"Großer Mangel in der Bewertung":Wörth muss Hochwasserschutz nachweisen

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Kreistag knüpft auf Antrag von Oberbürgermeister Max Gotz Bedingungen an geplantes Baugebiet in Hofsingelding: Erst nach hydraulischen Berechnungen wird entschieden, ob es aus dem Landschaftsschutzgebiet entnommen wird

Von Thomas Daller, Erding

Einen heftigen Streit hat der Kreistag über eine geplante Wohnbebauung im Wörther Ortsteil Hofsingelding ausgefochten. Um eine Bebauung zu ermöglichen, hätte der Kreistag zustimmen sollen, das Areal aus dem Landschaftsschutzgebiet Sempt- und Schwillachtal herauszunehmen. Auf Antrag des Erdinger Oberbürgermeisters Max Gotz (CSU) wurde die Entscheidung zurückgestellt. Das Wasserwirtschaftsamt soll erst klären, ob eine Bebauung dazu führen würde, die Hochwassergefahr für Erding zu verschärfen.

Wörth ist statistischen Erhebungen zufolge die einzige Gemeinde im Landkreis Erding, die keine positive Bevölkerungsentwicklung aufweist. Die Einwohnerzahlen stagnieren und sind teilweise sogar rückläufig. Bauland ist daher sehr begehrt, denn eine innerörtliche Nachverdichtung ist nur in sehr geringem Umfang möglich. Die Gemeinde hat nun eine 3,3 Hektar große Fläche bei Hofsingelding ins Auge gefasst. Man rechne mit mehr als 100 Baubewerbern, schätzt die Gemeindeverwaltung. Dazu müsste das Gebiet allerdings aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen werden. Das ist kein alltäglicher Vorgang. In den vergangenen 30 Jahren ist das erst zweimal geschehen.

Ursprünglich sah es ganz danach aus, als würde der Kreistag die Herausnahme in Hofsingelding abnicken, nachdem bereits der Strukturausschuss einen einstimmigen Empfehlungsbeschluss zu diesem Vorhaben abgegeben hatte. Aber dann machte Gotz der Gemeinde Wörth einen Strich durch die Rechnung: Er habe großen Respekt vor dem kommunalen Hoheitsrecht, aus dem sich der Kreistag "tunlichst heraushalten" solle. Bei dem geplanten Baugebiet in Hofsingelding gebe es allerdings einen "großen Mangel in der Bewertung". Das fragliche Gebiet befinde sich im Mündungsbereich eines Grabens. Wenn sich dieser Graben fülle, weil die angrenzenden Flächen versiegelt wurden, könne sich der Zufluss ins Sempt- und Schwillachtal deutlich erhöhen. "Es wäre fahrlässig, wenn wir keine ausreichenden Bewertungen hätten", sagte Gotz. Immerhin handele es sich um 33 000 Quadratmeter, auf denen bisher Niederschläge versickern können. Er stellte daher den Antrag, vor einer Entscheidung das Wasserwirtschaftsamt einzubeziehen, das Berechnungen zum Hochwasserschutz anstellen solle.

Georg Els, Fraktionssprecher der Freien Wähler, wandte ein, bei der Bauleitplanung werde ohnehin die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes gehört. Helga Stieglmeier (Grüne) kritisierte, der Kreistag habe bei einem ähnlichen Fall in Dorfen 23 Hektar herausgenommen, ohne sich überhaupt mit der Hochwasserproblematik zu befassen. Und Max Kressierer (FW) argumentierte ebenfalls mit der Bauleitplanung: Wenn Wörth die Belange Erdings nicht genügend berücksichtige, habe die Große Kreisstadt immer noch die Möglichkeit einer Normenkontrollklage.

Landrat Martin Bayerstorfer entgegnete, bei der Bauleitplanung habe es die federführende Gemeinde in der Hand, die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes abzuwägen: "Die Nachbargemeinde hat keine weiteren Einflussmöglichkeiten." Josef Sterr (CSU), Kreisrat und Dorfener Altbürgermeister, betonte, dass Dorfen für viele Millionen Euro bereits Hochwasserschutzmaßnahmen errichtet habe. Das könne man nicht mit der Situation im Sempt- und Schwillachtal vergleichen. Und OB Max Gotz bescheinigte Kressierer ein "eigenartiges Verständnis nachbarschaftlicher Belange": "Eine Normenkontrollklage ist kein Umgang von Gemeinden untereinander." Man solle anständig und im Guten miteinander reden: "Wir werden noch viele Diskussionen haben, eine Klage ist das Letzte, was wir brauchen." Für Gotz' Antrag, die Herausnahme zurückzustellen, bis der Hochwasserschutz geklärt ist, stimmten 29 Kreisräte, und 25 waren dagegen.

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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