Hochwasservorsorge im Landkreis:Alleingelassen

St. Wolfgang lässt mit einem Gutachten mögliche Überschwemmungsgebiete ermitteln - das wird stark gefördert. Gemeinden, die kein direkte "Gewässeranbindung" haben, gehen aber leer aus

Von Regina Bluhme, St. Wolfgang

Die Angst vor einer Sturzflut wie im niederbayerischen Simbach im vergangenen Jahr lässt den Bürgermeistern im Landkreis keine Ruhe. Aktuell lässt St. Wolfgang im Bereich der Gemeinde Überschwemmungsgebiete ermitteln. Dazu gehören erstmals auch Berechnungen bei Starkregen. Das Gutachten soll unter anderem als Grundlage für künftige Hochwasserschutzmaßnahmen dienen. In der Diskussion steht im Landkreis insgesamt dabei die Vergabe der Fördergelder für Schutzbauten, die nicht alle Gemeinden erhalten. Das Wasserwirtschaftsamt München sieht aufgrund der neuen Wetterphänomene die Förderrichtlinien vor "neuen Herausforderungen".

"Die Gemeinde St. Wolfgang lässt gerade Überschwemmungsgebiete ermitteln, um vertiefte Erkenntnisse von Gefahren bei Hochwasser in ihrem Gemeindebereich zu erhalten", so fasst Gabriele Merz, stellvertretende Leiterin des Wasserwirtschaftsamts München, das Vorhaben zusammen. In diesen Planungsunterlagen werde unter anderem simuliert, wie die Abflüsse der Gewässer bei bestimmten Niederschlagsmengen reagierten. Von einer "Starkregengefahrenkarte" spricht der Geschäftsstellenleiter von St. Wolfgang, Christian Miksch, wenn es um das geplante Gutachten geht. Es würden dabei nicht nur die Gewässer untersucht, sondern diesmal auch die Abflüsse von Straßen und Kanäle. Zugleich werde auch die Topografie und Bebauung vor Ort berücksichtigt.

Wie Christian Miksch mitteilt, wartet die Gemeinde gerade auf entsprechende Angebote von drei Ingenieurbüros. Nach der Entscheidung für ein Angebot werde der Förderantrag beim Wasserwirtschaftsamt München gestellt. Laut Gabriele Merz können die Kosten für diese Planung zu 75 Prozent gefördert werden.

Von den künftigen Unterlagen zu den Überschwemmungsgebieten erhoffe sich St. Wolfgang, noch vor Eintritt einer Sturzflut Alarm schlagen zu können, informiert Christian Miksch. Darüber Hinaus sollen die Unterlagen auch bei Baulandausweisungen helfen, "ganz genau hinzuschauen und notfalls vielleicht den Standort zu überprüfen". Und natürlich sei das Projekt auch Grundlage für weitere Überlegungen, "welche Hochwasserschutzmaßnahmen vor Ort nötig sind", so Miksch.

Eine solche Grundlagenermittlung sei "eine sehr gute Maßnahme für die Daseinsvorsorge" und grundsätzlich für jede Gemeinde förderfähig, fügt Merz hinzu. Was die Gemeinde auf Grundlage dieses Überschwemmungsgutachtens für Schutzmaßnahmen beschließe, zum Beispiel den Bau von Rückhaltebecken oder Poldern, sei Sache der Kommune. "Maßnahmen zum Schutz von Betroffenen in Bereichen, die bei einem 100-jährigen Hochwasserereignis als gefährdet gelten, sind aber förderfähig", so Merz. In St. Wolfgang zum Beispiel gebe es mehrere Gewässer dritter Ordnung und somit könnten hier für Schutzmaßnahmen Fördergelder fließen.

Doch wie sieht es in Gebieten aus, die keine Gewässer dritter Ordnung besitzen, "ohne konkrete Gewässeranbindung", wie es im Amtsdeutsch heißt? Dort könnten derzeit von der Wasserwirtschaft keine Schutzmaßnahmen gefördert werden, so Merz. Gleichwohl gebe es aber Förderprogramme durch die Landwirtschaftsverwaltung, fügt sie hinzu. Doch die stellvertretende Leiterin des Wasserwirtschaftsamts sagt auch: Wetterphänomene wie der "unbestritten verstärkt auftretende Starkregen stellen eine neue Herausforderung dar" und da könne es durchaus sein, "dass die Förderrichtlinien an die neuen Herausforderungen angepasst werden". Spruchreif sei jedoch noch nichts.

Vielleicht gibt diese Aussage Hans Wiesmaiers wieder Hoffnung: Der Bürgermeister von Fraunberg und Kreisvorsitzende des Erdinger Gemeindetags drängt darauf, dass alle Gemeinden im Landkreis bei ihren Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser eine Förderung erhalten sollen. "Simbach hat doch gezeigt, dass es tatsächlich jede Gemeinde treffen kann, auch eine, wo noch niemals ein Hochwasser aufgetreten ist", betont Wiesmaier. So manche Gemeinde fühle sich beim Ausbau des Hochwasserschutzes alleingelassen. "Dabei handelt es ich oft um viele kleinere Maßnahmen, die dann nicht gefördert werden - es kann doch nicht sein, dass nur Großprojekte Fördermittel erhalten", klagt der Kreisvorsitzende des Erdinger Gemeindetags. Die Richtlinien sollten aufgrund der neuen Wetterphänomene abgeändert werden. "Für alle Gemeinden, die sich beim Hochwasserschutz auf den Weg machen, sollte es eine Unterstützung geben".

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