Süddeutsche Zeitung

Integration:"Es herrscht ein Mangel an Mitleid"

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Aktionsgruppe Asyl thematisiert beim Neujahrsempfang Umgang mit nicht anerkannten Flüchtlingen

Von Florian Kistler, Erding

Ein gesellschaftliches Miteinander und ein reger Austausch mit den Behörden seien essenziell für eine erfolgreiche Arbeit mit Flüchtlingen. Das wurde beim Neujahrsempfang der Erdinger Aktionsgruppe Asyl (AGA) deutlich, als die 1. Vorsitzende, Margot Hoigt, auf das vergangene Jahr zurückblickte. Zum einen lobte sie das inzwischen wieder gute Klima zwischen den Behörden und der AGA, das eine "bessere Diskussion von Sachfragen" ermögliche. Zum anderen verwies Hoigt aber auch darauf, dass Integration nur über Gespräche gelingen könne. Durch den Austausch mit Einheimischen würden Vorurteile abgebaut. Deutlich sei dies unter anderem bei einem Treffen zwischen Senioren und Flüchtlingen in einem Altenheim geworden, sagte Hoigt.

Über weitere Projekte der AGA gab die 3. Vorsitzende, Andrea Stiegler, einen Einblick. Auch sie betonte, wie wichtig es sei, miteinander in ein Gespräch zu kommen. So wurde im vergangenen Jahr ein Computerkurs veranstaltet, an dem sowohl Senioren als auch Flüchtlinge teilnahmen. Das Projekt wird in diesem Jahr wiederholt. Auch beim "Suppentag", der in Zusammenarbeit mit der Tafel Erding und dem Verein Flüchtlingshilfe organisiert wird, werde der Austausch vorangetrieben. Einmal in der Woche kochen Flüchtlinge im ehemaligen Postgebäude neben dem Bahnhof Erding Suppe, die kostenlos ausgegeben wird. Frisches Gemüse dafür liefert die Tafel Erding aus ihren Restbeständen, das Geschirr sowie die Tische und Bänke werden von der Flüchtlingshilfe Erding gestellt. Hoigt betonte, dass die Flüchtlinge durch das gemeinsame Kochen auch untereinander mehr ins Gespräch kommen würden. "Man tauscht sich zwangsläufig aus. Da wird auch mal geweint, aber nur wenn Zwiebeln geschnitten werden", scherzte Hoigt.

In Anwesenheit von OB Max Gotz (CSU) und der dritten Landrätin Gertrud Eichinger (SPD) kritisierte die Vorsitzende den Umgang mit nicht anerkannten Flüchtlingen. Es sei schwer zu akzeptieren, dass die Arbeitserlaubnis nicht von vornherein erteilt werde. "Im Moment gilt grundsätzlich erst einmal das Arbeitsverbot. Es wäre sinnvoller, wenn es aber nur in Ausnahmefällen verhängt wird", meint Hoigt. Für die ehrenamtlichen Helfer der AGA sei dieser Umstand sehr belastend.

Doris Kraeker, 2. Vorsitzende der AGA, sagte, ihr bereite Sorgen, dass die christlichen Werte als "Maßstab des Handelns" immer weiter in den Hintergrund gedrängt würden. "Während Geflüchtete im Mittelmeer ertrinken, werden die Besatzungsmitglieder von Rettungsschiffen zu Kriminellen gemacht." Sie kritisierte, dass bei den Beamten und der Justiz oft ein "Mangel an Mitleid" herrsche und junge Flüchtlinge, die sich bestens in das gesellschaftliche Leben integriert hätten, abgeschoben werden. "Ich habe den Eindruck, dass Gesetze möglichst streng genommen werden und bei Formfehlern in Anträgen sofort Absicht unterstellt wird", so Kraeker. "Das muss sich wieder ändern."

Nachdem die AGA einen Einblick über ihre Tätigkeiten gegeben hatte, konnten sich die Besucher selbst von der Arbeit der Aktionsgruppe überzeugen. Unter dem Motto "Kunst öffnet Welten" wurden Werke von Flüchtlingen aus Afghanistan ausgestellt, die sie im Rahmen eines Kunstprojekts und unter der Leitung von Angelika Löwenberg gemalt hatten. "Wir haben im Februar damit begonnen. Das wurde auch mit sehr viel Enthusiasmus angenommen", so Löwenberg. Rahmatullah Jafari, 26, ist einer der Künstler. Er ist seit drei Jahren in Deutschland und sagt, dass er sich freue, an dem Projekt teilzunehmen. "Kunst hat keine Grenzen. Wichtig ist das Gefühl beim Malen, dann ist jedes Bild echt und schön."

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Quelle:
SZ vom 26.01.2019
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