Landkreis Erding:Makler erwarten Dämpfer für Immobilienmarkt

Lesezeit: 3 min

Steigende Bauzinsen und hohe Kaufpreise schrecken viele potenzielle Käufer ab, wenn das Eigenkapital, zum Beispiel aus einer Erbschaft, fehlt. Die Nachfrage hat bereits nachgelassen.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Die Makler im Landkreis richten sich auf einen nachlassenden Immobilienboom und stagnierende Preise ein. Zwar ist laut dem neuesten Marktbericht des IVD, dem Immobilienverband Deutschland, die Nachfrage in der Region München ungebrochen hoch, aber steigende Baukosten, eine schwache Konjunktur sowie steigende Zinsen bei Immobiliendarlehen könnten zu einer Trendwende führen: Die Zeiten stets steigender Kaufpreise könnten bald vorüber sein, weil sich die aktuellen Krisen dämpfend auf den Immobilienmarkt auswirken. Andererseits könnten die Unsicherheiten private wie auch institutionelle Investoren verstärkt dazu zu bewegen, Geld in einer Immobilienanlage unterzuzubringen, wie es im IVD-Bericht heißt. Auch Makler im Landkreis sehen das so.

"Junge Familien mit wenig Eigenkapital haben fast keine Chance mehr"

"Gegen Ende letzten Jahres lag die Finanzierung noch um ein Prozent. Jetzt ist der Zinssatz viel höher. Für eine gewisse Käuferschicht ist es momentan finanziell nicht mehr zu leisten", sagt Maximilian Hofer von Karl Kainz Immobilien und erhält Zuspruch von seinen Kollegen im Landkreis. "Es ist nicht mehr so einfach, wie es vor ein paar Monaten war. Es werden viele Objekte auf den Markt geworfen, in der Hoffnung, jetzt noch einen hohen Preis zu erzielen", sagt Monika Haumann, Geschäftsführerin von MH Immobilien in Tittenkofen. "Wir haben aber eine Erbengeneration, deshalb werden die Preise nicht voll in den Keller gehen, aber junge Familien mit wenig Eigenkapital haben fast keine Chance mehr", sagt Haumann. Auch Jürgen Zellner, Geschäftsführer der Sperr & Zellner Immobilien GmbH in Dorfen, berichtet von einer nachlassenden Nachfrage, erwartet höchstens aber eine Kostenstagnation. "Die Nachfrage ist weiterhin groß, vor allem im Altbestand, aber jetzt fallen manche Kunden wegen der gestiegenen Bauzinsen und -kosten raus, weil sie sich das schlichtweg nicht mehr leisten können."

Leisten könnten es sich noch reine Kapitalanleger, wer erbe oder vor Jahren eine Immobilie gekauft oder gebaut haben und die Wertsteigerung jetzt investiere. "Wenn heute eine Durchschnittswohnung 700.000 bis 800.000 Euro kostet, dann kann ein 25- bis 40-Jähriger gar nicht das Kapital haben, um sie sich leisten zu können", sagt Georg Sellmeier vom VID Versicherungs- und Immobiliendienst Erding. Eine Million Euro bei drei Prozent Zinsen und Tilgung würde für viele eine nicht mehr stemmbare monatliche Belastung bedeuten.

Das Geschäft mit den klassischen Kapitalanlegern läuft noch ganz gut

Man müsse aber laut Jürgen Zellner unterscheiden: Zwei-Zimmer-Mietwohnungen zum Beispiel würden gerne von Kapitalanlegern erworben, Häuser für 800.000 bis 900.000 Euro eher von Privat als Eigennutzer gekauft. Immobilien gelten immer noch als beste und sicherste Anlage bei der Wertwertentwicklung über die letzten 40, 50 Jahre gesehen. "Was hilft es, wenn ich auf mein Tagesgeldkonto 0,15 Prozent bekomme, wenn die Inflation bei sieben Prozent liegt." Auch Maximilian Hofer sagt, dass das Geschäft mit den klassischen Kapitalanlegern noch gut laufe, aber bei den Eigenheimobjekten gebe es einen Dämpfer, wenn der auch heuer oder 2023 vielleicht noch keine so großen Auswirkungen haben werde.

Bei den Neubaupreisen erwartet der Geschäftsführer von Sperr & Zellner unverändert ein hohes Niveau. "Alles, was schon mal teuer war, wird in der Regel nicht mehr billiger." Die Übertreibungen nach oben bei den Preisen seien aber wohl vorbei, was auch Georg Sellmeier bestätigt. Ein Blick in Online-Portale zeige, dass vor Monaten noch durchschnittlich 60 bis 80 Objekte angeboten worden seien. Zum Teil ältere Objekte, die preislich völlig überzogen gewesen seien.

Mieter haben wegen der Zinsen keine Chance mehr zu Eigentum zu kommen

Ardeo Klein, von BIV Immobilien in Inning am Holz, merkt ebenfalls, dass die Kunden zögern, weil die Bauzinsen steigen. Auch die Unterhaltskosten seien ein Faktor, der teurer würde. Die Zinsen seien aber nicht nur ein Problem bei Neukäufen, sondern auch bei Anschlussfinanzierungen, wenn die Zinsbindung auslaufe. Die höheren Zinsen könnten schnell einige Hundert Euro ausmachen.

Jürgen Zellner sieht noch ein anderes Problem auf viele Mieter zukommen: Bei den Neubaupreisen erwartet der Geschäftsführer nämlich unverändert ein hohes Niveau. "Alles, was schon mal teuer war, wird in der Regel nicht mehr billiger." Die Übertreibungen nach oben bei den Preisen seien zwar wohl vorbei, aber viele, auch Bauträger, würden ihre Projekte wegen der Kostenunsicherheiten zurück stellen. Dadurch würden weniger Wohnungen fertig als benötigt und das erhöhe den Druck auf den Mietmarkt und letztlich die Mietpreise. Durch die niedrigen Bauzinsen hätten viele es in den vergangenen Jahren geschafft, aus der Miete heraus zu kommen. Heute hätten sie bei den gestiegenen Zinsen, dem fehlenden Eigenkapital und den höheren Anforderungen der Banken keine Chance mehr zu Eigentum zu kommen. "Ausbaden muss alles immer der Kleine."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: