Süddeutsche Zeitung

Geschichtswerkstatt Dorfen:Standhafte Geistliche

Bei einem Vortragsabend werden vier Pfarrer gewürdigt, die zwischen 1933 und 1945 die Nationalsozialisten scharf kritisierten und dafür Verfolgung erlitten

Die Geschichtswerkstatt Dorfen hat ein weiteres spannendes Thema bearbeitet, das am Donnerstag in einer Woche präsentiert wird: Es geht um vier Pfarrer, die in Dorfen und Umgebung die Nationalsozialisten scharf kritisierten und dafür verfolgt wurden. Die katholischen Priester Carl Graf, Hermann Mencke, Johannes Gmeiner und Georg Grein gerieten zwischen 1933 und 1945 jeder für sich in Konflikt mit dem NS-Regime. Beim Geschichtswerkstatt-Abend werden sie jedoch nicht nur einzeln vorgestellt. Auch die Positionierung und das Verhalten der kirchlichen Obrigkeit in der Erzdiözese München und Freising in dieser Zeit wird beleuchtet.

Bettina Kronseder wird Hermann Mencke (1892-1946) vorstellen, der als Pfarrer in Garmisch 1933 vor der Reichstagswahl öffentlich vor der NSDAP warnte. Drei Jahre darauf wollte er zur Eröffnung der Olympischen Spielen 1936 nicht die Glocken läuten lassen, musste sich aber dem Geheiß von Kardinal Faulhaber beugen. 1940 wurde er zu 15 Monaten Zuchthaus verurteilt. Im November 1941 kam er als Pfarrer nach Dorfen, wo er weiterhin kritisch blieb.

Für Johannes Gmeiner (1904-2006) war Dorfen nach seiner Priesterweihe sein erster Einsatzort als junger Geistlicher. Heidi Oberhofer-Franz wird darlegen, wie auch er, zum Beispiel durch seine Jugendarbeit, von 1933 an immer wieder bei den örtlichen Partei- und Polizeibehörden aneckte. 1935 musste Gmeiner Dorfen verlassen. Auch andernorts wurde er durch Festnahmen und Verhöre, Hausdurchsuchungen und Anzeigen, Geldstrafen, Polizeihaft und mehrere gerichtliche Untersuchungen schikaniert.

Hans Elas referiert über Georg Grein (1901-1988), der als sogenannter Benefiziat von 1930 bis 1946 Pfarrer in Zeilhofen war. Grein hatte von 1936 an Konflikte mit lokalen und regionalen Nazibehörden, da er eine sehr rege Jugendarbeit entwickelte, die in Konkurrenz zur Hitlerjugend stand. Als er den Überfall auf Polen, mit dem der Zweite Weltkrieg begann, im Gasthaus Huber in Landersdorf aufs Schärfste kritisierte, wurde er für drei Wochen in Haft genommen. 1943 wurde er wegen Wehrkraftzersetzung zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt und in Landsberg am Lech inhaftiert.

Carl Graf (1884-1956) war von 1931 bis 1935 Pfarrer in Dorfen. Schorsch Wiesmaier wird sein Leben und Wirken nachzeichnen. Im April 1933 wurde Graf verhaftet, weil er bei einer Schulfeier gegen das Absingen des Horst-Wessel-Lieds mit den Worten "Pfui Teufel" protestierte und die Kinder zum Verlassen des Raumes aufforderte. Der Dorfener Schulleiter Josef Achatz und der zweite Bürgermeister Rudolf Streibl denunzierten ihn daraufhin. In der Anklageschrift 1933 hieß es dann, dass er weiterhin "bei jeder Gelegenheit Obstruktion gegen den nationalen Staat" betrieben habe. Aufgrund der ständigen Nachstellungen ließ sich Graf 1935 nach Berg am Laim versetzen. Auch dort handelte er sich bis Kriegsende wiederholt Verwarnungen ein.

Wiesmaier beleuchtet zudem die Rolle der Kirchenführung, die sich in einem Protokoll des Ordinariats von 1935 manifestiert. Dort heißt es: "Es ist selbstverständliche Pflicht des Klerus, in Predigt, Christenlehre und Religionsunterricht wie auch in der übrigen Seelsorge und in privater Aussprache sorgfältig alles zu vermeiden, was irgendwie als übelwollende Kritik an den staatlichen Einrichtungen und Aufgaben oder an den leitenden Persönlichkeiten im Staat gedeutet werden könnte."

Pfarrer während der NS-Zeit, Donnerstag, 24. Oktober, 19.30 Uhr, Sparkassensaal, Unterer Marktplatz 39; Gitarrenmusik von Pablo Hernandez.

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SZ vom 15.10.2019
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