Hospiz:Blick ins kleine Paradies

Lesezeit: 3 Min.

Am liebsten draußen: Eva Peters genießt auf ihrer Terrasse den Blick in den Garten. (Foto: Renate Schmidt)

Das Sophienhospiz Freising-Erding bietet Menschen auf ihrem letzten Lebensweg ein Zuhause. Aus ihren Zimmern blicken sie auf einen wunderschönen Garten. Bei der Pflege durch einen Landschaftsbauer helfen die Leserinnen und Leser der Süddeutschen Zeitung mit: Die Kosten werden dieses Jahr vom Hilfswerk „SZ Gute Werke“ übernommen.

Von Regina Bluhme, Erding/Freising

Wer von der Bundesstraße B 388 in den Sternweg einbiegt und zum Sophienhospiz Freising-Erding die kleine Anhöhe hinauffährt, lässt den Lärm hinter sich. Im Garten ist nichts zu hören, außer Vogelgezwitscher und das Brummen der Insekten. Alle zwölf Zimmer blicken auf Rosen und Lavendel und die dahinterliegende bunte Blühwiese. Für die Bewohner des Hospizes ist die Anlage, die nun in voller Blüte steht, eine große Freude. Bei der Pflege des weitläufigen Gartens durch einen Landschaftsbauer helfen die Leserinnen und Leser der Süddeutschen Zeitung mit: Die Kosten werden dieses Jahr vom Hilfswerk „SZ Gute Werke“ übernommen.

Eva Peters sitzt auf der Terrasse vor ihrem Zimmer und genießt den Blick ins Grüne. Vor circa fünf Wochen ist die 68-Jährige am Sternweg eingezogen. Die erste Woche habe sie nur nach Hause gewollt, nach Hause zu ihrem Mann, der Unterstützung benötigt. Das Wetter in Erding war zudem die ersten Tage nach dem Einzug ziemlich trüb. Aber dann kam die Sonne und als sie das erste Mal im Bett auf die kleine Terrasse vor ihrem Zimmer geschoben wurde und in den Garten blickte, war alles anders: „Da hab’ ich mir gedacht: Da bleib’ ich, so schön ist es hier!“

Dass sie unheilbar erkrankt ist, hat Eva Peters eher zufällig erfahren: 2021 suchte sie einen Orthopäden auf. Sie hatte Schmerzen im Knie, die jedoch beim Praxisbesuch wieder verschwunden waren. Der Arzt riet vorsorglich zu einem MRT. So wurden die Metastasen in ihren Knochen entdeckt. „Der Primärtumor saß in der Lunge“, erzählt Peters. Zwei Jahre lang konnte sie mit einer Tabletten-Chemo zuhause gegen die Krankheit kämpfen. Dann reichte das nicht mehr aus, sie musste „auf richtige Chemo“ umstellen, wie Eva Peters sagt, und diese vertrug sie überhaupt nicht. Sie verlor stark an Gewicht, war sehr schwach, im Herbst 2023 lag sie auf der Palliativstation im Krankenhaus.

Die eine der beiden Töchter, die in der Nähe wohnt, kommt mit den Enkeln, vier und sechs Jahre, zwei- bis dreimal die Woche vorbei. Die Buben können dann draußen herumflitzen, sie holen sich Spiele aus dem Spielzimmer oder sie gehen gemeinsame zum Kuchenessen im gemütlichen Aufenthaltsraum, dem „Wohnzimmer“. Eva Peters hat insgesamt drei Enkel, „bald vier“, sie hängt an ihnen, und sie hängen an ihr. Dass die Oma nicht mehr gesund wird, das wissen sie. Der Sechsjährige habe einmal zu ihr gesagt: „Wenn du stirbst, dann hör’ ich nicht mehr auf zu weinen.“ Als sie das erzählt, kommen Eva Peters die Tränen.

Die Leser und Leserinnen der SZ sorgen durch ihre Spenden dafür, dass sich die Bewohner und Bewohnerinnen des Sophienhospiz an dem Garten erfreuen können. (Foto: Renate Schmidt)
Blick von der Blühwiese auf die im Halbrund angelegten Zimmer. In der Mitte steht ein Brunnen, das Werk der Erchinger Künstlerin Roswitha Prehm. (Foto: Renate Schmidt)

Eva Peters hat an der Berufsschule in München das Fach Ernährung unterrichtet. Als sie auf Palliativ in der Klinik lag, konnte sie nichts mehr zu sich nehmen. „Zu schwach war sie zum Laufen, so habe ich sie in Empfang genommen“, sagt Heimleiterin Rita Gabler, die während des Gesprächs kurz vorbeischaut. Heute isst die 68-Jährige wieder. „Das Essen hier ist wunderbar“, sagt sie. Küchenchefin Karin Leidenberger koche fantastisch und erfülle jeden Wunsch. Das gesamte Pflegepersonal sei einfühlsam und immer freundlich. „Es müsste noch viel mehr solcher Häuser geben“, sagt Eva Peters.

Die Warteliste fürs Sophienhospiz ist lang, aktuell stehen laut Rita Gabler 45 Menschen drauf, es waren auch schon mal an die 70. Dass die Landkreise Erding und Freising seit 2022 über ein gemeinsames Hospiz verfügen, ist der Initiative der MWS-Hospiz-Stiftung des Freisinger Ehepaars Marianne und Werner Folger und ihrer Tochter Sofia zu verdanken. Die Stiftung hat mehrere Millionen Euro in das Projekt investiert. Mit dem hohen sechsstelligen Betrag durch das SZ-Hilfswerk konnte ein Teil der Inneneinrichtung und der Außenanlagen verwirklicht werden.

Nach Wochen in der Uni-Klinik zum ersten Mal Frühstück in der Sonne – da laufen die Tränen

Die Patienten hätten oft einen sehr langen Krankenverlauf und viele belastende Behandlungen hinter sich. Die meisten wurden in großen Kliniken in München behandelt, erzählt Rita Gabler. Manchmal seien die Bewohner zu Tränen gerührt, wenn sie dann im Sophienhospiz Freising-Erding erleben, dass sie zum Frühstücken und nachmittags in der Sonne auf der Veranda sitzen können und abends den Sonnenuntergang genießen dürfen. „Wir haben hier wirklich ein kleines Paradies“, so Gabler.

Eva Peters beobachtet gerne die frechen Spatzen, die im Brunnen in der Mitte des halbrunden Rosengartens ihr Bad nehmen, oder die einsame Amsel, die immer ganz oben auf einer Birke Platz nimmt und dann Ausschau hält. Auf der insektenfreundlichen Blumenwiese gibt es auch genug zu sehen. Margeriten, Klappertopf und Wiesensalbei wachsen heran, Rita Gabler hat kürzlich sogar kleine Orchideen entdeckt. Ab und zu kommt auch ein Igel vorbei.

Der Garten bietet ein Stück Lebensqualität und hilft auch dem Personal

Der Garten sei ein Stück Lebensqualität, die das Haus den Gästen mitgeben will auf dem letzten Stück des Wegs, sagt Rita Gabler. Auch das Personal profitiere davon. „Der Garten gibt uns Kraft, hier können wir zur Ruhe kommen.“ Es stellte sich heraus, dass die recht weitläufige Anlage mit ihren Blumen, Sträuchern und Bäumen professionelle Pflege braucht. Deshalb hatte Rita Gabler beim Leserhilfswerk der SZ um finanzielle Unterstützung gebeten und diese auch erhalten.

Nach den Erfahrungen des vergangenen trockenen Sommers steht das nächste Gartenprojekt an: Eine Bewässerungsanlage soll angeschafft werden mit Wasser aus einer Regenzisterne, so Rita Gabler. Auch hier ist das Sophienhospiz auf Spenden angewiesen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKlimawandel und Dürre
:"Noch tun uns Pools nichts"

Wolfgang Haberger ist seit 1992 Geschäftsführer des Zweckverbands zur Wasserversorgung Moosrain im Landkreis Erding. Der Verband beliefert insgesamt 20 000 Einwohner und den Flughafen München mit Trink-, Brauch- und Feuerlöschwasser. Einen langen heißen Sommer fürchtet er - noch - nicht, einen Stromausfall schon.

Interview von Regina Bluhme

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: