Imposantes Werk:Gegen den Strom

Rudolf L. Reiter hat eine "Art Biographie" herausgebracht. Auf mehr als 300 Seiten wird der Maler, Bildhauer und Konzeptkünstler in Bild und Text vorgestellt

Von Florian Tempel, Erding

Er ist fraglos der größte lebende Künstler der Stadt. Da gibt es nichts zu diskutieren. Rudolf L. Reiter hat eine eigene kleine Abteilung im Museum Erding und ein entsprechend großes Selbstbewusstsein. Letzteres ist notwendig für einen, der sein Leben mit Malerei und Skulpturen bestreiten will und das nicht nur nebenbei als Hobby-Beschäftigung sieht. Und wer als Künstler seinen Lebensunterhalt verdienen und auch etwas gelten will, muss eine entsprechende Persönlichkeit haben, sonst wird das alles nichts Reelles. Deshalb gilt schon immer: Wenn Rudolf L. Reiter was macht, dann soll das auch Beachtung finden. Darum hat er auch nicht gekleckert, als er nun eine "Art Biographie" vorlegt, sondern richtig geklotzt. Seine nach eigener Zählung bereits elfte Publikation ist ein imposant dicker Wälzer. Das mehr als 300 Seiten starke, großformatige und mehrere Kilo schwere Buch trägt den kraftvollen Titel "Rudolf Ludwig Reiter: Gegen den Strom - Quelle und Schöpfung" und im Untertitel heißt es noch "Der Maler, sein Leben und Werk".

Natürlich ist es keine gewöhnliche Biografie. Die Aufteilung ist nicht chronologisch, schön der Reihe nach von der Geburt bis heute. Das wäre sowieso eine von Reiters Lebensthema, dem steten Entstehen und Vergehen. Es geht im Buch kreuz und quer durch sein Leben und Schaffen, mit vielen gekonnt ausformulierten Überlegungen. Vieles ist davon geheimnisvoll, nicht so leicht zu verstehen, aber auch das ist sicher Absicht.

Zur Einleitung hat ein langjähriger Freund des Meisters, der Journalist Wilhelm Dietl, einen sehr persönlichen Text über seine "vier Jahrzehnte mit Reiter" verfasst. Den größten Teil des Buches aber, der auf allen Seiten mit prächtig farbigen Abbildungen von Reiters Werken illustriert ist - oder Fotos, die den Meister bei der Arbeit oder im Gespräch mit interessanten Menschen zeigen -, hat die Moosburger Kunsthistorikerin Christine Fößmeier geschrieben. Sie erläutert in fünf Akten plus Pro- und Epilog, wie sie nach den intensiven Gesprächen mit Reiter diesen Maler und sein Opus sieht. "Der Blick in die Anderswelt", "Erkenne dich selbst", "Zeiten der Wiederkehr", "Begegnungen" und "Rückkehr in die Anderswelt" heißen die Kapitel. Weiter hinten finden sich dann noch einige ältere Texte, die einzelne Aspekte von Reiters Schaffen und besondere Aktionen beleuchten.

Bei der Vorstellung des neuen Reiter-Kompendiums fasste Hauptautorin Fößmeier in gebotener Kürze zusammen, was ihr zu Rudolf L. Reiter zu sagen am Wichtigsten erschien. "Seine Version des Informell", erklärte Fößmeier, erkläre wohl am klarsten seine besondere Art. Denn Reiter sei davon überzeugt, dass in seinen "spontanen Malakte frei von allen Regeln" die "pure Kraft und Energie der Anderswelt" in Form und Farbe sichtbar werde. Das hörte sich nicht leicht verständlich an, doch Reiter bekräftigte das von Fößmeier Gesagte ausdrücklich mit sanften Kopfnicken. Er male in der Tat, so bestätigte er auch auf Nachfrage, "mit göttlicher Energie" das, was er zuvor "an nicht stofflicher Existenz erschaut" habe. Das kann wohl nicht jeder. Dazu braucht es eine ganz eigenen Begabung, eben das, was man früher Künstlern problemlos zugestanden hat: Genius.

So sieht sich denn auch Rudolf L. Reiter und er hat deshalb auch kein Problem und keine Scheu, sich in die Reihe allgemein anerkannter Großkünstler zu stellen: William Turner, Caspar David Friedrich, Claude Monet, Wassily Kandinsky, Joseph Beuys - und er gehört auch dazu. Es gibt sicher Zeitgenossen, die das für überheblich halten. Aber wie oft hat erst die Nachwelt die Bedeutung eines Künstlers erkannt? Und was macht denn zu Lebenszeiten den einen Maler zum Star, den anderen nur zur lokalen Größe? Ein undurchschaubarer Kunstbetrieb, der die Güte von Kunst an einem harten Kriterium misst: Wie viel Euro millionenschwere Sammler für ein Kunstwerk hinblättern.

Imposantes Werk: Rudolf L. Reiter sieht sich im Spätwerk angekommen.

Rudolf L. Reiter sieht sich im Spätwerk angekommen.

(Foto: Renate Schmidt)

Beim "Herbst-Salon" in Reiters Atelier, Rätschenbach 28 Rückgebäude, gibt es Lesungen und die Möglichkeit, die Biografie "Gegen den Strom" zu erwerbe. Am den Samstagen und Sonntagen, 28. und 29. Oktober sowie 4. und 5. November, samstags von 14 bis 18 Uhr, sonntags ab 11 Uhr.

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