Bundesfinale des Debattierwettbewerbs:"Eigentlich hatte ich das Ganze schon abgeschrieben"

Bundesfinale des Debattierwettbewerbs: Konrad, Thees, Schüler und Sprecher der Grünen, Ortsverband Erding.

Konrad, Thees, Schüler und Sprecher der Grünen, Ortsverband Erding.

(Foto: Renate Schmidt)

Der Erdinger Schüler Konrad Thees tritt als Landessieger bei "Jugend debattiert" in Berlin an. Der 17-Jährige vom KAG spricht über seinen Erfolg und wie er sich auf die Endrunde vorbereitet.

Interview von Johannes Elle, Erding

In Berlin treffen sich auch in diesem Jahr die Landesgewinner des Debattierwettbewerbs "Jugend debattiert" zur Entscheidung des Bundesfinales. Hier werden am 10. Juni aus zwei Altersgruppen die acht besten Nachwuchstalente im Debattieren ermittelt. Einer der Teilnehmer ist Konrad Thees aus Erding. Der 17-Jährige ist Schüler am Korbinian-Aigner Gymnasium und tritt als einer der Landesgewinner aus Bayern in der Hauptstadt an. Im Interview erzählt der Erdinger, der auch Sprecher des Grünen-Ortsverbandes ist, vom Wettbewerb und seiner persönlichen Erfahrung.

Wie kommt es eigentlich dazu, dass Sie bei "Jugend debattiert" mitgemacht haben?

Das war tatsächlich ziemlich Zufall. An meiner Schule gab es nur einen Wettbewerb in der Altersgruppe 1 (Anm. d. Red.: 8. bis 10. Klasse) und ein Lehrer hat mich angesprochen, ob ich nicht ein paar Leute aus der Oberstufe kennen würde, die auf sowas Lust hätten. Ich kannte das Format schon von früher, aber war vor dem Gymnasium an der Realschule. Da habe ich mir gedacht, wenn sich so eine Möglichkeit bietet, fände ich das total spannend und mach da selber mal mit.

Wie läuft so ein Wettbewerb aus Ihrer Sicht ab?

Es ist immer relativ aufregend. Die Themen sind nicht immer ganz einfach, sie sind teilweise kontrovers und das Wichtigste ist, man ist Anwalt von der Position. Man sucht sich die Position nicht aus, sondern sie wird einem zugeteilt. Das heißt, wenn man Pech hat, muss man für etwas argumentieren, wohinter man selbst gar nicht steht. Das ist im Prinzip kein Problem, aber sorgt vielleicht noch für mehr Aufregung. Aber das kann man durch eine gute Vorbereitung und eine gute Einstellung zum Wettbewerb gut ausgleichen.

Sie haben gerade schon gesagt, dass es für Sie sehr aufregend war. Wie fanden Sie den Weg bis ins Finale?

Auch aufregend. Es war tatsächlich so, dass ich auf der Regionalebene eigentlich das Ganze mehr oder weniger abgeschrieben hatte. Ich war da schon überrascht, dass ich da ins Finale gekommen bin und noch überraschter, dass ich es gewonnen habe. Es gab danach ein Vorbereitungsseminar in Eichstätt, bei dem man tiefer in das Debattieren eingetaucht ist. Dann kam der Landeswettbewerb und da habe ich versucht, das Ganze anzuwenden. Ich war auch in der Prüfungsphase und konnte gar nicht so viel Zeit in die Vorbereitung stecken, aber es lief dann tatsächlich trotzdem gut. Ich werde das jetzt wieder ähnlich machen. Beim Landesfinale, und das möchte ich wirklich betonen, hätte ich niemals gedacht, dass ich das gewinne. Ich kannte meine Mitdebattanten und wusste, dass die ganz schön viel draufhaben und war danach auch überzeugt, dass es eine interessante Erfahrung ist und ich jetzt wieder nach Hause fahre. Ich gehe jetzt nicht mit dem Ziel nach Berlin, um zu gewinnen, sondern ich schaue mir das an und versuche mein Bestes zu geben. Es ist so oder so eine wertvolle Erfahrung, die man dabei macht.

Sie haben gerade über die Vorbereitung gesprochen, denn Sie sind ja auch in der Prüfungsphase. Wie bereiten Sie sich denn generell vor?

Man versucht verschiedene Argumentationsbereiche vorzubereiten. Natürlich ist ein breites Fachwissen über Gesellschaft und Politik an sich, aber vor allem das konkrete Thema, sehr wichtig und hilfreich, weil es hilft, die Argumentation zu entschlüsseln und die Debatte voranzutreiben. In der konkreten Umsetzung bedeutet das, dass ich mich zuhause an den Schreibtisch setze und anfange, lose zu recherchieren: Was weiß ich schon zu dem Thema? Wie kann ich das verdeutlichen? Welche wichtigen Punkte gibt es, die ich beachten muss? Und sobald ich das alles habe, schreibe ich meine Argumente auf. Meistens ist das relativ lose, weil ich keine guten Erfahrungen damit gemacht habe, mich verkrampft auf einen Punkt festzulegen. Wenn man es schafft, auf eine Art und Weise vorbereitet zu sein, dass man während der Debatte die Argumente anpassen kann oder Zitate zu bringen, dann wird es gut. Das macht Spaß und auch die Debatte ein bisschen besser.

Schauen wir kurz in die Glaskugel: Was kommt, unabhängig von Ihrer Platzierung im Finale, nach dem Wettbewerb?

Es geht da tatsächlich auch um einen persönlichen Ausblick. Also die Trainerinnen und Trainer, aber auch die Gemeinnützige Hertie-Stiftung, sorgen dafür, dass diese Leute sich, wenn sie Lust haben, weiter bei "Jugend debattiert" engagieren. Was ich zum Beispiel auf jeden Fall machen werde, egal wie das Ganze jetzt ausgeht.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sich in der Zukunft auch bei "Jugend debattiert" engagieren möchten?

Bayern hat einen Alumni-Verein, in dem bin ich schon drin, und ich möchte auch noch in den Bundesverein eintreten. Egal was danach passiert, mache ich jetzt erst einmal meine Klausurenphase in der elften Klasse, die kommt direkt danach. Und dann mache ich nächstes Jahr mein Abitur.

Ein kleiner Themenwechsel. Sie sind Sprecher beim Ortsverband der Grünen in Erding. Kam das Debattieren davor schon oder erst danach?

Das Debattieren kam davor. Debattieren gehört für mich dazu, wenn man politisch engagiert ist. Ich glaube, das können auch die allermeisten, wenn sie sich politisch interessieren und engagiert sind, weil man ja auch eine Meinung hat und die vertritt. Natürlich habe ich davor auch schon privat gesagt "Das stört mich an der Stadt Erding, das würde ich gerne ändern" und da kommt man mit Leuten ins Gespräch.

Ein Blick in die fernere Zukunft: Können Sie sich eine Zukunft in der Politik vorstellen?

Ja, auf jeden Fall. Ich fände es sehr spannend, in der Politik zu arbeiten. Ich finde die bayerische Landespolitik sehr interessant. Ich interessiere mich natürlich auch für Bundespolitik. Aber mir gefällt das Image eines regionalen Abgeordneten. Die Wahlkreise sind kleiner und man hat die Chance, mehr hier zu sein. Auch sage ich, dass ich nicht unbedingt als Abgeordneter arbeiten möchte, sondern bei Abgeordneten. Ganz wichtig ist mir aber auch, dass es kein Selbstzweck ist. Ich bin immer Fan davon, wenn Leute noch etwas anderes gleichzeitig machen oder zumindest ihre Interessen nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Politik verwirklichen.

Wie würden Sie sich das vorstellen?

Ich werde nach der Schule höchstwahrscheinlich Jura studieren und das ist für mich ein Steckenpferd, das voll okay ist. Ich stufe das nicht ab. Ich habe möglicherweise vor, mich auf politische Ämter zu bewerben, aber wenn das nicht funktioniert, bin ich damit in Ordnung. Der Arbeitgeber in der Demokratie ist das Volk, und wenn die nicht denken, dass man richtig für den Job ist, dann ist man auch nicht der Richtige.

Zurück zum Thema Debatte: Kurz und prägnant. Was ist Ihnen dabei wichtig?

Vor allem ist mir Faktenreichtum wichtig. Ich debattiere ungern emotional. Emotionalität gehört dazu, manche Themen sind auch emotional. Aber das funktioniert nur, wenn die Faktenbasis, auf die man sich bezieht, die gleiche ist. Und dann ist mir Fairness auch sehr wichtig. Wenn dann eine andere Person sagt "Ja, aber die Jugendlichen, die können ja eh alle nichts" oder "Die wissen doch nichts, haben keine Lebenserfahrung", dann ist das keine kritisch-rationale Debatte mehr. Dann ist das nur ein Anschreien und das kann man auch im Bierzelt erleben.

Sie kommen ja aus Erding. Wenn wir jetzt eine Debatte über ein bestimmtes Thema in der Stadt oder dem Landkreis starten würden, welches wäre das?

Landkreisweit stört mich eine Sache ganz besonders. Nämlich das Agieren von Landrat Martin Bayerstorfer, wenn es um die Frage des öffentlichen Personennahverkehrs geht. Wir müssen uns bewusst machen "Was bedeutet Verkehrswende?". Wir wollen den Leuten nicht das Autofahren verbieten, sondern dafür sorgen, dass sie nicht mehr darauf angewiesen sind. Auch, dass jetzt die Gelder für den Busverkehr teils gestrichen werden sollen. Das ärgert mich persönlich wirklich, weil ich mich bewusst dagegen entschieden habe, ein Auto zu kaufen, um zu versuchen, nicht darauf angewiesen zu sein. Aber das kann ich jemandem, der in Buch am Buchrain wohnt nicht erzählen. Es geht ums Ermöglichen. Wenn wir einen besseren Weg finden, und den gibt es mit dem öffentlichen Nahverkehr, dann ist das für uns der richtige Weg. Das ist das Thema, das mir sehr am Herzen liegt: Partizipation durch Mobilität.

Zum Thema Alter und Wahlalter: Was würden Sie Leuten in Ihrem Alter, die Interesse haben, sich mehr zu engagieren, ans Herz legen?

In meiner Generation, wo ich auch nur der 17-jährige Konrad bin, ist das Wichtigste, was wir beachten müssen, dass wir uns nicht beeinflussen lassen sollten von Argumentationslinien, wie "ihr müsst erst arbeiten, bevor ihr etwas machen dürft", oder "ihr müsst erst was geleistet haben, bevor ihr mit mir reden dürft". Das wird meiner Meinung nach noch oft auf uns zukommen. Was ich mir wünschen würde, was aber auch schon in unserer Generation passiert, ist, dass wir akzeptieren, dass wir hier sind, und ein Recht auf Gestaltung haben. Und vor allem ein Recht haben, gehört zu werden. Denn es ist vor allem unsere Zukunft, die gerade den Bach runter geht, wenn man ehrlich ist. Und wir dürfen uns nicht entmutigen lassen.

Vielen Dank für das Interview und das Beantworten der Fragen. Viel Erfolg für das Finale in Berlin!

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