Dass es schon weit vor der Stadtgründung Erdings Siedlungstätigkeiten dort gab, ist schon länger bekannt und jetzt bei einer bauvorgreifenden archäologischen Untersuchung östlich der Alten Römerstraße in Langengeisling wieder bestätigt worden. In der vergangenen Woche sind bei Grabungen dort vier Körpergräber aus der Zeit um 300 vor Christus mit historisch bedeutenden Funden aus der Keltenzeit freigelegt worden. Wie Museumsleiter Harald Krause mitteilt, gelangen die Funde in das Eigentum der Stadt, so dass sie nach der Restaurierung im Museum Erding zu sehen sein werden. Auf den Ankauf einigte sich Oberbürgermeister Max Gotz mit den Eigentümern der betroffenen Grundstücke, Janine Krzizok, Daniel Krzizok und Eishockey-Nationalspieler Felix Schütz. Gemäß den rechtlichen Bestimmungen gehen historische Funde in das Eigentum des Grundstückseigentümers über, müssen von diesem jedoch fachgerecht konserviert und für die Nachwelt erhalten werden.
Bei den jetzt frei gelegten Gräbern handelt es sich um die Grabstellen von zwei Männern (30 bis 40 Jahre alt) und zwei Frauen. Beide starben offensichtlich im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Während die Gräber der Männer nur persönlichen Schmuck aus Eisen enthielten, waren die Frauen mit bronzenem Fuß- und Armringschmuck bestattet worden, mit jeweils vier massiv gegossenen Ringen. Krause zufolge kamen derart verzierte Hohlbuckelringe besonders im tschechischen Raum vor, was auf einen Zuzug von Bevölkerungsgruppen aus dieser Region im Zuge der in antiken Quellen überlieferten "Keltenwanderungen" des 3. und 4. Jahrhunderts vor Christus deutet. Außerdem fanden Archäologe Sikko Neupert und sein Team in Langengeisling filigran gearbeitete Fibeln aus Bronze, die als Sicherheitsnadeln zum Obergewand beider Frauen gehörten.
Der Fundort liegt direkt am Rand der heute wieder rückverfüllten "Distriktkiesgrube Langengeisling", in der bereits vor über hundert Jahren Kies gewonnen wurde. Dort wurden von Bauarbeitern 1924 die ersten Keltengräber entdeckt und durch das Landesamt für Denkmalpflege - damals noch das "Generalkonservatorium der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns" - ausgegraben. Weitere Gräber wurden 1926 und 1931 gefunden sowie 1949 im Zuge des Kiesabbaus zerstört. Der bisher letzte Fund kam 1985 in der direkten Nachbarschaft in der Tulpenstraße ans Licht. Mit bis dahin 15 Gräbern stellte das Areal bereits bisher einen der größten bekannten Friedhöfe aus dieser Zeit in Südbayern dar.
Die archäologischen Untersuchungen waren notwendig geworden, weil die Grundstücke zu Teilen in einem bekannten und in die Denkmalliste eingetragenen Bodendenkmal liegen. Nachdem der Stadtheimatpfleger für Archäologie Wilhelm Wagner und Helmut Szill den Humusabtrag archäologisch begleitet hatten und die vier Gräber und weitere Siedlungsreste (insgesamt 28 Befunde) in der Bauparzelle sichtbar waren, war klar, dass die Ausgrabung eine Fachfirma durchführen musste. Teile der früheren und teils spektakulären Funde sind heute in der Dauerausstellung im "Kelten Römer Museum" in Manching, einem Zweigmuseum der Archäologischen Staatssammlung München, ausgestellt.