Süddeutsche Zeitung

Jugend debattiert:Auch Streiten will gelernt sein

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Es kommt es nicht darauf an, Recht zu behalten. Was zählt, sind Sachkenntnis, Ausdruck, Überzeugungskraft und Körpersprache. Tobias Hupfer vom Korbinian-Aigner-Gymnasium ist der beste.

Von Katharina Kausche, Erding

Wenn die Glocke bimmelt, hat Tobias noch 15 Sekunden Zeit. Er richtet sich auf, lehnt sich nach vorne. Mit festem Blick fixiert er seine Kontrahenten, fasst mit ruhiger Stimme seine Argumente zusammen und beendet seine Debatten-Eröffnung gerade rechtzeitig zum zweiten Glockenbimmeln. Seine Konkurrenten haben sich eifrig Notizen gemacht, denn ein paar Augenblicke später müssen sie kontern und dabei am besten Tobias Argumente aufgreifen. Fünf Juroren verfolgen den Schlagabtausch genau, achten auf Körpersprache, Mimik, Ausdruck und Sachkenntnis.

Beim Regionalwettbewerb "Jugend debattiert" traten am Mittwoch 28 Schüler aus neun Schulen der Region gegeneinander an. In der Altersklasse eins diskutierten Schüler der achten und neunten Klasse, Zehntklässler und Oberstufen-Schüler trafen in der Altersklasse zwei aufeinander. Aus dem Landkreis Erding war neben dem Korbinian-Aigner-Gymnasium, das den Wettbewerb ausrichtete, das Gymnasium Dorfen dabei.

Zehn Tage vor dem Finale bekommen die Schulsieger der Region drei Themen zugeschickt. Dann heißt es vorbereiten - und zwar die Pro und die Contra-Seite. Welche sie letztendlich in der Debatte vertreten sollten und welches Thema im Finale debattiert wird, erfahren die Teilnehmer erst kurz vor der ersten Runde am Wettkampftag. "Eine gute Vorbereitung ist das A und O", erklärt Tobias Hupfer vom Korbinian-Aigner-Gymnasium. "Ich setze mich meistens den Abend vorher hin und google ein bisschen zu den Themen oder befrage Bekannte." Von Runde zu Runde argumentierte sich der 17-Jährige ins Finale.

Das Thema der Debatte: Sollen Kommunen für Gärten, Grünflächen und Gewerbegebiete eine biodiversitätsfreundliche Gestaltung vorschreiben? Zunächst hat jeder der Finalisten zwei Minuten Zeit, sich zum Thema auszusprechen. Zwei dafür, zwei dagegen. Pro und Contra sind in der Debatte allerdings keine unversöhnlichen Standpunkte, das wird in der zwölfminütigen Aussprache deutlich. Aufeinander eingehen, die Argumente der anderen aufgreifen und glaubhaft neue Perspektiven einbringen, darauf achtet die Jury.

"Wir sind uns einig, dass die Artenvielfalt in Bayern geschützt werden muss", zieht Joshua Steib ein Zwischenfazit. Nur was die konkrete Umsetzung angeht, darüber haben die Diskutanten andere Vorstellungen. Während sich Tobias Hupfer und Isabel Uffinger für Subventionen für biodiversitätsfreundliche Grünflächen aussprechen, halten Nick Scherer und Joshua Steib ein Gesetz für notwendig.

Ob die Positionen ihrer persönlichen Meinung entsprechen oder nicht, ist unwichtig. Was zählt, sind Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit, Sachkenntnis und Überzeugungskraft. Denn nach diesen Kriterien verteilt die Jury Punkte. Sie besteht aus zwei Schülern und drei Lehrern, die nicht aus der gleichen Schule wie die Diskussionsteilnehmer kommen.

Das Ergebnis ist knapp, betont die Jury nach der geheimen Beratung. Jeder habe seine Stärken gezeigt. Joshua Steib glänze mit Zitaten von Konfuzius bis Batman, Nick Scherer setze auf Fachstudien und Isabel Uffinger auf persönliche Beispiele. Sieger ist Tobias Hupfer, den die Jury für seinen "fabelhaften Ausdruck" lobt. Einen Tipp haben die Juroren allerdings für ihn: langsamer sprechen.

In der Altersklasse eins argumentierte sich Judith Wolff vom Ernst-Mach-Gymnasium Haar auf den ersten Platz. Zum Thema "Umstellung des öffentlichen Busverkehrs im Großraum München auf Elektrobetrieb" überzeugte die 14-Jährige die Jury. Sie nimmt sich vor, bei der nächsten Debatte "entspannter an die Sache ranzugehen".

Gemeinsam mit den jeweils zweiten, Joshua Steib und David Callies, treten die beiden Regionalsieger am 8. April im Maximilianeum München beim Landesentscheid an. Bis dahin haben sie Zeit zu üben und die Tipps der Jury umzusetzen.

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Quelle:
SZ vom 15.02.2019
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