Igel kennt fast jedes Kind, bei manchen Familien hat er auch schon im Keller oder in der Garage überwintert, wenn er zu wenig Speck auf den Rippen hatte. Er ist in vielen Gärten zu Hause, aber er ist auch gefährdet. Die Deutsche Wildtierstiftung hat ihn zum Tier des Jahres 2024 gekürt. Igel werden schon auf der Vorwarnstufe der Roten Liste geführt, auch in den ländlich geprägten Landkreisen Erding und Freising droht ihnen ein Ende im Straßenverkehr und als Insektenfresser wird ihre Nahrung knapper.
Der Igel findet immer weniger passenden Lebensraum. Auf dem Land haben aufgeräumte Agrarlandschaften die früher üblichen Hecken, Gehölze und artenreichen Magerwiesen verdrängt.
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Mehr Abwechslung bieten Gärten und Grünanlagen in Siedlungsgebieten. Inzwischen gibt es Schätzungen der Wildtierstiftung zufolge in Städten bis zu neun Mal so viele Igel wie auf dem Land. Aber auch hier hat er es immer schwerer. Denn immer mehr Flächen werden versiegelt, und in Wohnstraßen breiten sich sterile Schottergärten aus.
Die Ansprüche, die der Igel an seinen Lebensraum stellt, sind im Prinzip nicht sehr groß. Zwingende Voraussetzung für sein Überleben ist allerdings, dass er auf kleinem Raum genügend Futter und Versteckmöglichkeiten findet. Manfred Drobny, Geschäftsführer des Bundes Naturschutz in den Landkreisen Freising und Erding, weist darauf hin, dass die Nahrungsgrundlage des Insektenfressers stark zurückgegangen sei. Mit dem Volksbegehren "Rettet die Bienen", das stellvertretend für alle Insekten gegolten habe, habe man zwar einen Erfolg erzielt, aber die nötige Insektenvielfalt habe sich noch nicht wieder eingestellt. Notgedrungen weichen manche Igel auf Katzenfutterschüsselchen aus, wenn diese im Freien auf der Terrasse stehen. Das sei für die Igel nicht ungesund, sagt Drobny, aber es sei auch nicht zielführend, wenn Wildtiere nur überleben, wenn sie vom Menschen durchgepäppelt werden.
Ein vierjähriger Igel gilt bereits als sehr alt
Igel könnten theoretisch sieben bis acht Jahre alt werden. Dieses Alter erreichen sie in freier Wildbahn aber praktisch nie. Ein vierjähriges Tier gilt da bereits als sehr alt. Das hat jedoch wenig mit den natürlichen Feinden zu tun: Lediglich Dachs und Uhu können mit ihren langen Krallen einem eingerollten Igel gefährlich werden. Dieser Schutzmechanismus nutzt den Tieren jedoch nichts, wenn sie Bekanntschaft mit dem Straßenverkehr machen, wie zahllose Funde toter Igel belegen.
Skeptisch ist Drobny jedoch hinsichtlich des oftmals kolportierten Verdachts, dass nachtaktive Mähroboter für die Igel gefährlich seien. "Das kann ich mir nur bei sehr kleinen Jungtieren vorstellen", sagt er. Ein erwachsener Igel sei von einem Mähroboter kaum zu erklimmen, der ohnehin einer solchen Maschine aus dem Weg gehen werde. Für viel gefährlicher hält Drobny ungesicherte Kellerschächte und ähnliche Alltagsfallen, aus denen die Tiere nicht wieder herauskommen könnten.
Gelbe Säcke können böse Fallen darstellen
Zu diesen Fallen zählen auch die Gelben Säcke, wenn sie nicht ausgespülte Lebensmittelverpackungen enthalten. "Igel riechen sehr gut", sagt Drobny. Wenn sie in dem Sack Nahrung wittern, beißen sie ihn auf und krabbeln hinein. Und dann kann es passieren, dass sie darin ersticken oder mitgenommen werden.
In ihren Gärten könnten viele Menschen mehr für die Artenvielfalt und somit auch für die Igel tun, erklärt Drobny. Mit dem Volksbegehren habe man bereits Menschen für das Thema sensibilisiert. Ein paar Quadratmeter verwilderte Fläche mit Laub, Ästen und Totholz würden schon helfen. Das sei auch im Sinne der Gärtner, weil Igel Insekten in Schach halten, die über die Ernte herfallen. "Wir haben dazu eine Broschüre erstellt, die beispielsweise bei den Freisinger Gartentagen sehr begehrt war." Aber man müsse immer wieder daran erinnern, dass man mehr für die Biodiversität tun müsse, auch im eigenen Garten.