Freising:Herz des Widerstands

Weggefährten bedauern Hartmut Binners Rückzug

Von Petra Schnirch, Freising

Eigentlich wollte Hartmut Binner am Freitag einen entspannten Vormittag mit einem seiner Enkel verbringen. Doch Facebook machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Doris Kraeker hatte noch in der Nacht gepostet, dass sie soeben die letzte Sitzung mit Binner als "Aufgemuckt"-Sprecher miterlebt habe. Da sie mit vielen Politikern und Startbahngegnern in der Region vernetzt ist, machte die Nachricht schnell die Runde - und mit Binners Ruhe war es vorbei.

Die interne Ankündigung Anfang der Woche, dass er nicht mehr für den Sprecherrat des Aktionsbündnisses kandidieren werde, überraschte selbst seine Mitstreiter. Die Neuwahlen wurden deshalb auf Herbst verschoben. Er spiele aber schon seit einem Jahr mit dem Gedanken, sagt der 77-Jährige. Den Ausschlag gaben dann letztendlich seine Ärzte, die ihm dringend nahe legten, etwas kürzer zu treten.

Gesundheitliche Probleme plagen Binner schon länger. Zuletzt aber habe er gespürt, dass es ihm selbst nach Reha-Aufenthalten nicht besser gegangen sei. Die seelische Belastung durch die anstrengende Arbeit sei einfach zu groß gewesen. "Meine Frau hat gesagt, dass sie mich nicht einmal mehr hat lachen sehen", sagt er am Telefon. "Jetzt bin ich auf einem guten Weg, wieder ein normaler Mensch zu werden."

Solche Worte könnte einer, der nicht erlebt hat, wie mit welcher Ernsthaftigkeit und Hartnäckig sich Binner in den vergangenen zehn Jahren als Aufgemuckt-Sprecher im Widerstand gegen die dritte Startbahn aufgerieben hat, vielleicht für etwas sehr pathetisch halten. Doch seine Weggefährten wissen, dass er "wahnsinnig gerackert hat". Für Stieglmeier ist Binner das "Herz des Widerstands".

Ganz zurückziehen will sich der 77-Jährige nicht. Er wird also wohl auch weiterhin bei Protestaktionen eines der Gesichter von Aufgemuckt sein. Allein durch seine Größe ist er nicht zu übersehen, wenn er bei Mahnwachen oder Politikerbesuchen stoisch mit Transparent, Anti-Startbahn-Button - und im Winter mit Pelzmütze - ausharrt und jede Gelegenheit zum Gespräch mit den Mächtigen nutzt. Wichtig war ihm von Anfang an, dass der Widerstand gewaltlos bleibt. Stolz ist er darauf, dass ihm, dem pensionierten Polizisten, dafür auch die Gegenseite Respekt zollt. "Jetzt freue ich mich auf eine etwas ruhigere Zeit", sagt Binner. Dennoch gibt es viele Momente, an die er gern zurückdenkt. Schönste Erlebnisse waren für ihn die Aktion "Occupy Staatskanzlei" und der anschließende Bürgerentscheid zur dritten Startbahn in München. Als der geschafft war, habe er ein paar Tränen vergossen, gesteht Binner. Trotz aller Besonnenheit ist er stets mit Emotion bei der Sache. Dass er nun dennoch loslassen will, das verdiene Respekt, sagt Helga Stieglmeier.

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