Größter Zuwachs beim Solarstrom:Boom der regenerativen Energien

Landkreis legt nach fünf Jahren den Energieatlas mit aktuellen Zahlen neu auf: Starke Zuwächse bei Fotovoltaik, Biomasse und Biogas, der Verbrauch an Heizöl und Erdgas sinkt

Von Thomas Daller, Landkreis

Der Landkreis Erding ist bei der Energiewende auf einem guten Weg: Obwohl die Zahl der Einwohner in den vergangenen fünf Jahren zugenommen hat, wird weniger Strom und Wärme verbraucht. Gleichzeitig wird immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Rein rechnerisch liegt der Deckungsanteil am Gesamtstromverbrauch bereits bei 124 Prozent. Außerdem wird weniger Heizöl und weniger Erdgas verheizt als noch vor fünf Jahren. Das geht aus dem neuen Energieatlas Landkreis Erding hervor, der die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre analysiert. Der Energieatlas soll dazu dienen, den weiteren Ausbau und die Nutzung regenerativer Energien im Landkreis Erding voranzutreiben.

Der Landkreis hat im Jahr 2012 den ersten Energieatlas, basierend auf den Daten von 2010, veröffentlich und nun das Werk mit den Zahlen aus 2015 fortgeschrieben. Der hohe Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch beruht insbesondere auf den Energiemengen der drei großen Wasserkraftwerke am Mittleren Isarkanal, die mit einer durchschnittlichen jährlichen Erzeugung von zusammen 303 Gigawattstunden einen Anteil von etwa 51 Prozent an der regenerativen Stromerzeugung im Landkreis Erding haben. Sie befinden sich aber nicht in kommunaler Hand, sondern gehören Eon. Sie werden dennoch mitgezählt, weil sie im Landkreis stehen. Ohne Berücksichtigung der drei großen Wasserkraftwerke könne derzeit rechnerisch etwa 63 Prozent des Stromverbrauchs im Landkreis durch regenerative Energien gedeckt werden.

Größter Zuwachs beim Solarstrom: Die Zahl der Fotovoltaikanlagen hat stark zugenommen.

Die Zahl der Fotovoltaikanlagen hat stark zugenommen.

(Foto: Johannes Simon)

Die Anteil der regenerativen Stromerzeugung am Verbrauch je Gemeinde schwankt stark. Nicht nur die Standorte der Wasserkraftwerke spielen dabei eine Rolle, sondern auch die Ballung von Biogasanlagen. So erzielen beispielsweise Hohenpolding mit 464 Prozent und Lengdorf mit 343 Prozent ihren Deckungsanteil überwiegend mit Biogasanlagen. In der Großen Kreisstadt Erding ist der Anteil der regenerativen Stromerzeugung mangels großer Wasserkraftwerke und Biogasanlagen mit neun Prozent landkreisweit am niedrigsten. Laut Energieatlas konnte die regenerative Stromerzeugung in den vergangenen fünf Jahren um 120 217 Megawattstunden (MWh) gesteigert werden, was einer Steigerung von etwa 25 Prozent im Vergleich zu 2010 entspricht.

Den größten Zuwachs mit einer Steigerung der erzeugten Strommenge von mehr als 90 Prozent in den vergangenen fünf Jahren verzeichnet dabei die Fotovoltaik. Die Anlagenzahl ist von 3300 Anlagen in 2010 auf 5485 in 2015 gestiegen, die erzeugte Strommenge konnte um 50 426 MWh gesteigert werden. Um etwa 47 Prozent, was 61 811 MWh entspricht, hat sich die Stromerzeugung aus Biomasse und Biogas in den vergangenen fünf Jahren erhöht. Insgesamt wurden dabei 27 neue Anlagen gebaut oder bestehende Anlagen erweitert. Die Stromproduktion aus Wasserkraft ist trotz zurückgegangener Anlagenzahl um etwa zwei Prozent und 7013 MWh auf 313 013 MWh gestiegen. Die Stromproduktion aus Windkraftanlagen ist mit 19 MWh aus elf Kleinwindanlagen eher gering. Der Landkreis hatte zwar gemeinsam mit allen 26 Städten, Märkten und Gemeinden einen Teilflächennutzungsplan "Windkraft" entworfen, der ein Potenzial von 34 Windenergieanlagen verzeichnete. Durch die 10-H-Regelung wurde der Entwurf jedoch Makulatur.

Größter Zuwachs beim Solarstrom: Biogasanlagen sind rentabel, wenn sie nicht allein der Stromerzeugung dienen, sondern auch die Wärme genutzt wird.

Biogasanlagen sind rentabel, wenn sie nicht allein der Stromerzeugung dienen, sondern auch die Wärme genutzt wird.

(Foto: Renate Schmidt)

Interessant sind auch die Ergebnisse der Bürgerumfrage hinsichtlich der Heizungsarten. Demnach ist der Anteil der Öl-Kessel um etwa acht Prozent auf 36 Prozent zurückgegangen. Dagegen ist der Anteil der Gaskessel um drei auf 36 Prozent gestiegen. Außerdem ist der Anteil der mit Nah- oder Fernwärme versorgten Gebäude von einem auf 3,5 Prozent gestiegen. Der Anteil von Pellet-Kesseln konnte von fünf auf sieben Prozent gesteigert werden. Von fünf auf zwei Prozent gefallen ist der Anteil der mit Strom beheizten Gebäude. Insgesamt ist der Anteil der fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas an der Heizenergieversorgung der Ein- und Mehrfamilienhäuser von 77 auf 72 Prozent zurückgegangen. Die Bürgerumfrage ergab außerdem, dass etwa 44 Prozent der Haushalte eine Solaranlage betreiben. Bei der Bürgerumfrage im Jahr 2010 waren es noch 31 Prozent. Die Solaranlagen werden nicht nur zur Brauchwassererwärmung genutzt, sondern bei einem Großteil der Anlagen auch zur Heizungsunterstützung. Darüber hinaus wird auch mit Brennholz der Verbrauch fossiler Energieträger vermieden: Fast zwei Drittel aller Haushalte im Landkreis verfügen zusätzlich zur Zentralheizung über einen Kachel- oder Kaminofen. Das hat eine Umfrage bei den Bezirks-Kaminkehrern ergeben.

Auch die positiven Effekte der Geothermie in Erding hebt der Energieatlas hervor. Die beiden Heizwerke erreichen derzeit einen Anschlusswert von 67 Megawatt und im Endausbau einen Gesamtanschlusswert von 75 Megawatt, was etwa 20 Prozent des Erdinger Wärmebedarfs entspricht. Dieser Fernwärmeanschlusswert entspricht einer Brennstoffmenge von sieben Millionen Litern Heizöl. Darüber hinaus werden dabei rund 11 000 Tonnen CO₂-Emissionen kompensiert.

Energiemanager Michael Perzl, der den Energieatlas sehr akribisch und übersichtlich verfasst hat, empfiehlt den Aufbau weiterer Nahwärmenetze in Siedlungs- und Ballungsräumen. Einige Gemeinden des Landkreises hätten bereits solche Netze errichtet und positive Erfahrungen gesammelt.

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