Immer wenige Azubis:Landwirtschaftsschule wirbt um Schüler

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Im Rahmen des Studiums können eigene Betriebe analysiert und optimiert werden

Von Thomas Daller, Erding

Die Landwirtschaftsschulen in Bayern haben Probleme: Immer weniger junge Landwirte wollen dort die Ausbildung zum geprüften Wirtschafter für Landbau absolvieren. Sieben der 27 Landwirtschaftsschulen sollen daher geschlossen werden. Die Landwirtschaftsschule Erding ist davon nicht betroffen, ihr Einzugsgebiet umfasst bisher 5000 landwirtschaftliche Betriebe in den Landkreisen München Ebersberg, Erding und Freising. Künftig sollen noch die Landkreise Mühldorf und Fürstenfeldbruck hinzukommen. Doch auch die Landwirtschaftsschule Erding muss um jeden Schüler werben. Bei einem Pressetermin in Tankham bei Bockhorn wiesen Vertreter der Schule und des Bauernverbandes darauf hin, dass die Schule unternehmerisches Rüstzeug in der Landwirtschaft vermittele, das auch und gerade in schwierigen Zeiten Zukunftslösungen verspreche.

Der Termin fand auf dem Greimelhof in Tankham statt, wo die 23-jährige Stefani Greimel lebt. Sie hat die Landwirtschaftsschule Erding absolviert und will die Ferkelzucht ihrer Eltern weiterführen. Ursprünglich wollte sie den Betrieb um Schweinemast erweitern. Doch durch die betriebswirtschaftliche Herangehensweise, die sie in der Landwirtschaftsschule lernte, konnte sie sich ausrechnen, dass das für sie nicht rentabel wäre: "Man lernt immer was dabei", sagt sie. "Entweder wie man es macht oder wie man es nicht macht."

Vorerst will sie den Status quo beibehalten, auch wegen der Afrikanischen Schweinepest und dem Preisverfall für Ferkel. Für Schulleiter Otto Roski ist Stefanie Greimel ein gutes Beispiel, dass die Landwirtschaftsschule zu Unrecht unter Verdacht stehe, Bauern immer dahingehend zu bewegen, dass sie weiter wachsen sollten. Stattdessen müsse man die betriebliche Situation genau analysieren.

Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes in Erding, kalkuliert, dass es bei den rund 2000 landwirtschaftlichen Betrieben im Landkreis Erding jährlich 40 Betriebsinhaberwechsel gibt, wenn der Betrieb von den Eltern auf die Kinder übergehe. Dabei handelte es sich bislang bei etwa der Hälfte um Vollerwerbs- und Nebenerwerbsbetriebe. Wer einen Vollerwerbsbetrieb übernehme, absolviere in der Regel die drei Semester an der Landwirtschaftsschule.

Allerdings vollzieht sich in der Generation von Stefanie Greimel mehr und mehr ein Wandel vom Vollerwerb zum Nebenerwerb. Viele junge Landwirte würden noch einen anderen Beruf erlernen und dann den elterlichen Vollerwerbsbetrieb nur noch im Nebenerwerb betreiben. "Die Preise sind im Keller, die Bevölkerung steht nicht hinter der Landwirtschaft, man ist dann nicht mehr motiviert", sagte Greimel.

Josef Schächtl vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), der auch Lehrer an der Landwirtschaftsschule ist, sprach von wachsenden Herausforderungen: Düngeverordnungen, Artenschutzgesetz, Glyphosatverbot oder Tierwohldiskussionen - "zukunftsfähige Betriebe benötigen dafür Rüstzeug für die Betriebsführung sowie für die Diskussion mit der Bevölkerung". Fachliche wie auch persönliche Kompetenzen dafür würden an der Landwirtschaftsschule in Erding vermittelt.

Ein "weiter so wie bisher" könne sich heutzutage niemand mehr leisten, was auch Stefanie Greimel seit ihrer Weiterbildung bestätigt. An der Landwirtschaftsschule in Erding durchleuchten die Studierenden ihre eigenen Betriebe und entdecken Optimierungsmöglichkeiten in produktionstechnischer Hinsicht. Auch individuelle Zukunftslösungen werden diskutiert, sowohl Diversifizierungs- als auch Spezialisierungswege oder eine Betriebsumstellung in Richtung Ökolandbau.

Die Palette sei groß, es gebe keine Standardlösung, sondern jeder Unternehmer handele abhängig von persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen. Daher empfiehlt Landwirtschaftsmeisterin Greimel jedem ausgebildeten Landwirt in der Region eine Weiterbildung an der Landwirtschaftsschule.

© SZ vom 19.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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