Kardinal-Döpfner-Haus:Wissen hilft weiter

Anwältin klärt Flüchtlinge über gängige Abschiebepraxis bei Asylbewerbern aus Afghanistan auf

Von Katharina Aurich, Freising

Verunsicherte afghanische Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer aus ganz Oberbayern haben an der Informationsveranstaltung "not safe" im Kardinal-Döpfner-Haus teilgenommen. Der Bayerische Flüchtlingsrat hatte diese mit der katholischen Bildungsstätte organisiert. Da Flüchtlinge aus Afghanistan zunehmend von Abschiebung bedroht seien und viele ihren abgelehnten Asylantrag erhielten, sei der Informationsbedarf groß, sagte Nadine Kriebel vom Flüchtlingsrat.

Die Münchner Rechtsanwältin Iris Ludwig informierte die rund 250 Zuhörer zunächst über die rechtlichen Vorgaben, übersetzt wurde ihr Vortrag von Homa Samawaki auf Dari. Danach konnten Fragen gestellt werden und davon gab es sehr viele. "Wir brauchen dieses Hintergrundwissen, um unseren Schützlingen zu helfen", betonte Jan Kurschewitz vom Helferkreis "Wippenhauser Straße" in Freising.

Anwältin Ludwig schilderte, dass immer mehr junge Männer abgelehnt würden, Familien aus Afghanistan hätten bessere Chancen, anerkannt zu werden. Allerdings gäbe es auch Fälle, wo ein 16-jähriger Jugendlicher mit seiner Familie hier ankomme, das Asylverfahren dauere bis zur Entscheidung zwei Jahre, dann sei der Jugendliche inzwischen 18 Jahre alt und von Abschiebung bedroht, während die Familie bleiben könne. Sie empfahl den Geflüchteten bei der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darauf zu achten, dass der Dolmetscher auch wirklich gut übersetze.

Es komme häufig vor, dass die Angaben falsch wiedergegeben würden. Man habe das Recht, einen Dolmetscher abzulehnen und einen anderen zu verlangen, sagte die Anwältin. Frauen hätten zudem das Recht auf einen weiblichen Dolmetscher. Die Anwältin ging auch näher auf die Diagnose psychischer Störungen ein und appellierte an die Helfer, sich bei Ärzten dafür einzusetzen, dass die Flüchtlinge ein ausführliches Attest zur Vorlage bei der Behörde erhielten. Häufig wären die Geflüchteten traumatisiert, hätten Schlafstörungen oder Angstzustände. Diese Symptome müssten bei der Prüfung des Asylantrags berücksichtigt werden, betonte die Anwältin.

Wenn man an einer Erkrankung leide, die im Herkunftsland nicht behandelt werden könne und es absehbar sei, dass sich der Zustand des Geflüchteten nach einer Abschiebung lebensbedrohlich verschlechtere, müsse dies für eine Anerkennung berücksichtigt werden, sagte Ludwig. Dasselbe treffe auf die Versorgungslage zu, im Moment ginge die Behörde davon aus, dass die Lebensmittelsicherheit in Afghanistan für Familien so schlecht sei, dass die Gefahr bestehe, an Verelendung zu sterben. Bei Männern, die alleine seien, gehe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof jedoch davon aus, dass sie es schaffen würden, mit Tee und Brot zu überleben, schilderte die Anwältin die Praxis.

Wer einen Ablehnungsbescheid erhalte, solle klagen. Für die Klageeinreichung benötige man keinen Anwalt, sondern könne mit dem Ablehnungsbescheid des BAMF zum Gericht gehen, wo dann die Klage aufgesetzt werde. Ausführlicher ging die Anwältin auch auf die Identitätsklärung ein. Niemand dürfe von einem abgelehnten Flüchtling, der sich im Klageverfahren befinde, verlangen, sich mit den Behörden in seinem Herkunftsland in Verbindung zu setzen. "Man darf niemandem einen Strick daraus drehen, wenn er keine Papiere hat", sagte Ludwig. Die Identitätsklärung sei aber schicksalhaft, denn um zu arbeiten, müssten die Flüchtlinge dazu beitragen, Papiere zu beschaffen. Aber wer als Flüchtling abgelehnt wurde, kann nur mit Pass oder einer Identitätsbescheinigung abgeschoben werden, ohne Papiere werde niemand in ein Flugzeug gesetzt.

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