"Die A 94 macht krank!" Die Anwohner der Isentalautobahn, die sich in der Bürgerinitiative Schwindkirchen und der Aktionsgemeinschaft gegen Lärm zusammengeschlossen haben, kämpfen weiter für den Schutz ihrer Gesundheit und die Gesundheit ihrer Kinder. Vor der Sitzung des Dorfener Stadtrats machten die A 94-Anwohner mit Plakaten auf ihre nach wie vor bedauernswerte und unveränderte Lage aufmerksam. Der Stadtrat beschloss dann einstimmig, vom Bundesverkehrsministerium und anderen staatlichen Stellen konkrete Nachbesserungen einzufordern - auch und obwohl es wegen der gerade noch eingehaltenen Lärmgrenzwerte offenbar keinen rechtlichen Anspruch auf Nachbesserungen gibt.
Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) berichtete, dass in einer Gesprächsrunde zur A 94, an der unlängst eine ganze Reihe Politiker von Bund, Land und Kommunen teilgenommen hatten, einmal mehr verdeutlich worden sei, dass "rechtlich nichts geht". Das ist seit Februar bekannt, als das bayerische Verkehrsministerium dem Verkehrsausschuss des bayerischen Landtags über die Lärmmessungen an der A 94 berichtete. Im Protokoll der damaligen Sitzung ist nachzulesen, wie man im Ministerium die Lage einschätzt. Dort steht: "Rechtlich greife erst eine Überschreitung der Grenzwerte um drei Dezibel; das entspreche etwa der doppelten Verkehrsmenge von heute. Erst dann würden Richtlinien und Gesetze für eine nachträgliche Lärmvorsorge greifen." Zwar wolle man, "das Gespräch mit dem Bundesverkehrsministerium suchen, um gemeinsam überlegen zu können, ob es noch Ansatzpunkte für überobligatorische Maßnahmen gebe", beteuerte die Vertreterin des Ministeriums im Februar. Sie schränkte jedoch laut Protokoll gleich im nächsten Satz ein, man "dürfe allerdings keine zu großen Hoffnungen hegen, nachdem die Grenzwerte eingehalten seien."
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In Dorfen will und kann man aber nicht klein beigeben. In der Debatte im Stadtrat, in der sich starke Emotionen und nüchternes Abwägen abwechselten, wurde das deutlich. "Es geht um Lebensgrundlagen, die hier zerstört wurden", sagte etwa Günther Drobilitsch (Landlisten), "wir sind beim Bau der A 94 alle verarscht worden". Auch sein Fraktionskollege Martin Heilmeier hielt seine Wut nicht zurück: "Was da gemacht worden ist, ist so krass, dass man es nicht glauben kann. Auf die Lebensqualität der Bürger ist geschissen worden und auf das Geld der Unternehmer wurde geschaut." Im bereits genannten Landtagsprotokoll liest sich das, von der Vertreterin des Verkehrsministeriums freilich sehr anders ausgedrückt, durchaus ähnlich: "Die Planung des Lärmschutzes sei immer ein Zusammenspiel zwischen Wirtschaftlichkeit und einem Gerade-noch-Erreichen der Grenzwerte für die nächsten Anlieger." Heilmeier probte am Mikrofon in der Stadtratssitzung sogar kurz den Aufstand: "Wir müssten ganz andere Saiten aufziehen - mit dem braven 'bitte, bitte helft uns', kommen wir nicht weiter", sagte er, "man müsste mal die Autobahn sperren, wie die Franzosen oder wie in Tirol".
Am Ende gelang es dem Dorfener Stadtrat, aus drei einzelnen Anträgen, die SPD, CSU und Landlisten vorgeleget hatten, einen eher kühl formulierten, gemeinsamen und von allen mitgetragenen Beschluss zu fassen. Zum einen werden alle mit dem Autobahnbau befassten staatlichen Stellen aufgefordert, die Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzt zu erfüllen, laut dem nach dem "Stand der Technik" gebaut werden müsste. Dass das an der A 94 nicht erfüllt sei, dafür gebe es Zeugen auf allen politischen Ebenen, sagte Heiner Müller-Ermann (SPD). Jeder, der schon mal neben der Isentalautobahn gestanden oder über sie gefahren sei, wisse, dass sie eine erkennbar miesere Autobahn als andere Autobahnen anderswo sei. Vom CSU-Antrag wurde die Forderung übernommen, auf allen politischen Ebenen weiterhin Gespräche zu suchen und unablässig Verbesserungen einzufordern. Aus dem Landlisten-Antrag kam in den Beschluss, dass die von den beiden Bürgerinitiativen explizit benannten Verbesserungen wie bessere und höhere Lärmschutzwände, Lückenschließungen und Erhöhungen von Lärmschutzwällen sowie Verbesserungen an Brücken ganz konkret an die Ministerien in Berlin und München weitergeleitet werden.