Handel im Landkreis:Noch läuft es

Brauereien verzeichnen Umsatzrückgänge, weil die Gaststätten geschlossen haben. Getränkemärkte verkaufen nun mehr Bier, Umsätze bei Wein und Spirituosen bleiben gleich

Von Korbinian Hartmann, Erding

Gaststätten sind geschlossen, jegliche Feierlichkeiten untersagt. Durch die Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird in der Öffentlichkeit kein Alkohol mehr konsumiert. Für Brauereien und Lieferanten bedeutet das Verluste. Als Teil der Grundversorgung sind Getränkemärkte aber weiterhin geöffnet, Lieferungen zum Kunden nach Hause finden ebenfalls statt. Wie wirkt sich die ungewöhnliche Situation auf den privaten Kauf von alkoholischen und anderen Getränken aus?

Tatsächlich verzeichnet das Eittinger Fischerbräu beim Verkauf von Flaschenbier laut Braumeister und Juniorchef Tobias Vincenti ein leichtes Absatzplus. "Ich vermute aber, dass das mit den anfänglichen Hamsterkäufen zusammenhängt." Die Brauerei beliefert vor allem Privatkunden und schon seit etlichen Jahren auch direkt vor die Haustür. "In diesen Zeiten ist das für uns ein großer Vorteil." Der Verkauf von Fassbier sei zwar rückläufig, doch weil auch viele nicht-alkoholische Getränke wie Limonaden gekauft werden und der Fassbieranteil insgesamt gering sei, könne die Privatkundschaft die Ausfälle bislang einigermaßen kompensieren.

Handel im Landkreis: Im Fischerbräu in Eitting hat Braumeister und Juniorchef Tobias Vincenti zu tun.

Im Fischerbräu in Eitting hat Braumeister und Juniorchef Tobias Vincenti zu tun.

(Foto: Renate Schmidt)

Deutlich gestiegen ist der Absatz bei Bier sowie bei Wasser, Limonaden und Säften derzeit auch im Getränkemarkt Orterer in Erding, wie Geschäftsführer Walter Orterer sagt. "Die Verkaufszahlen von hochprozentigen Alkoholika nehmen jedoch ab." Die Orterer-Kunden kauften noch persönlich im Markt, wo mit Abstandshaltern am Boden sowie Plakaten auf Sicherheitsmaßnahmen verwiesen werde. Weil aber insgesamt viel gekauft wird, käme es bei Getränken in der 0,7-Liter-Brunneneinheitsflasche zu Engpässen. "Teilweise erhalten wir Ware nur noch im Tausch Vollgut gegen Leergut", so Orterer.

Vom selben Problem berichtet Martin Gritz, Geschäftsführer im Getränkecenter Erding. Bei den Absatzzahlen könne er jedoch keine Veränderungen feststellen, auch keine negativen, denn das Unternehmen verkaufe nur an Privatkunden.

Ähnlich ist die Lage in Erdinger Supermärkten. In den Feneberg-Filialen wird laut Presseabteilung nicht mehr Alkohol als sonst gekauft, ein weiterer Markt verzeichne auch lediglich beim Bier einen leichten Anstieg, so ein Mitarbeiter. Bei Wein oder Spirituosen fielen aber keine nennenswerten Unterschiede in der Nachfrage auf.

Handel im Landkreis: Das Fassl von Dimitrios Zarogiannis in Erding verzeichnet weniger Kunden.

Das Fassl von Dimitrios Zarogiannis in Erding verzeichnet weniger Kunden.

(Foto: Renate Schmidt)

Auch beim Weinhandel Prestige in Bockhorn merke man keinen Anstieg der Verkaufszahlen, wie Geschäftsführer David Dupuy sagt. Private Lieferungen gebe es nach wie vor, gehamstert werde aber nicht - denn die Kunden seien Genießer: "Die Produkte stammen von Familienbetrieben und sind entsprechend teuer und hochwertig." Einige Anfragen und größere Veranstaltungen wie Weinproben wurden zwar verschoben, Ausfälle seien bisher jedoch überschaubar.

Dass gerade überhaupt keine Feierlichkeiten stattfinden, spürt auch Bernhard Sterr, Geschäftsführer des gleichnamigen Getränkemarktes in Moosen. "Zuvor ist pro Woche mindestens ein Fünfkühler-Anhänger zu Geburtstagsfeiern oder Ähnliches bestellt worden." Auch Lieferungen an Büros wurden reduziert, weil viele inzwischen ja im Home-Office arbeiteten. Sterr ist froh, dass beim sonstigen Heimservice und im Markt das Geschäft normal weiterlaufe. Verkäufe an die Gastronomie fallen für das Unternehmen ganz aus.

Von geschlossenen Gaststätten sind vor allem auch Brauereien wie der Erdinger Weißbräu betroffen. "Das bedeutet für uns und die gesamte Getränkeindustrie natürlich einen herben Verlust. Auch wir sehen deshalb einem schwierigen Jahr entgegen", so Marketingleiter Josef Westermeier. Trotz guter Verkaufszahlen im Einzelhandel könne der private Konsum den entgangenen Umsatz aus Restaurants, Gaststätten oder Hotels nicht kompensieren.

Sehr deutlich spürt auch Das Fassl in Erding die Corona-Krise. "Wir machen derzeit etwa 90 Prozent weniger Umsatz", sagt Inhaber Dimitrios Zarogiannis. Seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen kämen deutlich weniger Leute in das Geschäft, wenn kauften sie aber Essig oder Öl statt Wein und Spirituosen.

Handel im Landkreis: Beim Fassl kann man sich Whiskey, Rum oder Sherry selbst abfüllen.

Beim Fassl kann man sich Whiskey, Rum oder Sherry selbst abfüllen.

(Foto: Renate Schmidt)

Welche langfristigen Auswirkungen das haben wird, kann Zarogiannis aktuell nicht sagen. Für Josef Westermeier ist die Dauer der Maßnahmen ein entscheidender Faktor für die Konsequenzen. "Ob Unternehmen mit Preiserhöhungen, Zusammenschlüssen oder Neuausrichtungen im Sortiment reagieren, wird sich zeigen." David Dupuy kann sich sogar vorstellen, dass Weinpreise sinken. "Weil etliche Messen ausfallen, bleiben viele Weine weiterhin gelagert, und das Angebot steigt." Möglicherweise käme es aber zu Lieferschwierigkeiten über nationale Grenzen hinweg. Insgesamt ist er optimistisch, auch weil die Krise in eine Zwischensaison fällt. "Im März und April spüren wir die Ausfälle nicht so sehr."

Genauso sieht es Tobias Vincenti. "Grundsätzlich wird im Sommer mehr Alkohol getrunken." Ob der Anstieg der Biernachfrage im Eittinger Fischerbräu anhält, wagt er zu bezweifeln. "Wenn die Menschen nicht in Gruppen zusammen sind, wird sich vermutlich das Trinkverhalten ändern."

Josef Westermeier wünscht sich für die kommenden Monate gutes Wetter, denn dann steige traditionell der Bierkonsum. Außerdem hofft er, dass sich die Situation baldmöglichst entschärft und die Gaststätten wieder eröffnen können.

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