Jungarchitekt:Es bleibt in der Familie

Davon träumen viele: Das erste eigene Projekt des jungen Architekten David Wolfertstetter ist ein Wohnhaus in Eibach bei Dorfen - das er für seine Eltern geplant hat

Interview von Mathias Weber

In und um München bestimmt Zuzug und Siedlungsdruck die politische Agenda. Miet- und Kaufpreise für Wohnraum steigen, warum nicht also gleich selbst bauen - und Geld sparen. Familie Wolfertstetter aus Dorfen hat es gemacht, ihr neues Haus in Eibach ist aber nicht von der Stange, es ist sehr individuell. Es war sozusagen ein Familienprojekt: Der Architekt des Hauses ist David Wolfertstetter, der Sohn des Ehepaares - es war sein erstes eigenes Projekt. Am Sonntag steht das Haus für Besucher offen.

SZ: Herr Wolfertstetter, Ihre Eltern müssen viel Vertrauen in Sie haben.

David Wolfertstetter: (lacht) Ja, das haben sie. Es war schon ein gewisses Risiko, mich zu beauftragen, ich hatte bis dahin noch keine Referenz vorzuweisen.

Sie haben für Ihre Eltern ein neues Haus gebaut, wie ist es dazu gekommen?

Meine Eltern wohnten lange in einer Doppelhaushälfte aus den 80er-Jahren. Nachdem meine Bruder und ich ausgezogen waren, war es für zwei zu groß und hatte gewisse Mängel. Daher kam der Wunsch, ein neues Haus zu bauen.

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Über zu wenig Licht kann sich die Familie Wolfertstetter sicher nicht beklagen: Hingucker bei ihrem neuen Haus in Eibach ist die große Glasfront.

(Foto: oh)

Welches die Mängel nicht mehr haben sollte.

Vor allem sollte es barrierefrei sein, das war beim alten Haus nicht möglich. Der zweite Wunsch war der nach viel Licht - ein Luxus, der mit einer großen Glasfläche vom Wohnraum in den Garten erfüllt wurde. Und schließlich sollte es ein ökologisch sinnvolles Haus werden.

Jetzt nehmen Sie an den Architektouren teil, was macht das Haus so besonders?

Es soll natürlich auch gestalterisch überzeugen, aber die Barrierefreiheit und die Nachhaltigkeit des Hauses haben der Architektenkammer bestimmt auch gefallen. Energetisch und gestalterisch ist es sicher ein radikales Haus.

Stichwort Nachhaltigkeit: Es handelt sich in Eibach um ein Holzhaus.

Das Haus könnte nach der Nutzung verheizt werden, beim gesamten Bau wurde auf fossile Stoffe verzichtet. Die Dämmung ist zum Beispiel aus Holz und nicht aus Styropor. Geheizt wird weder mit Öl noch mit Gas: Auf dem Dach befinden sich Vakuumröhrenkollektoren, die mit Sonnenenergie Wärme erzeugen, ein Ofen im Wohnraum kann zusätzlich den Wassertank beheizen.

Das Zentrum des Hauses ist ein großer Raum zum Garten hin.

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Das Haus der Familie Wolfertstetter

(Foto: oh)

Dort wird gekocht, dort ist der Ess- und Wohnbereich. Darüber gibt es einen Galerie, außerdem zwei Schlafzimmer und zwei Badezimmer - kleine Höhlen eigentlich, die Zimmer sind zum Teil nur elf Quadratmeter groß. Unten gibt es noch ein flexibles Zimmer, für Gäste zum Beispiel, und ein barrierefreies Bad.

Kostet ein Holzhaus mehr?

Individualität kostet mehr, ja. Aber meine Eltern hatten auch die Möglichkeit, Kosten einzusparen. Es gibt zum Beispiel keinen Keller: Meine Eltern haben nach dem Tod meiner Großeltern die Erfahrung gemacht, was sich dort alles ansammelt. Sie wollten nicht für 60 000 Euro einen Ort schaffen, an dem Dinge Staub ansetzen. Dafür ist jetzt im Erdgeschoss die gesamte Nordfassade ein einziger, acht Meter langer Wandschrank. Insgesamt, schätze ich, hat das Haus zwischen 450 000 und 500 000 Euro gekostet.

Hoffentlich wurden Sie als Sohn auch vernünftig bezahlt...

(lacht) Wir sind uns entgegen gekommen. Meine Eltern haben mir das Studium finanziert, als Dankeschön habe ich dann das Haus geplant. Aber sie haben mir natürlich trotzdem auch ein Honorar gezahlt.

Das Haus in Eibach ist ein Holzhaus, Sie spezialisieren sich auf dieses Material?

Das würde ich gerne, ja. Für mich ist Holz das Material der Zukunft, es hat Potenzial. Schauen Sie sich die energetische Gesamtbetrachtung an: Allein die Ziegel für ein normales Haus zu brennen, kostet wahnsinnig viel Energie. Schon alleine damit könnte man ein Haus zehn Jahre lang heizen! Das sind aber Dinge, die Bauherren grundsätzlich ausblenden. Energetisch gesehen ist es sowieso ein Wahnsinn, sich ein neues Passivhaus auf dem Land zu bauen, und dann täglich in die Stadt zu pendeln. Holz hat da eine viel besser Umweltbilanz, es wächst nach und ist in großen Mengen verfügbar.

David Wolfertstetter

David Wolfertstetter, 30, stammt aus Dorfen. Er hat an der TU München Architektur studiert und arbeitet dort.

(Foto: oh)

Und es ist gemütlich.

Ich habe vor einem Jahr sogar zu meinen 30. Geburtstag in den Rohbau des Hauses eingeladen. In Beton kann man einfach nicht so gut feiern.

Nun haben Sie, mit 30 Jahren, ein schönes Referenzobjekt. Es ist nicht leicht, sich am Anfang seiner Karriere als Architekt selbstständig zu machen. Bei jedem Wettbewerb muss man immer wieder Referenzen vorweisen, die man einfach noch nicht haben kann; obwohl es nicht schaden könnte, bei Wettbewerben auch einmal jüngere Leute zu berücksichtigen. Ich würde mir wünschen, dass junge Architekten öfter zu lokalen Projekten eingeladen werden. Ich habe mich zum Beispiel für den Neubau des Dorfener Rathauses beworben, aber explizit junge Gestalter wurden nicht gesucht. Am Ende wird wohl wieder ein etabliertes Büro gewinnen.

Das "Massivholzhaus für Zwei" ist am Sonntag, 28. Juni, für die Öffentlichkeit zugänglich, und zwar von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 16.30 Uhr. Es steht in Eibach 43, einem Ortsteil von Dorfen, der Architekt David Wolfertstetter wird anwesend sein.

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