Freising:Droge Erdöl

Hochschul-Präsident Veulliet warnt vor Klimawandel

Von Petra Schnirch, Freising

Das Bild des Güterzuges zieht sich durch den ganzen Vortrag und dessen Länge sprengt die Vorstellungskraft. Auf einer Strecke von 8800 Kilometer reiht sich Kesselwagen an Kesselwagen, beladen mit 14 Milliarden Liter Erdöl - so viel verbraucht die Menschheit jeden Tag. Vor zehn Jahren habe er seinen Vortrag zum Thema Klimawandel noch rein wissenschaftlich gehalten, erzählt Eric Veulliet, Präsident der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Inzwischen will er Bilder in den Köpfen produzieren und Emotionen wecken, um bei seinem Publikum, wie an diesem Abend in der ökumenischen Hochschulgemeinde in Freising, einen Prozess in Gang zu setzen - "vom Wissen zum Tun".

Anhand von Zahlen und Kurven zeigt er, wie dramatisch die Situation bereits ist. 30 bis 40 Jahre werde die Klimaerwärmung in jedem Fall weiter gehen, selbst wenn jetzt eine radikale Wende gelänge. Die Folgen werden dramatisch sein, wie Veulliet anhand einer Weltkarte zeigte. Vor allem in großen Teilen Afrikas und Asiens wies diese rote Flächen aus - dort wird es 2050 kaum noch Wasser geben, "es wird zu einer massiven Massenflucht kommen", prognostiziert Veulliet. Der Begriff Klimaflüchtling "wird uns noch präsent werden". Außerdem sei verstärkt mit Wetterextremen zu rechnen, weil aufgrund der sich erwärmenden Ozeane mehr Wasser verdampfen werde.

Gerade seine Generation und die davor trage für diese Entwicklung Verantwortung, sagt der 54-Jährige. Das Öl bezeichnet er als "unsere Droge", ohne die nichts funktioniere. Er fordert stattdessen eine "Kultur der erneuerbaren Energien". Deren Anteil müsse deutlich und möglichst schnell wachsen, dies sei eine "Frage der Existenz". Veulliet selbst, der vor seinem Wechsel das Klimaforschungszentrum AlpS in Innsbruck leitete, hat für sich Konsequenzen gezogen. Die herkömmlichen Autos hat seine Familie verkauft. Sein Dienstwagen ist ein E-Mobil. Wenn möglich, fahre er mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sagt Veulliet. Er kaufe keine Avocados aus Chile oder Wein aus Australien, "der ist mir einfach zu weit gereist". Viele sagten sich, "was kann ich schon tun?"

, sagt Veulliet. Doch je mehr mitmachten, desto leichter ließen sich Veränderungen erzielen. Seinen Vortrag hat er mittlerweile über hundert Mal gehalten und er fordert auch sein Publikum auf, sich zum Klimabotschafter ausbilden zu lassen, er stelle die Unterlagen neuen Referenten zur Verfügung. Ob es nicht Momente gebe, wo auch er den Kopf in den Sand stecke, will ein Student von Veulliet wissen. "Ja", antwortet der HSWT-Präsident, aber er gebe nicht auf. Denn am schlimmsten wäre es, die Konsequenzen zu kennen und nicht zu reagieren.

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