Süddeutsche Zeitung

Kunst:Vater und Sohn vereint in Distanz und Nähe

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Kein Druckfehler: "Von Menschen und Bluemen" ist der Titel einer Ausstellung. Im Frauenkircherl sind von Freitag an neben Gemälden in Acryl und Öl auch blaue Holzskulpturen zu sehen.

Von Florian Tempel, Erding

Man muss genau hinschauen. Auf der Einladung steht, auf den ersten Blick, als Titel der Ausstellung "Von Menschen und Blumen". Dann entdeckt man, dass am "u" noch ein ganz schmales "e" dran geklebt ist. Es heißt also richtig "Von Menschen und Bluemen". Blaue Männer, das macht doch sofort Sinn. Auf dem Titelbild der Einladung sind eine blaue Holzskulptur und ein blauer Mann auf einem blauen Bild zu sehen. Die Skulptur ist von Harry S., das Gemälde von seinem Sohn Florian Maierhofer - Vater und Sohn stellen von Freitag, 10. November, an eine Woche lang gemeinsam im Erdinger Frauenkircherl aus.

"Es macht mich glücklich und stolz", sagt Harry S., dass sein Sohn mit ihm zusammen eine Ausstellung konzipiert hat. Florian Maierhofer lebt mit seiner Familie weit weg, in Brest in der Bretagne. Dort arbeitet der 34-Jährige gewöhnlich drei Tage in der Woche in einer Behinderteneinrichtung und drei Tage als freier Künstler. Für die Ausstellung in der Großen Kreisstadt Erding hat er eine Serie von 20 Gemälden in Acryl oder Öl auf Leinwand geschaffen. Mittlere Formate, die klar erkennbare Menschen in einer nicht ebenso klaren Umgebung zeigen.

Harry S. steuert für die Ausstellung im Frauenkircherl 14 Holzskulpturen dazu. In harter Arbeit, sagt er, da er sechs bis acht Stunden am Stück mit der Kettensäge aus dem Holz Figuren freilege. Der 58-Jährige tut's freilich gerne. Er hat sich 20 Jahre lang ein großes Holzlager angelegt, mit zum Teil riesigen, tonnenschweren Eichen- und Eschenstämmen, einige 1,30 Meter im Durchmesser und acht Meter lang. Den Holzfundus will er ab- und aufarbeiten. Für die Ausstellung mit seinem Sohn hat er aber mittlere Formate geschaffen, keine Riesen.

Die Skulpturen zeigen Menschen in sehr verschiedenen Situationen. Ein tanzendes Paar, einen Mann, der in die Ferne schaut, eine sitzende Frau oder ein Mann mit einem Kind auf der Schulter. Einige Figuren sind blau. Harry S. grundiert dazu die Oberfläche des Holzes zuerst weiß und trägt dann viele Schichten blauer Tusche auf, wodurch eine tiefe Brillanz entsteht.

Andere Skulpturen sind schwarz geflammt. Ein kleines Paradoxon: Die sägerraue Oberflächenstruktur wird dadurch weicher, die Kontraste der Figur jedoch schärfer.

Das Titelbild der Ausstellung zeigt auf dem Gemälde des Sohns den Vater: Harry S. mit Hut, winkend und vor dem Meer der Bretagne. Das Bild ist nach einem Foto entstanden, eine Urlaubs-Erinnerung, geknipst, als er seinen Sohn in Frankreich besucht hat.

Die "Blueman"-Skulptur von Harry S. winkt ebenfalls. Ist er das selbst? Dazu sagt er nichts. Muss auch nicht sein. Aber schön und klug ist das Gegenüberstehen von etwas Gleichem und doch auch etwa ganz Anderem in jedem Fall: Distanz und Nähe, eine Vater-Sohn-Beziehung.

Beide sind Künstler und machen ihre Arbeit professionell, man kann ihre im Frauenkircherl ausgestellten Werke auch kaufen, einzeln oder im Duett.

Die Vernissage findet am Freitag, 10. November, um 19 Uhr statt. Am Mittwoch, 15. November, wird Harry S. um 19 Uhr das Wort ergreifen und über ein Thema sprechen, dass ihm sehr am Herzen liegt: "Was rostet die Welt?" heißt sein durch seine eigene Arbeit und die herben, beleidigenden Reaktionen darauf inspirierter Vortrag zur Geschichte und Kunstgeschichte von Stahl und Rost. Da auch das Arbeit gemacht, kostet der Eintritt zu der Veranstaltung fünf Euro.

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Quelle:
SZ vom 09.11.2017
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