Gedenkfeier in Moosburg:Weg mit allen Waffen

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Beim DGB-Antikriegstag in Oberreit wird auf die Sinnlosigkeit von kämpferischen Auseinandersetzungen hingewiesen

Von Karlheinz Jessensky, Moosburg

Seit 1957 ist der Antikriegstag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ein Tag des Mahnens und Erinnerns. Am 1. September 1939 überfiel Nazi-Deutschland Polen und entfachte den 2. Weltkrieg mit am Ende 60 Millionen Toten. Bei Oberreit, vor den Toren Moosburgs, besteht seit 1982 eine Gedenkstätte für die im Gefangenenlager Stalag VII A umgekommenen vorwiegend russischen Kriegsgefangenen. Hier fand jetzt auch wieder die zentrale Gedenkfeier des DGB Freising/Erding statt. Die Gedenkrede hielt SPD-Stadtratsmitglied Martin Pschorr.

Rund 30 Friedensaktivisten hatten sich versammelt. Im Gegensatz zu lang vergangenen Tagen verlief die gesamte Veranstaltung ruhig und friedlich. Bei unfreundlichem Wetter waren die meist älteren Besucher froh über die vom städtischen Bauhof aufgestellten Bierbänke, die sich als sehr nützlich erweisen sollten. DGB-Kreisvorsitzender Guido Hoyer stellte in seiner Begrüßung fest, der Antikriegstag sei so aktuell wie eh und je. Der Wehretat der Bundeswehr solle "auf Anordnung der NATO" auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts verbessert werden, die "Menschenvernichtungsindustrie" mache Gewinne, die Bundeswehr stehe seit 16 Jahren in Afghanistan, und dieses Land sei nicht sicherer geworden.

Die FreiSänger, ein Sänger-Quartett mit Gitarrenbegleitung aus Freising, unter der Leitung von Anton Setzwein, altbewährt in Sachen musikalische Umrahmung des Moosburger Antikriegstags, überzeugte auch heuer mit Gedichten und Liedern bekannter Autoren wie Erich Fried, Jura Seufer und Berthold Brecht. Gemeinsames Thema: die Sinnlosigkeit allen Krieges und die Zweifel, dass die Menschheit jemals aus ihren Fehlern lernen möge. Ein altgedienter Kämpfer gegen den Krieg auch Martin Pschorr, pensionierter Realschullehrer, seit 50 Jahren Mitglied in der Gewerkschaft Erziehung, Wissenschaft, Mitglied im Ortsvorstand des DBG Moosburg, Vorsitzender der Friedensinitiative Moosburg, dienstältestes Stadtratsmitglied, Initiator eines jüngsten Bürgerbegehrens und also rundherum einer, der immer zu gesellschaftlichen Themen und insbesondere Krieg und Frieden exponierte Meinungen vertreten hat. Das tat Pschorr auch bei diesem Antikriegstag. Eine ganze Stunde sprach Pschorr, mit einem 20-minütigen Anteil an historischen Bezügen zum 1. und 2. Weltkrieg und schließlich einer Analyse des aktuellen Weltgeschehens, die man gern in einem Vortragssaal und nicht im Nieselregen des ehemaligen "Russenfriedhofs" in Oberreit erlebt hätte. Fazit dieses Teils: Nie wieder Krieg, nirgendwo auf der Welt, weg mit allen Waffen. Nicht alle Thesen konnte man vorbehaltlos teilen, und die Überlänge ging manchem alten Genossen in die Knochen. Wohlwollendes Fazit eines jahrelangen Mitstreiters: "Da wollte einer wieder einmal die Welt erklären."

Martin Pschorr gelang dies sehr gut: propagandistische Unterfütterung sei bei den Nazis immer ein Mittel zum Zweck gewesen. Ausübung von Macht, Unterdrückung und Vernichtung anderer seien die Ziele. Die Nato verwandle große Teile der Welt in ein Schlachtfeld; Korea, der Irak, Syrien seien Exempel für Expansionsstreben. 65 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht. Die Nato rücke mit der Osterweiterung Russland immer mehr auf den Leib. 70 Prozent der Rüstungsexporte gingen aus Nato und EU in die Krisengebiete der Welt. Pschorr übte auch herbe Kritik an dem Aus- und Umbau der Bundeswehr "zur global agierenden Angriffstruppe." Die geplante Anmietung von Kampfdrohnen von Israel sei strikt abzulehnen

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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