heimkino hat er eingemottet.

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