Kein Einzelfall:Nicht bei uns!

Bei Bockhorn wird über einen großen Legehennenstall gestritten und über die Frage, was einen Landwirt zum Landwirt macht

Von Wolfgang Rescher, Bockhorn

64 Salmannskirchner gegen 14 990 Hühner: Das ist die Ausgangslage in einem Streit in dem Bockhorner Ortsteil, bei dem das Interesse eines Unternehmers gegen die Interessen der Bürger stehen. Bei dem sich die Bewohner des Ortes "überfahren" fühlen, und der Unternehmer aber sagt: "Ich bin ein ganz normaler Landwirt." Eine verzwickte Situation, aber kein Einzelfall im Landkreis.

Ein Legehennenstall soll in Salmannskirchen entstehen. Josef Braun, der Bauherr, betreibt mehrere solcher Ställe im Landkreis, er vertreibt seine Eier unter der regional bekannten Marke Sonnendorfer. Der Gemeinderat Bockhorn hat den Bauantrag für den Stall allerdings abgelehnt. Der entscheidenden Sitzung waren massive Proteste der Salmannskirchner vorausgegangen. Alle 64 Wahlberechtigten des Ortes hatten sich in einer Unterschriftenaktion gegen den Stall für 14 990 Hühner ausgesprochen; eben gerade keine 15 000 Hühner, ab der der Stall nach einem aufwendigen und teuren Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt werden müsste.

Thomas Pfanzelt, der Ortssprecher von Salmannskirchen, fasst die Gefühle der Anwohner so zusammen: "Wir haben uns überfahren gefühlt." Zwei Punkte machen den Anwohnern Angst: Zum einen eine mögliche Geruchsbelästigung und auch eine Wertminderung ihrer Immobilien. "Wir wohnen auf dem Land, da sind wir ein bisschen Lärm und Geruch gewohnt", sagt Pfanzelt. "Aber das ist einfach eine andere Dimension." Salmannskirchen liegt in einer Senke, der Stall soll auf einer Erhöhung in der Nähe gebaut werden. Pfanzelt befürchtet, dass der Geruch des Stalls bei schwülem Wetter in den Ort gedrückt wird. "Würde man den Hof 500 Meter weiter weg bauen, gäbe es kein Problem", sagt Pfanzelt. Auch der Bockhorner Bürgermeister Hans Schreiner (FWG) äußert sich: "Wir haben versucht, die Bürger so gut als möglich einzubinden." Die Befürchtungen bezüglich des Wertverlustes kann er verstehen. "Die Idylle des Ortes könnte damit schon verloren gehen. Klein wird der Bau nicht gerade."

Das kritisiert auch Ortsvorsteher Pfanzelt: Er stört sich daran, dass das Bauvorhaben Brauns "privilegiert" ist, er also im Außenbereich einer Gemeinde liegen kann und nicht, wie üblich, an eine bestehende Struktur anschließen muss. Das darf sich nur erlauben, wer als Landwirt gilt. Pfanzelt aber bezweifelt das, bei Zehntausenden Hühnern in mehreren Ställen. Josef Braun aber bleibt dabei: Er sei ein Landwirt.

"Ein bisschen enttäuscht bin ich schon", sagt Braun. Im Vorfeld habe er von möglichen Beschwerden in Salmannskirchen nichts mitbekommen. "Dass es soviel Widerstand bei der Gemeinderatssitzung gab, hat mich schon überrascht. Die Leute wollen regional produzierte Eier, die müssen auch irgendwo herkommen." Unmut äußert er auch über den Gemeinderat, denn kurz vor der Sitzung habe der Bauausschuss noch für die Genehmigung gestimmt. Das Argument der Geruchsbelästigung will Braun nicht gelten lassen: "Der Stall wird über 300 Meter weit weg vom nächsten Gebäude stehen. Da kommt kein Geruch rüber." Baulich sei er aber gebunden. "Schließlich muss ich da bauen, wo ich Grund bekomme." Außerdem müsse der Stall in der Mitte des Geländes stehen, damit die Hühner den verfügbaren Auslauf bestmöglich annehmen. Zur Sicht sagt der Eierproduzent: "Dort, wo der Stall gebaut wird, können die Anwohner ihn nicht einsehen. Außerdem wird das Gebäude maximal fünf Meter hoch."

Olching: Bio-Eier STANGLHOF

Das freilaufende Huhn gehört zum Stanglhof.

(Foto: Johannes Simon)

Braun betreibt bereits mehrere Ställe in Adlberg und Sonnendorf bei Inning am Holz und in Kleinhündlbach bei Fraunberg. Die Anwohner dieser Ställe zeigen sich nicht immer zufrieden mit ihrem Nachbarn. Einige sagen zwar: "Es passt alles." Andere beschweren sich über wenig diplomatisches Verhalten: So würde entgegen einer Abmachung zum Beispiel der Hühnerkot in offenen Containern abgeholt, sagen Bürger in Sonnendorf, dem größten Standort. Die Folge seien starke Staub- und Geruchsentwicklung. Braun bestätigt den offenen Container, sagt aber, dass es keine Abmachung gegeben habe und auch die Staubentwicklung nicht nennenswert wäre. In einer Sache sind sich alle Anwohner aber einig: Je nach Wetterlage, und wenn die Hühnerexkremente abtransportiert werden, rieche man die Ställe. Der Abtransport findet einmal die Woche statt. Besonders intensiv sei der Gestank, wenn Hühnerkot auf die Felder gebracht wird.

Der Streit in Salmannskirchen ist nicht der erste für Josef Braun. 2005 wollte er seinen Betrieb in Sonnendorf mit einem Legehennenstall für Bio-Eier ausbauen. Die Gemeinde Inning war dagegen. Um den Stall zu verhindern, zog die Gemeinde sogar vor das Verwaltungsgericht, verlor dann aber, wie der ehemalige Bürgermeister Josef Naderer sagt. Als 2012 der Stall in Adlberg beantrag wurde, gab es hingegen keine Einwände seitens der Gemeinde. "Wir leben heute in Frieden mit Herrn Braun", sagt Naderer. Auch der Fraunberger Gemeinderat lehnte 2009 einen Antrag für einen Bodenhaltungsstall in Kleinhündlbach ab. Allerdings wurde auch dieser Stall schließlich gebaut: Das Landratsamt hat ihn mit Verweis auf die Privilegierung genehmigt.

Ist Josef Braun also doch nur ein Landwirt von vielen? Er sagt das zumindest: Schließlich baue er sämtliches Futter für seine Hühner in Boden- und Freilandhaltung selbst an. Nur das Futter für die Bio-Eier werde von einem Vertragsbauer geliefert. Als Landwirt gilt nach dem Gesetz, wer über genug Flächen verfügt, um mindestens 50 Prozent des benötigten Futters anbauen zu können. Selbst produzieren müsste der Betreffende nicht.

Wie viele Legehennen Sonnendorfer in den verschiedenen Ställen hält, will Braun allerdings nicht sagen. Bekannt ist, dass der Stall in Kleinhündlbach für 36 000 Hühner ausgelegt wurde. Die Außenstellen in Adlberg und die geplante in Salmannskirchen sollen laut Bauantrag jeweils 14 990 Legehennen beherbergen. Unbekannt sind die Zahlen in Sonnendorf selbst. Um sich mit anderen Landwirten zu vergleichen, zieht Braun die Umrechnung in Großvieheinheiten heran. In seinem Fall würden die 66 000 Hühner in Rinder umgerechnet eine Anzahl von 224 ergeben.

Kein Einzelfall: "Nicht gerade klein": Ähnliche Dimensionen wie der Hof in Adlberg soll auch der neue in Salmannskirchen haben.

"Nicht gerade klein": Ähnliche Dimensionen wie der Hof in Adlberg soll auch der neue in Salmannskirchen haben.

(Foto: Renate Schmidt)

Würde nun in Bockhorn gebaut, wäre es schon der zweite Stall in der Gemeinde. Schon im Januar hatte der Gemeinderat einen Stall für 24 000 Legehennen einstimmig genehmigt. Gebaut wird der nun von Anton Meier aus Altenerding. Ursprünglich sollte er die Eier für Sonnendorfer produzieren, wie beide Seiten bestätigen. Doch man wurde man sich einig. Nun will der ehemalige Milchbauer auf eigene Rechnung produzieren. Da sich Milchwirtschaft und Ackerbau nicht rechnen und er die Landwirtschaft seiner Familie erhalten möchte, wäre das eine der wenigen Alternativen.

Auch im Bockhorner Fall muss nun das Landratsamt die Frage klären, ob in Salmannskirchen gebaut werden darf oder nicht. Wenn es zu dem Ergebnis kommt, dass der Bauantrag korrekt ist, wird der Gemeinderat aufgefordert, dem Antrag zuzustimmen. Weigert sich der, würde schließlich das Einverständnis des Landratsamts das der Gemeinde ersetzen. Dann ziehen doch noch 14 990 Hühner nach Salmannskirchen - wo sie eigentlich niemand will.

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