Jugendfußball:Ausgebremst

Jugendfußball: Mit nichts zu vergleichen ist der Spaß und die Begeisterung, die Kinder und Jugendliche beim Mannschaftssport erleben. Noch sind Wettkämpfe verboten, immerhin Training ist gestattet - wenn auch nicht für alle. Die Aufnahme stammt von einem G-Jugend-Turnier in Dachau.

Mit nichts zu vergleichen ist der Spaß und die Begeisterung, die Kinder und Jugendliche beim Mannschaftssport erleben. Noch sind Wettkämpfe verboten, immerhin Training ist gestattet - wenn auch nicht für alle. Die Aufnahme stammt von einem G-Jugend-Turnier in Dachau.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Jugendlichen wollen wieder Fußball spielen, aber nur die unter 14 Jahre dürfen. Die Trainer finden manche Regeln nicht nachvollziehbar. Und sie weisen auf die nicht zu unterschätzende Bedeutung des Sports hin

Von Julian Illig, Erding

"Geht's naus! Spuit's Fuaßboi!", das hat Franz Beckenbauer einst seiner Mannschaft geraten. Für die Vereine im Landkreis gestaltet sich das im Moment schwierig. Seit ein paar Wochen dürfen zumindest die unter 14-Jährigen wieder trainieren, das aber ausschließlich kontaktlos. Trotzdem sind die Kinder froh, endlich wieder ins Training kommen zu dürfen. Alle sind heiß auf das Training und darauf, sich wieder als Mannschaft zu treffen. Viele seien "eine halbe Stunde früher da zum Training", sagt Florian Simmet, Sportlicher Leiter bei der JFG Sempt Erding. "Die Trainingsbeteiligung ist so hoch wie noch nie. Die Kinder in der D-Jugend sind Feuer und Flamme." Aber das gilt nicht für alle.

Die älteren Jugendlichen dürfen noch nicht wieder laufen, sprinten, schießen. Und auch das Training der Jüngsten findet oft nicht statt. Beim FC Moosinning zum Beispiel heißt es, die Kleinen könnten die Abstände nicht halten, deshalb habe man das Training ganz abgesagt. Wo kontaktlos trainiert wird, gibt es viele Passübungen, Torschüsse, Flankenschlagen und Technikübungen. Das Training habe Spaß gemacht, nur das Abschlussspiel fehle den Kindern, sagt Alfredo Sansone, Teamkoordinator beim FC Schwaig.

Onlinetraining ist aus Sicht vieler Training während der Pandemie keine gute Alternative gewesen. Nur die Älteren machen eigenständig Laufprogramme oder Fitnesstraining, den Jüngeren will das niemand zumuten. Die Trainer haben dennoch versucht, den Kontakt zu wahren zu ihren Kindern und Jugendlichen, auch wenn es eine Herausforderung sei, "alle am Ball zu halten", wie Sansone sagt. So wollen die Vereine auch vermeiden, dass die Kinder sich zurückziehen und vom Verein abgemeldet werden. Ganz absehbar ist das aber noch nicht. Man müsse abwarten, sagen einige, bis alle Mannschaften wieder zum Training dürfen. Ein bisschen Angst geht allerdings um, dass dann nicht mehr alle da sind, dass vor allem die älteren Jugendlichen aufhören, wenn die Gewohnheit verloren gegangen ist, sich zweimal in der Woche zum Training aufzuraffen. Bisher aber habe man keine Vereinsaustritte, sagt etwa Simmet in Erding.

Unverständnis herrscht trotzdem vielerorts über die Regeln, besonders was die Altersgrenze 14 Jahre betrifft. Max Kaifel ist Jugendleiter in Moosinning und ist "ziemlich erbost", wie er sagt. Einige Vereine haben das Training der C-Jugend, in der 14-Jährige spielen, komplett abgesagt. In Moosinning haben die Trainer die Mannschaften getrennt. Wer unter 14 ist, darf trainieren, die anderen nicht, auch wenn die Kinder sonst zusammen in der Schule säßen. Kaifel beschwert sich: "Am Weiher liegen alle wie Ölsardinen, aber man darf nicht in 10er-Gruppen mit Abstand kicken." Wenn sich die Kinder stattdessen privat träfen, sei das auch nicht zielführend. "Die müssen ja raus, die Kinder, lieber sind sie beim Fußball, da sind sie aufgeräumt." Manfred Buchhauser, der Jugendleiter beim FC Schwaig, sagt, dass das Hygienekonzept super funktioniert habe, man könne "in geregelten Bahnen" trainieren. Deshalb hält er das Training im Freien für unproblematisch. Der Mannschaftssport erfüllt für die Jungen und Mädchen auch eine wichtige soziale Funktion, davon sind die Trainer überzeugt. "Sie brauchen draußen Beschäftigung und nicht nur am Handy", sagt Buchhauser. Die Bewegung ist wichtig für die Jugendlichen, gerade als Ausgleich zu den Videokonferenzen in der Schule. Darüber hinaus stärke der Fußball auch die Persönlichkeit. Kinder lernten, Verantwortung zu übernehmen und sich in Gruppen zu integrieren, in einer Gemeinschaft zusammenzuhalten, meint Sansone. Es sei eine besondere Aufgabe der Vereine, auch diese sozialen Kompetenzen zu entwickeln. Gerade im Breitensport sei die Sozialbindung ausschlaggebend dafür, dass die Kinder kommen, meint Kaifel, da sei der Fußball "fast Nebensache".

Auch die Talente im Leistungssport treffen die Einschränkungen. Gerade im "goldenen Lernalter" zwischen 11 und 14 Jahren machen sich Rückstände bemerkbar und sind nicht immer einfach aufzuholen. Die Auswahltrainings sind ausgefallen, große Turniere und Spiele, bei denen vielleicht Scouts vorbeikommen auch, die Ligen liegen überall auf Eis. Bei einigen habe der Lockdown in "die Entwicklung reingegrätscht", sagt Simmet. Der Fokus müsse jetzt erst mal wieder auf einfachen Übungen liegen, damit sich die Automatismen wieder Alle wollen wieder trainieren, den Ball am Fuß fühlen, ein Gefühl für die Bewegung bekommen. Gökmen Uluhan, Trainer der D1-Junioren in Erding, schildert das erste Training: "Die Jungs haben gestrahlt vor Freude." Ihre größte Hoffnung sei es, wieder normal und ohne Hygienevorschriften, "nur mit normalen Fußballregeln" auf dem Platz zu stehen.

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