Jugendstrafe:Ein verpfuschtes Leben

20-Jähriger muss für viereinhalb Jahre ins Gefängnis

Von Peter Becker, Freising

Sämtliche Versuche, einen 20-jährigen Moosburger an ein straffreies Leben zu gewöhnen, sind bislang gescheitert. Seit frühester Jugend ist er an Drogen und Alkohol gewöhnt. Und so bunt wie der Mix an berauschenden Substanzen, den er in seinem Leben konsumiert hat, ist das Potpourri an Straftaten, wegen der er sich vor dem Freisinger Jugendschöffengericht verantworten musste. "Damit ist jetzt Schluss", bekräftigte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer. Sie hatte fünf Jahre Jugendstrafe beantragt. Das Jugendschöffengericht verhängte letztlich viereinhalb Jahre, wobei der Moosburger zwei davon in einer Entziehungsanstalt verbringen muss.

Verteidiger Ulrich Schneider sagte in seinem Plädoyer, sein Mandant stehe jetzt an einem Wendepunkt in seinem Leben. "Entweder er kriegt die Kurve oder er macht es seinem Vater nach." Der ist übel beleumdet. Selbst Gerichtsmediziner Wolfgang Näger gestand, dass dessen alkoholische Exzesse ihresgleichen gesucht hätten. Der Angeklagte verbrachte einen Teil seiner Jugend bei seinem leiblichen Vater in Landshut. Dort war er eingezogen, nachdem sämtliche Versuche, ihn erzieherisch zu bändigen, gescheitert waren. Der Moosburger, eigentlich hochintelligent, stellte ein Risiko für seine Mitschüler und Lehrer dar. Am Ende wollte ihn kein Heim in Deutschland mehr aufnehmen. Bei seinem Vater lernte der Jugendliche das exzessive Trinken. Die ersten Alkoholvergiftungen hatte er als Zwölfjähriger. Zwei Jahre später galt er laut Sachverständigem Näger als alkoholabhängig.

"Vater, Opa und Onkel hatten Hafterfahrung", beschrieb der Vertreter der Jugendgerichtshilfe das damalige familiäre Umfeld des Moosburgers. Der Jugendliche kehrte in den Landkreis Freising zurück, wo er ständig seinen Wohnort wechselte. Im vergangenen Oktober begann die Serie der Straftaten, wegen der sich der unter Bewährung stehende 20-Jährige nun verantworten musste. Angeklagt waren Diebstähle eines Mofas, eines Rollers, eines Autos, Trunkenheitsfahrten, Widerstand gegen Polizeibeamte inklusive wüste Beleidigungen sowie die Fälschung von Rezepten. Ein Missbrauch von Amtstiteln und eine Körperverletzung komplettieren den Streifzug durchs Strafgesetzbuch.

In letzterem Fall hatte sich der Beschuldigte selbst als Polizist ausgegeben, um einer mittlerweile an Leberzirrhose gestorbenen Bekannten zu ihrem Recht zu verhelfen. Er klopfte an die Haustür einer Wartenbergerin, um von dieser die Herausgabe eines Mobiltelefons zu erzwingen. Es entspann sich ein Streit, in dessen Folge der Moosburger seiner Widersacherin einen Zahn ausschlug.

Der Angeklagte sagte, dass der Auslöser für seinen steigenden Alkohol- und Drogenkonsum der Tod seines Vaters im vergangenen Oktober gewesen sei. Dass seine Oma wenig später in ein Altenheim eingewiesen worden sei, habe ihm zusätzlich zu schaffen gemacht. An einige Straftaten hatte er nur noch nebulöse Erinnerungen. Vor dem Diebstahl eines Rollers in Taufkirchen und dem anschließenden versuchten Einbruch in ein Autohaus in Berglern will er den Teufel und brennende Mülleimer gesehen haben. Auf die zum Tatort geeilte Polizei machte er den Eindruck, als sei er total durch den Wind. Von diesem Vorfall wurde der 20-jährigen Moosburger frei gesprochen, weil er zu diesem Zeitpunkt unter einer von Drogen hervorgerufenen Psychose litt und deshalb nicht schuldfähig war.

Laut Staatsanwältin trifft die Familie des Moosburgers eine Mitschuld an dessen bislang missratenem Leben. Es gebe aber trotz allem keinen Grund, sich derart aufzuführen. Vorsitzender Jugendrichter Boris Schätz merkte an, dass sich der Moosburger bei seinen Straftaten keine Mühe gemacht habe, diese zu verschleiern. Dabei habe er gewusst, dass er mittlerweile polizeibekannt sei. Der Angeklagte, der im Übrigen alles zugab, an das er sich noch erinnern konnte, solle das Urteil als Chance begreifen. "Die Entziehung ist aber kein Urlaub", warnte er.

Jugendrichter Schätz hofft nur, dass der 20-Jährige die Wochen bis zu seinem Haftantritt übersteht, ohne erneut Straftaten zu begehen. Ansonsten werde er nicht zögern, sagte er, Untersuchungshaft anzuordnen.

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