Hochwasserschutz:Für den Ernstfall

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Das Wasserwirtschaftsamt München stellt sich erneut den Fragen zum geplanten Hochwasserschutz. Die Erdinger wollen wissen, wie Anwohner frühzeitig gewarnt werden können - und ob die Feuerwehr auch den Einsatz mobiler Elemente bei besonders gefährdeten Häusern übt

Von Philipp Schmitt, Erding

Das Erdinger Stadtwehr war Treffpunkt des letzten der insgesamt vier Stadtspaziergänge, die das Wasserwirtschaftsamt München mit interessierten Bürgern unternommen hat. Dabei beantworteten die Planer wieder Fragen rund um den geplanten Hochwasserschutz. Diesmal standen die Maßnahmen vom Stadtwehr bis zur Kleingartenanlage im Fokus.

"Es gibt beim Hochwasserschutz für Erding keine einfachen Lösungen", begann Constanze Hecker, Leiterin der Planungs- und Bauabteilung des Wasserwirtschaftsamts. Alle wollten einen besseren Hochwasserschutz, aber keiner wolle die Maßnahmen direkt vor der Haustür haben. "Wir sind deshalb in einer Zwickmühle, denn wir werden es nicht jedem Recht machen können", erklärte Hecker. Es gehe um die Verhältnismäßigkeit. "Wir hören uns gerne Hinweise und Anregungen der Bürger an, Enteignungen sollen vermieden werden", fügte sie hinzu.

Entlang des Fehlbachs sind mehrere etwa 30 Zentimeter dicke Hochwasserschutzwände, Geländemodellierungen aus Erde und mobile Hochwasserschutzelemente aus Aluminium - die im Notfall installiert werden müssen - an gefährdeten Häusern geplant. Eine Bürgerin wollte wissen, ob die Einsatzkräfte im Hinblick auf die mobilen Elemente zum Hochwasserschutz gefährdeter Objekte am Fehlbach auch für den Ernstfall bereits üben würden, damit diese Elemente aus Aluminium rechtzeitig an Fenstern und Türen der von Überschwemmungen besonders gefährdeten Häuser montiert werden könnten. Bei einem extremen Hochwasser müssten Einsatzkräfte der Feuerwehr die mobilen Elemente aus den Lagern holen und schnell einbauen können - dies müsse geübt werden, hieß es. Dazu habe es erst kürzlich ein Gespräch mit Vertretern der Stadt und der Feuerwehren gegeben, sagte Florian Barnerßoi vom zuständigen Ingenieurbüro für Wasserbau SKI.

Das Stadtwehr Erding war die letzte Station für das Planungsteam des Hochwasserschutzes. (Foto: Renate Schmidt)

Einige Bürger wollten zudem wissen, wie bei einem extremen Regenereignis die betroffenen Anwohner und Einsatzkräfte frühzeitig gewarnt werden könnten. Auch Grünen-Stadtratsmitglied Herbert Maier forderte künftig schnelleren Zugriff auf Daten zu den Niederschlagsmengen im Ernstfall, um sich rechtzeitig schützen zu können. Barnerßoi teilte dazu mit, dass es im Internet aktuelle Informationen über ein Niederschlagsmengen-Messnetz gebe. Constanze Hecker und Projektleiter Thomas Atzenhofer wiesen darauf hin, dass aktuelle Daten zur Sempt deshalb problematisch sind, weil Sempt und auch der Fehlbach bei extremen Regenereignissen sprunghaft sehr schnell an Volumen zu legen und die Welle - anders als an großen Gewässern wie Isar und Donau - schnell steigen könne. "Bei der Sempt läuft die Hochwasserwelle sehr schnell", sagte Hecker. Stadtratsmitglied Hans Balbach (Erding-Jetzt) stimmte zu: "Das geht dann zack, zack, zack."

Ein Erdinger öffnete gerade die Haustüre am Kreuzweg, als der Tross vorbei zog und kritisierte, dass für die mehr als ein Meter hohe, geplante Hochwasserschutzwand am Fehlbach einige seiner Sträucher und Bäume im Garten beseitigt werden sollen. Grundsätzlich fand der Anwohner aber gut, dass Wasserwirtschaftsamt und Stadt weitere Schutzmaßnahmen innerörtlich erwägen. In den Gärten und auf Terrassen zeugen immer noch einige gestapelte Sandsäcke von der Hochwasserlage 2013.

Vertreter des Wasserwirtschaftsamts und des Ingenieurbüros stellten sich erneut den Fragen und Anregungen der Zuhörer und verteidigten die Variantenwahl. (Foto: Renate Schmidt)

Hecker teilte mit, dass direkt von Maßnahmen betroffenen Grundstückseigentümern bereits Gespräche angeboten wurden und im Zuge der Entwurfsplanung weitere Gespräche vorgesehen sind. Florian Barnerßoi fügte an, dass die Hochwasserschutzwände am Fehlbach an einigen neuralgischen Stellen eingebaut werden sollen. Es sind dafür Baugrunderkundungen nötig. Auch neue Drainagen sind geplant. Am Kreuzweg und an einer Stelle der Franz-Xaver-Stahlstraße sollen Edelstahltüren mit Gummidichtung installiert werden, um den Fußgängerweg bei Überschwemmungen teilweise sperren zu können.

Beim Hochwasserschutz wird in Erding beim Wasserwirtschaftsamt München für ein Jahrhunderthochwasser plus Zuschlag von 15 Prozent wegen des Klimawandels geplant. Bei einem solchen Ereignis würde am Fehlbach die Kleingartenanlage an der Franz-Xaver-Stahlstraße am Volksfestplatz wohl teilweise überschwemmt werden, denn hier wird wegen der Kosten auf umfangreiche Schutzmaßnahmen verzichtet. Bei normalen Hochwasserereignissen werde dieser Bereich wohl aber nicht betroffen werden, hieß es von den Experten. Die gewählte Variante sei wirtschaftlich vertretbar und erfülle wichtige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Genehmigungsverfahren, die baufachliche Prüfung der Bezirksregierung und ein erfolgreiches Genehmigungsverfahren, das möglichen Klagen juristisch standhalten müsse, betonte Constanze Hecker. Hochwasserschutz durch Gewässerräumung und regelmäßige Bachauskehr sei keine Alternative, bringe keine wesentliche Verbesserung, fügte sie an.

Die ersten Maßnahmen zum innerörtlichen Hochwasserschutz könnten laut Thomas Atzenhofer nach dem Planfeststellungsverfahren - sofern es keine langwierigen Klagen gibt- frühestens in etwa zwei Jahren umgesetzt werden.

© SZ vom 21.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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