Süddeutsche Zeitung

Handwerk:Auf die gute Form kommt es an

Schreinergesellen können bei einem Gestaltungswettbewerb ihre Gesellenstücke präsentieren - der Publikumspreis geht an Hanna Bannier, eine Schreinerin aus Forstern

Von Julia Kainz, Erding

Schränke, Schreibtische, Kommoden oder Sitzmöbel: Bei dem Gestaltungswettbewerb "Die Gute Form" können frischgebackene Schreinergesellen ihre Gesellenstücke präsentieren und dabei etwas gewinnen. Ins Blickfeld wird der Stellenwert der Gestaltung im Schreinerhandwerk gerückt, wie Barbara Huber vom Fachverband Schreinerhandwerk Bayern erklärt. Eine Gesellin aus Forstern war bei dem bayernweiten Wettbewerb, der vor kurzem in München stattfand, unter den Gewinnern.

"Der Wettbewerb soll den beruflichen Nachwuchs motivieren, sich frühzeitig mit dem Thema Gestaltung auseinanderzusetzen", berichtet Huber. Bis zu einem bundesweiten Wettbewerb könne man es schaffen. Zuvor müssen sich die Schreinergesellen aber auf zwei anderen Ebenen beweisen. Die erste ist die Innungsebene, was Huber zufolge in etwa einem Landkreis entspricht. In Erding präsentieren die teilnehmenden Gesellen ihre Werke bei der Ausstellung "Gute Form". In den vergangenen Jahren hat das im Erdinger Frauenkircherl stattgefunden, wie Birgit Link von der Kreishandwerkschaft Erding mitteilt. Eine unabhängige Jury, die aus bis zu fünf Ehrenamtlichen besteht, bewertet die Stücke. Wie Link erklärt werde besonders auf Originalität, Gestaltungsqualität, Modernität, Funktionalität und technische Qualität Wert gelegt. Das heißt zum Beispiel, die Stücke müssen aus eigenständigen Ideen entstanden sein, dürfen keine vergangenen Stilepochen nachahmen und müssen richtige Proportionen haben. Außerdem muss das Material passend gewählt sein. Die Jury wählt die ersten drei Plätze, der oder die Erste jeder Innung kann dann bei der nächsten Ebene des Wettbewerbs teilnehmen: der landesweiten. Bei der Erdinger Innung war das Hanna Bannier. Sie hat ihre Ausbildung bei der Firma Holzrausch in Forstern gemacht und überzeugte die Jury mit einem Nussbaumtisch mit umlaufender eingelassener Messinglisene.

Der bayernweite Wettbewerb fand vor kurzem auf der Messe Heim+Handwerk in München statt. Fünf Tage lang lief dort die Sonderschau "Die Gute Form", wo der oder die Beste jeder Innung sein Gesellenstück ausstellen konnte. Eine vierköpfige Jury bewertet diese nach denselben Kriterien wie auf der Innungsebene. "Wir gehen gemeinsam durch die Ausstellung. Die besten zehn kristallisieren sich meist schnell heraus, dann schauen wir noch einmal genauer", erklärt Florian Klein vom Fachverband Schreinerhandwerk Bayern, wo er für den Bereich Berufsbildung zuständig ist. Er war schon viermal Teil der Jury. Die Jurymitglieder küren dann zwei gleichwertige Sieger. Diese qualifizieren sich für den bundesweiten Wettbewerb. Der findet dieses Jahr im Mai auf der Ligna Messe in Hannover statt. Für weitere gute Werke kann die Jury außerdem Belobigungen aussprechen. Und auch einen Publikumspreis gibt es. "Die Messebesucher der Sonderschau bei der Heim+Handwerk haben jedes Jahr die Gelegenheit, aus allen ausgestellten Gesellenstücken ihren Favoriten auszuwählen. Das Stück mit den meisten Stimmen erhält den Publikumspreis", erklärt Huber. Den konnte die Erdingerin Hanna Bannier dieses Mal mit ihrem Nussbaumtisch abräumen.

Wie Klein berichtet, sind die von der Jury gewählten Sieger und der Gewinner des Publikumspreises meistens nicht dieselben Teilnehmer. Klein zufolge liegt das daran, dass die Jury genauer hinschauen kann. "Das Publikum bewertet nur die Hülle. Es kann die Stücke nicht anfassen, wir können aber zum Beispiel Schubläden öffnen", erklärt Klein. Außerdem bewerte die Jury auch den Aufwand und die Arbeitsstunden, die hinter den einzelnen Stücken stecken. In der Regel sollten etwa 100 Arbeitsstunden an dem Werk gearbeitet worden sein. "Jemand, der 200 Stunden daran gesessen ist, kann nicht so bewertet werden wie jemand mit 100 Stunden. Das wäre keine Chancengleichheit", so Klein.

Die Sieger erwartet ein Preisgeld. Und auch der Gewinner des Publikumspreises bekommt 250 Euro, wie Bannier berichtet. Die frischgebackene Schreinergesellin arbeitet nach wie vor bei ihrem Ausbildungsbetrieb in Forstern. Den Meister werde sie aber nicht sofort machen. "Zuerst möchte ich noch einige Erfahrungen sammeln", sagt sie. Auf ihre Leistung kann sie aber auf jeden Fall stolz sein. Denn bei dem Wettbewerb zu gewinnen ist nicht einfach. 49 Konkurrenten hatte Bannier in München. Eine Teilnehmerin aus der Innung Erding erhielt vor ihr zuletzt im Jahr 2014 eine Auszeichnung: eine Belobigung.

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Quelle:
SZ vom 25.01.2019
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