Eröffnung in Dorfen:Gesellschaftskritische Gruppierungen unter einem Dach

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"GIKS" nennt sich das Büro am Kirchtorplatz, die Abkürzung steht für Geschichte, Internationalismus, Kultur und Solidarität. (Foto: Renate Schmidt)

Im neuen „GIKS“ treffen sich künftig die Geschichtswerkstatt, die AG International, die KunstAG und die GEW.

Von Thomas Daller, Dorfen

Am Kirchtorplatz, zwischen dem Wesnertor und dem ehemaligen Gasthaus „Zur Soafa“, ist in den ehemaligen Räumen einer Versicherungsagentur ein neues Büro eröffnet worden: GIKS prangt nun an der Fassade, eine Abkürzung für „Geschichte, Internationalismus, Kultur und Solidarität“. Dort teilen sich nun die Geschichtswerkstatt, die AG International, die KunstAG und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ein gemeinsames Büro und einen Veranstaltungsraum. Die vier Initiativgruppen haben bereits in der Vergangenheit bei verschiedenen Veranstaltungen untereinander kooperiert und planten schon seit Längerem, ihre Treffen und Aktionen auch räumlich zu bündeln.

Das GIKS wird getragen und verwaltet von den vier Gruppen und wird von vielen Einzelpersonen finanziell unterstützt. Es soll Raum bieten für Tätigkeiten, die kritisches Geschichtsbewusstsein fördern, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Krisen hinterfragen und allgemein auf ein solidarischeres Miteinander und internationale Verständigung zielen. In diesem Sinne stehe es auch für kulturelle und künstlerische Projekte zur Verfügung. Neben den regelmäßigen Nutzungen durch die vier Gruppen könne das GIKS auch von weiteren Personen oder Gruppen genutzt werden, die zum „solidarisch-emanzipatorischen Konzept“ passen.

Die Geschichtswerkstatt Dorfen gibt es seit 2017, sie ist seit 2022 ein gemeinnütziger Verein. Die ersten Jahre beschäftigten sich die Mitglieder überwiegend mit der bis dahin in Dorfen wenig beleuchteten NS-Zeit. Die Gruppe sieht sich in der Tradition der Geschichtswerkstattbewegung, die in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden ist, unter dem Motto: „Grabe, wo du stehst.“ Sie erforscht Geschichte von unten, aus der Sicht der „kleinen Leute“, wenn möglich unter Beteiligung von Zeitzeugen. Sie erinnert an die vielen vergessenen Opfer und an die häufig verschwiegenen Täter. 2023 hat die Geschichtswerkstatt Dorfen den Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung erhalten, einen Kulturpreis, der alle zwei Jahre verliehen wird.

Ferner ist die GEW mit dabei, die in Dorfen beispielsweise bei Maikundgebungen und ähnlichen politischen Veranstaltungen präsent ist. Die KunstAG ist eine Gruppe von Kreativen und Kunstschaffenden aus dem Raum Dorfen und setzt sich seit 2021 mit aktuellen gesellschaftskritischen Themen auf künstlerische Weise auseinander. Ihre Aktionen wollen Missstände und Ungleichheiten sichtbar und erlebbar machen.

Es gibt auch immer weniger Nebenzimmer, in denen man sich treffen kann

Die AG International Dorfen schließlich entstand Anfang der 1990er aus Antikriegsinitiativen und betrieb damals für einige Jahre mit dem Verein „Hilfe grenzenlos“ ein Ladenbüro am Rupprechtsberg. Sie beschäftigt sich vor allem mit internationalen politischen Themen und den zunehmenden Krisen. Stefan Brandhuber von der AG International sagte, die Idee eines gemeinsamen Büros habe schon eine längere Vergangenheit, weil die politische Arbeit inhaltlich und praktisch zusammenpasse. Alle Gruppierungen würden sich mit der „gesellschaftlichen Großwetterlage“ befassen und die Auffassung vertreten, dass man dabei nicht die Hände in den Schoß legen sollte.

Heidi Oberhofer-Franz von der Geschichtswerkstatt nennt auch noch einen profanen Punkt, warum man das Büro nun realisiert habe: In Dorfen werde die Auswahl von Gaststätten mit Nebenzimmern, in denen man sich häufig getroffen habe, immer kleiner. Zuletzt habe auch noch das Gasthaus Lebzelter geschlossen, dessen Nebenraum die Geschichtswerkstatt gerne genutzt habe.

Von der gemeinsamen Nutzung des Büros und des Veranstaltungsraums verspricht sich Oberhofer-Franz gegenseitige Synergieeffekte. So habe es Spaß gemacht, zusammen mit der KunstAG die Räume zu gestalten. Auch beim 1. Mai habe die KunstAG Plakate mit künstlerischen Auseinandersetzungen zum Thema Arbeit beigesteuert. Und nicht zuletzt sei es für die Gruppierungen auch wichtig, sichtbar im öffentlichen Raum zu sein, „damit es nach außen strahlt, dass es auch andere Meinungen gibt“.

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