Kampf gegen Obdachlosigkeit:Einfach und robust

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Die Stadt Erding hat für 2,3 Millionen Euro weitere 15 Notwohnungen an der Sportfeldstraße bauen lassen. Mit sozialem Wohnungsbau hat das nichts zu tun, aber mit Wohnungsnot und sozialem Abstieg sehr viel

Von Florian Tempel, Erding

Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) spricht lieber von "Einfachstwohnungen". Mit diesem Begriff betont er die schlichte Bauweise und Ausstattung der Wohnungen. Das Wort Obdachlosigkeit kommt bei ihm nicht vor. Gotz sagt stattdessen und ziemlich umständlich, er hoffe, dass "die künftigen Nutzer aus der Mietunfähigkeit wieder in die Mietfähigkeit" kommen. Man ahnt, was er damit meint. Seine Mitarbeiter aus dem Rathaus stellen dann klar, dass es sich um Obdachlosenunterkünfte handelt. Die Stadt hat neben die bestehenden Anlage mit 21 Wohnungen an der Sportfeldstraße für 2,3 Millionen Euro 15 weitere Wohneinheiten bauen lassen. Es sind Ein-, Zwei- und Drei-Zimmer-Appartements die man nicht mieten kann, sondern in die man von der Stadtverwaltung eingewiesen wird.

Mit sozialem Wohnungsbau hat das nichts zu tun, aber mit Wohnungsnot und sozialem Abstieg sehr viel. Ein typischer Fall für eine Einweisung in eine Notwohnung ist eine bevorstehende Zwangsräumung, wenn die Miete seit Monaten nicht mehr bezahlt worden ist. Wer in einer Obdachlosenwohnung untergebracht wird, darf es sich dort aber nicht gemütlich einrichten. Er ist verpflichtet, sich selbst eine richtige Wohnung zu suchen und muss seine diesbezüglichen Anstrengungen regelmäßig nachweisen.

Die Einweihung der Wohnanlage fand ohne "Trara und große Festlichkeit" statt, wie OB Max Gotz (links in der Mitte) passend zum Stil der Gebäude betonte. (Foto: Stephan Goerlich)

Die Unterbringung ist eine Pflichtaufgabe jeder Kommune. In den "Empfehlungen für das Obdachlosenwesen", einer gemeinsamen Bekanntmachung des bayerischen Sozialministeriums und des Innenministeriums, heißt es, dass die Obdachlosigkeit eine "Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" wäre und aus diesem Grund "zu beseitigen" sei. Obdachlose sollen "in erster Linie in gemeindeeigenen oder der Gemeinde zur Verfügung stehenden Unterkünften untergebracht werden".

Neben der Wohnanlage gibt es schon seit 15 Jahren Notwohnungen, die stets voll belegt sind. (Foto: Stephan Görlich)

Neben den neuen und älteren Wohnungen in der Sportfeldstraße hat die Stadt Erding noch drei weitere Notunterkünfte. Das bauliche Niveau der Unterkünfte ist sehr unterschiedlich, die neuen Appartements an der Sportfeldstraße stehen, was Lage und Komfort angeht, ganz oben. Die kleine Wohnanlage ist im Plattenbau errichtet, alle Wände sind aus Beton. Im Erdgeschoss gibt es fünf barrierefreie Wohneinheiten. Das sei "ganz wichtig" erklärt OB Gotz. Die Appartements im ersten und zweiten Stock sind über Außentreppen aus Stahl zu erreichen. Jede Wohnung hat ein Bad mit Dusche, einen eigenen kleinen Balkon oder ein Stückchen Terrasse und Fußbodenheizung. Die Balkone an der Wohnanlage nebenan würden zwar nicht nur so genutzt, wie man es sich wünschen würde, sagt Gotz. Und es sei zu erwarten, dass das im neuen Teil auch so komme und alles etwas wild aussehen werde, aber was soll's.

Auch die Fußbodenheizung in den Wohnungen ist nicht so sehr eine Komfortlösung. Es hat einen ganz anderen Grund: Wo keine Heizkörper sind, können auch keine beschädigt werden. Bei jedem Nutzerwechsel sei dennoch in der Regel eine "Grundsanierung" der Wohnung nötig. Es gibt in jeder Wohneinheit zwar die nötigen Anschlüsse, aber keine eingebaute Küchenzeile. Viele Nutzer werden nach einer Zwangsräumung hier unterkommen und bringen eine eigene Küchenausstattung mit, erklärt ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung.

Außen neben dem kleinen Wohnblock, den Architekt Martin Janik sehr geschickt stilistisch und farblich an die bestehende Anlage angeschlossen hat, gibt es einen eigenen Spielplatz für die Kinder, die hier wohl bald leben werden. Da das Gebäude keinen Keller hat, sind an der Straße Holzschuppen für Abstellkammern und die Müllcontainer errichtet worden. Auch das alles ist einfach und robust.

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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