Freisinger Historie:Diebstahl kostet den Kopf

Ernst Keller erzählt die Geschichte von Magdalena Schwaigerin

Von Alexandra Vettori, Freising

30 Jahre ist Magdalena Schwaigerin aus Freising alt, als sie am Samstag, 21. Juli 1770, in München geköpft wird. Verurteilt hat sie der "Churfürstliche Hochlöbliche Hofrath" wegen "diebischen Verbrechens". Das Urteil wird, wie damals üblich, mit dem Schwert vollzogen, auf der so genannten Köpfstätte nördlich des Münchner Hauptbahnhofs.

Der Fürholzer Heimatpfleger Ernst Keller ist bei den Recherchen für sein neues Buch "Vergessene Geschichten aus unrühmlichen Zeiten" auf die Geschichte der Schwaigerin gestoßen. Die Münchner Köpfstätte dagegen ist ihm schon bei mehreren Geschichten vorgekommen. Sie war ein gemauertes Podest, das man durch eine verschließbare Türe und eine Treppe erreichte. Die Vorrichtung samt zusätzlicher Wache diente der Sicherheit des Scharfrichters. Denn bei Fehlschlägen, die oft in einem blutigen Gemetzel an den auf Stühlen sitzenden Delinquenten endeten, musste er den Zorn der Menge fürchten. Die letzte öffentliche Hinrichtung mit dem Schwert erfolgte in München am 12. Mai 1854.

Freisinger Historie: In diesem Bereich der Fürstbischöflichen Residenz Freising arbeitete Magdalena Schwaigerin bis zu ihrer Verhaftung.

In diesem Bereich der Fürstbischöflichen Residenz Freising arbeitete Magdalena Schwaigerin bis zu ihrer Verhaftung.

(Foto: Marco Einfeldt)

Zu Magdalenas Zeiten war es üblich, dem gedruckten Todesurteil auch die "Urgicht", das oft erzwungene Geständnis, und eine "Moralrede" beizuheften, was Zuschauer bei Hinrichtungen dann für einige Kreuzer kaufen konnten. Danach ergab sich in ihrem Fall folgender Sachverhalt: Magdalena Schwaigerin, 30 Jahre, ist in Freising geboren. Verheiratet ist sie mit Alexander Schwaiger, einem Maurer, und hat zwei Kinder. Ihr Vater war ein Freisinger Musikant, ist aber ebenso wie ihre Mutter verstorben.

Magdalena Schwaigerin, Geköpfte aus Freising

Die Frau hat Tafelsilber im Fürstbischöflichen Palast zu Freising gestohlen und wurde dafür in München hingerichtet.

(Foto: Ernst Keller)

Im vorausgegangenen Winter (1769/70) hat Magdalena ihre "Gevätterin", also ihre Taufpatin, vertreten. Diese arbeitete als Spülerin in der Hofküche der Fürstbischöflichen Residenz auf dem Freisinger Domberg. Und weil sie ihren Dienst für etwa zwölf Wochen nicht versehen konnte, sprang Magdalena für sie ein. Eines Abends, so gestand sie vor Gericht, habe sie aus der Spültafel einen silbernen Teller entwendet, in ihr Körbchen gesteckt, nachts mit nach Hause mitgenommen und unter ihrem Strohsack versteckt, ohne Wissen ihres Mannes. Das wiederholte sie nach fünf Wochen und bald darauf ein drittes Mal.

Außerdem gestand sie, in der vergangenen Fasnachtszeit "drey kleine kupferne Kastrol" (Kastrol = Kasserolle, Topf mit Stiel) "auf diebische Art der Hofkuchel entzogen" habe. Dann habe sie einen großen kupfernen Topf mit Stiel und Deckel gestohlen und zu Hause den Stiel in das Feuer gelegt, um das eingeprägte fürstbischöfliche Wappen zu schmelzen. Weil dies nicht geglückt sei, habe sie das Wappen mit einer Feile ausgefeilt. Und schließlich gab sie noch zu, zweimal vier Servietten von der fürstbischöflichen Tafel entwendet zu haben. Wie sie laut Gerichtsprotokoll sagte, seien all die Gegenstände "über verschiedene Weibspersonen" verkauft oder versetzt worden. Mit dem Geld habe sie Schulden abbezahlt und die wirtschaftliche Not der Familie gelindert. Auch der Schaden für die fürstbischöfliche Küche ist vermerkt: 167 Gulden; die mahnenden Worte am Schluss der "Moralrede" enden wie folgt: "Ein Diebstahl, stiehlt man auch dem reichsten Herrn der Welt, bleibt allzeit strafenswert, gefehlt ist doch gefehlt. Der allerbeste Fürst wacht endlich gleichwohl auf, und lässt, obwohl mit Zwang, dem Rechte seinen Lauf. Die Schärfe wird anjetzt der Güte vorgezogen, oh hätte Schwaigerin dies alles vorerwogen."

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