Kandidat für den Tassilo-Preis:Das Knirschvogelhaus - offen für alles

Seit 18 Jahren öffnen Vroni Vogel und Dieter Knirsch ihr Haus für Musikrevuen, Lesungen und Themenkonzerte.

Von Mathias Weber

Das wichtigste, sagt Vroni Vogel, seien ja eigentlich die Nachbarn: Sie müssten es aushalten, wenn die Musiker gegenüber wieder bis spät Nachts ihren Jazz üben, und wenn bei Konzerten die Autos, die bis aus München und Landshut kommen, entlang der Bürgermeister-Renner-Straße parken. Aber da gab es noch nie Probleme, sagt Vogel. "Das ist nicht selbstverständlich, wir haben ganz tolle Nachbarn."

Mehr als hundert Veranstaltungen

Im hintersten Eck der 2000-Einwohner-Gemeinde Walpertskirchen, wo die Siedlung in den Wald übergeht und auf dem Bahndamm die Züge Richtung Dorfen vorbeidüsen, dort steht das Knirschvogelhaus. Es ist eigentlich ein Wohnhaus, das sich die Eheleute Vroni Vogel und Dieter Knirsch 1998 anstelle eines ehemaligen Schweinestalles erbaut haben. Nicht nur ist das Haus das Zentrum der Familie Knirsch-Vogel, sondern seit Jahren auch ein kleines Zentrum der Kultur in der Gemeinde: In diesem Knirschvogelhaus veranstalten die Eheleute regelmäßig Musikrevuen, Lesungen und Themenkonzerte - in einem familiären, intimen Rahmen. Mehr als 100 Veranstaltungen wurden in Walpertskirchen bereits organisiert. Für ihren Beitrag zum Kulturleben in der Region sind Vroni Vogel und Dieter Knirsch dieses Jahr für den Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung  nominiert.

Vogel und Knirsch scherzen gerne, dass sie ihr Haus "um den Flügel herum gebaut" hätten. Ganz falsch ist das aber nicht: Beide hatten schon damals die Idee, in ihrem zukünftigem Haus auch der Kultur Platz zu bieten. Der 63-jährige Knirsch, der als Musikschullehrer in Erding und professioneller Pianist arbeitet, hatte sogar einmal mit dem Gedanken gespielt, Architekt zu werden. Ein Konzertsaal wurde in das Haus dann zwar nicht eingebaut, aber so etwas ähnliches: Bei Konzerten wird im Wohnzimmer die Einrichtung zur Seite geschoben, ein paar Stühle werden aufgestellt und auch auf die Treppe können sich die Zuschauer setzten, sie bietet einen schönen Blick auf die (eigentlich gar nicht vorhandene) Bühne und den hohen Wohnraum, die Akustik ist gut. "Wenn wir auftreten, gibt's wenig Platz", sagt Vroni Vogel. "Es ist manchmal schon sehr eng, das hat zur Folge, dass das die Chemie zwischen den Künstlern und den Besuchern passen muss."

knirschvogel

Im Haus von Vogel und Knirsch findet die Kunst regelmäßig ihren Platz, wie bei einem Konzert zu einer Ausstellung der Malerin Sabine Penzenstadler.

(Foto: oh)

Es kommen bis zu achtzig Gäste

Manchmal dreimal, manchmal viermal, manchmal fünfmal im Jahr laden Knirsch und Vogel in ihr Haus ein; bis zu 80 Gäste kommen dann nach Walpertskirchen. Die 50-jährige Vroni Vogel, die aus einer Münchner Schriftstellerfamilie stammt und als freie Journalistin arbeitet, moderiert und stellt in Lesungen eigene Texte vor. Dieter Knirsch ist oft als Solist am Flügel zu hören, lädt aber auch Musikerkollegen ein. Für die Veranstaltungen lassen sich die beiden immer spezielle Mottos einfallen: "Cinéma fantastique", eine Faschingsrevue, "Mondsüchtig im Knirschvogelhaus", "Adele meets Jazz", "Dämonen zähmen leicht gemacht".

Das Knirschvogelhaus versteht sich mit Schülerkonzerten auch als Forum für den Nachwuchs. Außerdem wird einmal im Jahr ein Konzert zugunsten der Nachbarschaftshilfe im Ort veranstaltet. Und dort, im kleinen Walpertskirchen, ist man mittlerweile auch angekommen. Ursprünglich kommt Vogels Familie aus der Stadt, als man nach Walpertskirchen gezogen ist, "war das schon eine andere Welt", sagt Vroni Vogel heute. Aber das Knirschvogelhaus hat sich etabliert; klar, die Kunstler-Community aus dem Landkreis und darüber hinaus kommt zu den Konzerten.

knirschvogel

Vroni Vogel und Dieter Knirsch sind zwei der gut 2000 Einwohner von Walpertskirchen.

(Foto: oh)

Es steht allen offen

Aber eben auch die normalen Walpertskirchener: "Die Schwellenangst gibt es schon lange nicht mehr", sagt Vogel. Wenn sie zum Beispiel in der Metzgerei Huber steht, wird Vogel durchaus auf das letzte Konzert angesprochen: Anregungen für das nächste gibt es dann, oder ein "Schee war's". Auch Asylbewerber aus dem Ort lädt Vroni Vogel in ihr Haus ein, sie selbst ist in der Flüchtlingshilfe aktiv. Das passt ganz gut zu dem Konzept der Kulturarbeit von Vroni Vogel und Dieter Knirsch: "Das Haus steht allen offen", sagt sie.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: