Die Herbstausstellung des Kunstvereins Erding trägt den kurzen und knappen Titel "Im Kasten". Das darf man getrost wörtlich nehmen. Im Unterschied zu den vorausgegangenen Ausstellungen des Kunstvereins ist "Im Kasten" keine thematische, sondern eine formale Vorgabe. Die Teilnehmer erhielten alle Holzkästen im absolut gleichen Format. Wie sie diese dann mit kreativem Inhalt füllten, veränderten und gestalteten, blieb jedem frei und selbst überlassen. Von heute an kann man sich im Frauenkircherl ansehen, was den Mitgliedern des Kunstvereins so alles eingefallen ist.
Peter Breth hatte die Idee zur "Im Kasten"-Ausstellung. Der Vorsitzende des Kunstvereins hat die Voraussetzungen gewissermaßen auf den Kopf gestellt. Während man sich bisher üblicherweise ein inhaltliches Stichwort gab und bei der künstlerischen Umsetzung keinerlei Einschränkungen setzte, war es nun anders herum. Die Kästen aus Sperrholz geben den Rahmen vor und begrenzen die Objekte. Breth hat sie mit Hilfe des Grüntegernbacher Schreiners Georg Hagl angefertigt. Es sind ganz einfache Dinger aus Sperrholz, 50 Zentimeter breit, 40 Zentimeter hoch und acht Zentimeter tief.
Herausgekommen ist aber alles andere als einförmige Gleichheit. Im Frauenkircherl hängen nun zwar 40 Kästen streng auf gleicher Augenhöhe in einer Reihe. Doch in Form, Konzept, Material und Ausdruck könnten die einzelnen Werke nicht unterschiedlicher und abwechslungsreicher sein. Die meisten Künstlerinnen und Künstler nutzen die vorhandene Räumlichkeit, um sie mit Gegenständen aller Art zu befüllen. Mit Pflanzenteilen, wie Holzstücken, kleinen Ästen, Schalen von Früchten, Blättern oder Dornenranken, naturbelassen oder bemalt. Andere haben Köpfe oder Figuren aus Pappmaché und Ton geformt oder fertige Figuren und Püppchen für ihre Assemblagen genutzt. Auch Fotografien, Schnüre, Folien, Spiegel, Keramikscherben, Knöpfe und was sonst nicht noch alles finden sich in den Objekten. Auch die Farbigkeit ist vielfältig: Von leuchtend grellbunt über erdige Naturfarben bis zum düsteren Grau und Schwarz geht die Palette.
Christa Walde, die für ausdrucksstarke, mythisch wirkende Plastiken bekannt ist, zeigt in ihrem Werk "Schlechte Zeiten" zwei Figürchen, die wie eine Mischung von Voodoo-Puppe und Christkindl-Figur wirken. Sie hat einen faszinierenden und verstörenden Guckkasten geschaffen, der nicht einfach zu dechiffrieren ist. Ein Gegensatz und eine Parallele dazu ist der Kasten von Gabi Dräger. Auch hier hat die Künstlerin Figuren verwendet, in diesem Fall Barbie- und Ken-Puppen und Plüschtiere. Das Spielzeuggruppe ist monochrom in Neonrosa getaucht und setzt sich grell vom schwarzen Hintergrund. Das strahlt zwar hell, aber keine Zuversicht aus, wie der Titel "Die Zukunft ist pink" ironisch suggerieren möchte. Peter Breth hat mit bleichem Treibholz ein nachdenkliches Kastenbild geschaffen. "Die Hoffnung stirbt zuletzt" zeigt ein gespenstisches Boot auf einer nächtlichen Wasserfläche, die von einem giftig gelbem Vollmond beleuchtet wird. Menschen sind nicht explizit abgebildet, aber in großer Deutlichkeit zu erkennen. Maria Webers Beitrag "Schwamm drüber" ist hingegen ein ganz und gar abstraktes und munteres Bild. Die Künstlerin haucht 28 Putzschwämmen, die eigentlich für pure Reinlichkeit sorgen sollten, mit bunt-glänzenden Farbschichten ein fröhlicheres Leben ein.
Nach der Vernissage am Donnerstagabend ist die aktuelle Herbstausstellung des Kunstvereins kürzer als sonst üblich zu sehen: Von diesem Freitag, 19. Oktober, nur bis zum kommenden Mittwoch, 24. Oktober. Das Frauenkircherl am Erdinger Schrannenplatz ist täglich von 13 bis 19 Uhr geöffnet. Zur "Langen Nacht der Museen und Galerien" am Freitag in einer Woche, 26. Oktober, werden die Kunst-Kästen noch einmal im neuen Domizil des Kunstvereins Erding, im Obergeschoss des Haus am Rätschenbach 12, von 19 bis 22 Uhr zu sehen sein.