Kampf gegen die Saatkrähe:Immerhin sehr bemüht

Kampf gegen die Saatkrähe: Gut beschäftigt sind die Saatkräheneltern, so lange die Jungen im Nest hocken. Diese Phase liegt bald hinter den Vögeln. Und es wird wieder ruhiger.

Gut beschäftigt sind die Saatkräheneltern, so lange die Jungen im Nest hocken. Diese Phase liegt bald hinter den Vögeln. Und es wird wieder ruhiger.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Population wächst trotz vieler Maßnahmen der Stadt Erding weiter. Wo Nester entfernt werden, bauen die Vögel neue

Von Antonia Steiger, Erding

Man kann nicht sagen, dass die Stadt Erding untätig ist: Im vergangenen Jahr hat sie so viele Saatkrähennester wie noch nie aus den Baumkronen geholt, genutzt hat es aber nicht viel. Mit großem personellen und finanziellen Aufwand entfernte der Bauhof 224 Nester und benutzte sogar Raupenhebebühnen für unwegsames Gelände. Erstmals durfte die Stadt sogar an einigen Bäumen am Rand des Stadtparks Hand anlegen, um Krähen zu verjagen, die die Schüler beim Lernen störten. Eine Zählung hat nun ergeben, dass wieder 683 Nester in den Bäumen hängen. Mehr als 2016, damals waren es 649 Nester.

Besonders stark entwickelt hat sich der Krähenbestand an der Krankenhausstraße, das erläuterte der Umweltreferent Thoma Schreder (CSU) beim Frühschoppen seines Ortsverbandes. Und es lässt sich auch nicht viel dagegen unternehmen, denn an die hohen Nester kommt man wegen der schwierigen Hanglange am Ufer des Fehlbaches nicht heran. Der Standort kann laut Schreder auch nicht mehr als Splitterkolonie gelten, sondern eher als zweite Hauptkolonie. Die eigentliche Hauptkolonie ist jedoch die Saatkrähenpopulation im Stadtpark, sie darf kaum angetastet werden, weswegen es als Erfolg galt, dass die Stadt mit der Regierung von Oberbayern aushandeln konnte, wenigstens einige Nester aus den Bäumen direkt neben dem Anne-Frank-Gymnasium zerstören zu dürfen.

Doch unter dem Strich, das lässt sich nicht übersehen, sind die Bemühungen, die Krähenpopulation zu verringern, nicht von Erfolg gekrönt. Schreder betonte dabei, die Stadt werde in ihren Bemühungen nicht nachlassen, um die Lärmbelästigung für die Bürger in Grenzen zu halten. Erding ist aber nicht die einzige Stadt, die sich bald keinen Rat mehr weiß. So hat sich die badische Kleinstadt Bad Krozingen südlich von Freiburg erst am Montag zu Wort gemeldet, dort wurden zuletzt 1300 Nester gezählt. Das massenhafte Auftreten der Tiere in der Stadt mit 21 000 Einwohnern sorge dafür, dass Kur- und Feriengäste ausblieben. Lärm und Kot verringern demnach die Lebensqualität in dem touristisch geprägten Ort in Baden-Württemberg. Dazu kommen laut Bürgermeister Volker Kieber "gravierende Agrarschäden im Tabak-, Mais-, Obst-, Wein- Gemüse- und im allgemeinen Gartenbau", wie die dpa berichtet. Wie die Erdinger haben auch die Bad Krozinger erfahren müssen, dass Eulenattrappen nichts bringen, darauf hatte auch Schreder hingewiesen. Die Saatkrähen durchschauen solche Manöver nicht nur, sie reagieren flexibel auch auf andere Vergrämungsmaßnahmen. So kehren die Vögel auch an Stätten zerstörter Nester zurück und bauen neue. Was noch alles nichts nützt, können die Erdinger in Bad Krozingen abfragen: Ganze Bäume wurden entfernt, Falkner wurden eingesetzt, auch von metallischen Geräuschen ließen sich die Tiere nicht abschrecken. Bei ihren Bemühungen, Ausnahmegenehmigungen vom Natur- und Jagdrecht zu erreichen, darf die Stadt Bad Krozingen aber sicher auf Erding zählen. Auch hier fragt man sich, was überhaupt eigentlich noch möglich ist angesichts des auch in Bayern als unantastbar geltenden Schutzstatus der Vögel. Für völlig ausgeschlossen hält es Schreder, dass auf die Krähen geschossen wird. Nicht nur weil sie geschützt sind, sondern weil Schießen in einem befriedeten Bezirk wie Erding generell verboten sei.

Ob eine Umsiedlung flussabwärts am Fehlbach Richtung Kronthaler Weiher etwas bringen würde? Die Gegend würde sich sicher eignen, sagte Schreder. "Aber die Tiere handeln so, wie es für sie gut ist." Die Nähe zum Stadtpark mit seinem "hohen, tollen, gesunden und dichten Baumbestand" werden viele wohl nicht aufgeben wollen. Immerhin können die Anwohner im Moment wieder etwas aufatmen und ruhiger schlafen: Die jungen Krähen sind geschlüpft, die meisten sind auch schon in der Lage, ihren Eltern auf Nahrungssuche auf die Feldern zu folgen. Das Geschrei in den Nestern hat daher stark nachgelassen. Nur einige wenige, die noch auf den Ästen hocken, die Ästlinge, können das Schreien nicht bleiben lassen.

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