"Ich will bleiben":Mit Ehrgeiz und Sanduhr

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Thomas Weber, seit kurzem Leiter der Kripo Erding, spricht über die Herausforderungen durch das Internet und seine Arbeit mit Super-Recognisern auf der Wiesn. Der 47-Jährige ist jetzt für drei Landkreise zuständig

Interview von REGINA BLUHME, Erding

Die Kriminalpolizeiinspektion Erding hat einen neuen Leiter: Thomas Weber ist seit Mitte Dezember offiziell im Amt und damit zuständig für die Landkreise Erding, Ebersberg und Freising. Der 47-jährige Kriminaloberrat lebt in Dachau, ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und er fährt in der Freizeit gerne Motorrad und verbringt viele Urlaube am Gardasee. Zuletzt koordinierte der gebürtige Münchner für das Münchner Polizeipräsidium das Pilotprojekt der "Super-Recogniser", das bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Ein Gespräch über die ganz speziell talentierten Super-Recogniser, seine neue Aufgaben in Erding - und was es mit der Sanduhr auf seinem Schreibtisch auf sich hat.

SZ: Herr Weber, können Sie kurz erklären, was ein Super-Recogniser ist?

Thomas Weber: Das sind Menschen, die ein besonderes angeborenes Talent haben: Sie erkennen Gesichter, die sie einmal gesehen haben, immer wieder, auch nach Jahren und auch wenn sich das Alter, Gewicht oder Frisur der Menschen verändert haben.

Wie haben Sie diese Recogniser gefunden?

Wir haben an drei Tagen in drei verschiedenen Stufen alle Mitarbeiter des Münchner Polizeipräsidiums getestet. 35 haben schließlich bestanden, darunter auch eine Verwaltungsmitarbeiterin.

Und dann kamen diese erstmals auf der Wiesn 2018 zum Einsatz.

Wir haben ihnen Fotos von Taschendieben gezeigt, und von Menschen, denen ein Aufenthaltsverbot für das Oktoberfestgelände ausgesprochen war. Außerdem haben wir ihnen auch noch Bilder von Testpersonen gezeigt, die wir auch auf die Wiesn geschickt haben. Die Super-Recogniser sollten also diese Leute aus der Menschenmenge herausfiltern. Der Versuch lief zwar nur drei Tage, aber er war so erfolgreich, dass die Super-Recogniser künftig in die Polizeiarbeit integriert werden sollen.

Sie haben das Projekt geleitet- haben Sie etwa selber dieses besondere Talent?

Ich habe die Tests mitgemacht und ich bin nicht schlecht, aber: Nein, ein Super-Recogniser bin ich nicht!

Zu Beginn Ihrer Karriere waren Sie auch als Ermittler in zivil gegen Drogenkriminelle im Einsatz. Erzählen Sie mal.

Diese Aufgaben gehörten zu meiner Arbeit beim Landeskriminalamt. Da werden meist junge Kollegen, die in der Szene unbekannt sind, auf Ermittlung geschickt. Das läuft zum Beispiel so ab, dass wir ein bestimmtes Lokal observieren sollten und dann sind mein Kollege und ich in zivil ein paar Mal zum Dartspielen hingegangen und dann hat man schon bald einen Blick dafür, ob in dem Lokal Drogengeschäfte laufen oder nicht.

Später haben Sie international Delinquenten ermittelt, die mit Haftbefehl gesucht wurden.

Ja, als Zielfahnder musste ich in Zusammenarbeit mit Interpol auch einmal in Thailand und in der Dominikanischen Republik ermitteln.

Sie waren nach dem Studium an der Polizeihochschule in Münster als "Höherer Beamter" in München für "besondere Einsatzlagen" zuständig. Welcher Fall ist Ihnen da besonders im Gedächtnis?

Besondere Einsatzlagen sind sogenannte "große Bedrohungen", das können Amokläufe oder Geiselnahmen sein oder auch Schlägereien im großen Stil. Ich kann mich noch gut an einen Einsatz im Frühjahr 2012 erinnern, da kam die Meldung, dass sich eine Massenschlägerei in Pasing anbahnt, mit 60 teilweise bewaffneten Männern aus dem Rockermilieu. Das konnten wir verhindern, am Schluss standen 56 Festnahmen.

So was kommt hoffentlich in Ihrem neuen Dienstbereich nicht vor. Wo brennt es denn hier?

Mir bereitet die Internetkriminalität Bauchweh, wir bearbeiten immer wieder Fälle von Internetbetrug. Sogenannte Fake-Shops, die Vorkasse verlangen und dann nichts liefern, sind hier ein großes Thema. Wir versuchen daher immer wieder die Öffentlichkeit zu warnen. Ein weiteres Phänomen sind sogenannte "falsche Polizeibeamte". Wir sagen immer: Vorsicht am Telefon und im Internet - ein echter Polizist verlangt niemals Geld am Telefon!

Sie sind jetzt für 105 Mitarbeiter zuständig, ihr Zuständigkeitsbereich umfasst 450 000 Einwohner. Was haben sie sich vorgenommen?

Ich will hier einen guten Rahmen schaffen, was Personal, Liegenschaften und Ausstattung betrifft. Mein erster Eindruck ist, dass hier erfahrene Spezialisten Dienst tun, die super arbeiten, die auch schnell aufklären wollen und mit den Inspektionen sehr gut zusammenarbeiten.

Von Seiten der Polizeiinspektion wird über zu wenig Platz geklagt.

Wir arbeiten schon beengt. Ein Drittel der Kripo ist sogar ausgelagert an die Dorfener Straße. Es wäre schon schön, wenn wir einmal alle unter einem größeren Dach arbeiten könnten. Ich sage es mal so: Ich habe mich deswegen bereits mit dem Polizeipräsidium ins Benehmen gesetzt.

Trotz Platzmangels sieht Ihr Schreibtisch aber sehr, sehr ordentlich aus.

Das stimmt. Die drei Ordner hier auf der Fensterbank gehören eigentlich nicht hierher. Ich arbeite schon sehr ordentlich und strukturiert und bin auch ein wenig ehrgeizig. Für Erding habe ich mich beworben, weil ich Leiter einer Inspektion werden wollte. Und ich möchte auch ganz deutlich sagen: Ich will bleiben, mit Ausrufezeichen.

Darf ich zum Schluss noch fragen, was es mit der großen Sanduhr auf Ihrem Schreibtisch auf sich hat?

Die hat mir meine Frau geschenkt. Ich soll die Uhr einmal am Tag laufen lassen, das sind 15 Minuten - so lange soll ich Pause machen. Das vergesse ich manchmal.

© SZ vom 19.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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