Süddeutsche Zeitung

Integration:Gemeinden bezahlen Deutschunterricht

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Die 26 Kommunen überweisen je einen Euro pro Einwohner an die Volkshochschule, die eine Sprachlehrerin eingestellt hat. "Nur so können Asylbewerber integriert werden", sagt VHS-Vorsitzender Johann Peis

Von Chantal Müller, Erding

Die Verbandsversammlung der Volkshochschule (VHS) im Landkreis Erding hat beschlossen, an der VHS fünf Deutschkurse für 100 Flüchtlinge einzurichten, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Die 26 Gemeinden des Landkreises werden im kommenden Jahr in einer Sonderumlage je einen Euro pro Einwohner zahlen, um die Kurse zu finanzieren. Geld vom Staat für Deutschkurse gibt es bislang nur für Flüchtlinge, wenn ihr Asylantrag anerkannt ist.

Im vergangenen Jahr hat die Stadt Erding knapp 36 000 Euro aus Mitteln der Zollner-Leihfondsstiftung bereitgestellt, um auch Flüchtlingen mit laufenden Asylverfahren intensiven Deutschunterricht mit Fachkräften an der Volkshochschule zu ermöglichen. Jetzt übernehmen die Kommunen des Landkreises die Finanzierung. Mit den zirka 130 000 Euro aus der Sonderumlage können fünf Deutschkurse mit je 600 Unterrichtseinheiten angeboten werden. Da ein Kurs für je 20 Teilnehmer etwa 22 000 Euro kostet, bleibt ein Rest von 19 000 Euro, der für Fahrtkosten der Kursteilnehmer genutzt werden kann. Für die fünf Kurse wurde eigens eine neue Sprachlehrerin an der VHS eingestellt.

Der Vorsitzende des VHS-Zweckverbands, der Neuchinger Bürgermeister Johann Peis (CSU), betonte die Wichtigkeit von Deutschkursen für Flüchtlinge: "Nur so können Asylbewerber integriert werden. Ohne die Beherrschung des Deutschen kann niemand in den Arbeitsmarkt überführt werden." Peis begründete die Finanzierung der Kurse durch eine einheitliche Sonderumlage pro Einwohner so: "Jede Gemeinde zahlt den gleichen Beitrag, da müssen wir solidarisch sein. Manche Gemeinden sind ja gar nicht in der Lage, Asylbewerber aufzunehmen, selbst wenn sie wollen." Der Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz (CSU), zugleich stellvertretender VHS-Vorsitzender, sieht das Projekt als außergewöhnliche Kraftanstrengung: "Es ist unser Beitrag, ein gesellschaftliches Problem mit einer Lösung zu begleiten."

Die Ottenhofener Bürgermeisterin Nicole Schley (SPD) plädierte dafür, die Teilnehmerzahl nicht auf 100 Plätze zu begrenzen. Die Zahl der Plätze am tatsächlichen Bedarf auszurichten, sei jedoch nicht möglich, entgegnete Peis. Dafür bräuchte man mehr Sprachlehrer, und die seien "gerade nicht da." Da die VHS noch nicht wisse, welche Flüchtlinge einen Kurs besuchen werden, sei es auch schwierig vorherzusehen, welches Vorwissen die Bewerber haben und welche Kursniveaus sie benötigten, sagte Peis. Franz Hörmann (CSU), Bürgermeister von Walpertskirchen, und sein Isener Kollege Siegfried Fischer (Freie Wähler) betonten, dass die Plätze in den Deutschkursen gerecht vergeben werden müssen. Auch die Flüchtlinge, die nicht in Erding untergebracht sind, sollen die Möglichkeit bekommen, am Deutschunterricht teilzunehmen. Fischer interessierte auch, ob der Beitrag der 26 Gemeinden zweckgebunden sei. Das bestätigte Peis. Die Sonderumlage ist ausschließlich für die Sprachkurse der Flüchtlinge bestimmt.

Peis machte zudem deutlich, dass sicher kein Gewinn für die VHS zu erwarten sei. Eine einzelne Unterrichtseinheit für 20 Kursteilnehmer koste 37 Euro, dazu kommen Kosten für Prüfungen und Unterrichtsmaterialien. Zudem müssten Dolmetscher eingebunden werden. Viele Teilnehmer bräuchten auch sozialpädagogische Hilfe, die ein Sprachlehrer nicht leisten könne, erklärte die VHS-Geschäftsführerin Gertrud Scheffelmann: "Das ist extrem personalintensiv."

Des weiteren müssen die Prüfungen am Ende der Kurse im Hinblick auf spätere Ausbildungen anerkannt sein. Dazu seien spezielle Prüfer nötig, sagte Peis. Die von der VHS eingestellte Lehrerin besitze alle Qualifikationen, sagte Scheffelmann: "Sie hat alle nötigen Prüfungslizenzen und kann einspringen, wenn ein Prüfer kurzfristig ausfällt."

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Quelle:
SZ vom 28.11.2014
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