Süddeutsche Zeitung

Erding:Habeck-Pläne stoßen auf großen Widerstand

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Haus- und Grundeigentümer, Heizungsinstallateure und sogar der Erdinger Mieterverein kritisieren das geplante Verbot von Öl-und Gasheizungen. Die einen, weil es praktisch nicht umsetzbar sei, der Verein, weil die Mieten dann noch weiter steigen.

Von Gerhard Wilhelm

Der Plan von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Verbot von Öl-und Gasheizungen stößt auch im Landkreis Erding auf Ablehnung. Und zwar nicht nur bei den Hausbesitzern, sondern auch bei den Fachbetrieben im Heizungsbau. Aber auch beim Mieterverein. Der befürchtet als Folge steigende Mieten, da die Kosten umgelegt werden. Nach Habecks Plänen soll zum 1. Januar 2024 "jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden". Vor allem mittels Wärmepumpen. Spätestens bis 2045 soll zudem die Nutzung von fossilen Energieträgern komplett beendet sein. Der Entwurf des Wirtschafts- und des Bauministeriums war Ende Februar bekannt geworden.

Strikt gegen die Pläne ist der Bayerischer Wohnungs- und Grundeigentümerverband (BWG) - auch der Erdinger Kreisverband. Kreisvorsitzender Jörg Kaiser verweist deshalb auf Thomas Fuhrmann, den Landesvorsitzenden. "Wenn die Pläne tatsächlich so umgesetzt werden, sind Gas- und Ölheizungen schlichtweg verboten. Ein Verbot ist immer schlecht. Man sollte so was besser durch Anreize, zum Beispiel finanzieller Art, regeln als Soll-Regelung." Ein schneller Wechsel bei defekten Anlagen zu einer mit erneuerbaren Energien sei auch wegen der langen Lieferfristen und des Handwerkermangels nicht machbar. Die geplante 20-Jahr-Übergangsregelung für bestehende Heizungen könnte sich nach Fuhrmann als "Salami-Taktik" herausstellen. "Irgendwann heißt es dann zehn Jahre." Dazu kommen "astronomische Kosten" für Wärmepumpen.

"Jedem Euro Energieeinsparung stehen dann möglicherweise zwei Euro Mieterhöhung gegenüber."

Der Mieterverein Erding befürchtet, dass die Kosten letztendlich bei den Mietern hängen bleiben - auch wenn Vorsitzender Frederic Hack grundsätzlich Modernisierung und Sanierung begrüßt, da sie oft mit niedrigeren Energiekosten danach verbunden seien. "Die Kosten kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen nämlich vollständig oder zu wesentlichen Teilen im Rahmen einer Modernisierungsmieterhöhung geltend machen. Nach der Modernisierung und Sanierung entstehen zwar oft niedrigere Energiekosten. Diese Einsparung ist in den allermeisten Fällen jedoch deutlich niedriger als der finanzielle Mehraufwand durch eine Modernisierungsmieterhöhung. Jedem Euro Energieeinsparung stehen dann möglicherweise zwei Euro Mieterhöhung gegenüber." Für die Mieter bestehe die Befürchtung, dass es in absehbarer Zeit günstige Wohnungen gar nicht mehr geben werde. "Wohnen wird insgesamt teurer. Die neuen Wohnungen haben eine hohe Grundmiete und sind deshalb für sozialschwache Mieter nicht finanzierbar. In den Altbauten fallen dann möglicherweise kostspielige Sanierungen an", sagt Hack. Dass die Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen ist, bestätigt der BWG-Landesvorsitzende: "Die neue Heizung wäre eine Modernisierung. Eine erzwungene. Da kann man zumindest acht Prozent der Kosten im Jahr auf den Mieter umlegen."

Die Fachbetriebe im Heizungsbau im Landkreis sehen zudem rein praktische Probleme, sollten die Habeck-Pläne 1:1 beschlossen werden. "Zum einen gibt es gar nicht genügend Wärmepumpen", sagt Agnes Stimmer von der Albert Stimmer GmbH in Taufkirchen. Und selbst wenn genügend Wärmepumpen geliefert werden könnten, sei der Einbau von den Firmen nicht zu schaffen, da man derzeit schon genügend ausgelastet sei mit dem laufenden Geschäft und Fachkräfte fehlen.

Ein Problem sind die Lieferzeiten von bis zu einem Jahr bei Wärmepumpen

Auch Christian Krause von der Krause GmbH Sanitär- und Heizungstechnik in Schwaig sieht dies so: "Das ist nicht machbar, gerade im Altbau. Bei den derzeitigen Strompreisen heizt man anschließend teurer als mit Öl und Gas." Zudem kosten alle nötigen Maßnahmen - von der Außenisolierung bis zur neuen Heizung - schnell mal bis zu 100 000 Euro. "Wenn man 60 ist und ein 50 Jahre altes Haus hat, steckt man keine 100 000 Euro ins Haus mehr. In unserer Region geht das ja noch, aber wenn das Haus nur 150 000 Euro kostet, wie in Franken, dann gibt man keine Heizung für 100 000 Euro aus." Das nächste Problem seien die Lieferzeiten von bis zu einem Jahr bei Wärmepumpen. "Was macht man, wenn die Heizung nicht zu reparieren ist", fragt Krause. Und dazu komme, dass Fachkräfte fehlen. Christian Krause kritisiert, wie der BWG, die Muss-Regelung: "Wenn, dann muss das von selber kommen, wenn alles so toll ist. Bei einem Muss ist jeder von Haus aus skeptisch." Und wo soll der ganze Strom herkommen, wenn alle E-Auto fahren und mit Wärmepumpen heizen sollen, fragt Krause.

Kaputte Heizungen soll man laut den Plänen noch reparieren dürfen. Bei Neubauten sollen Wärmepumpen als Standardlösung gelten. Auch Stromdirektheizungen, die mit Strom heizen, und Fernwärme wären möglich. In Sonderfällen soll die Pflicht zur 65-Prozent-Heizung entfallen, wenn es eine besondere Härte gibt, also der Umstieg für den Eigentümer wirtschaftlich unzumutbar ist. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist schon weit gediehen, entschieden ist aber noch gar nichts - nicht einmal innerhalb der Bundesregierung.

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