Frauenhaus Erding:Ungewisse Aussichten

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Die Kreisvorsitzenden von Rotem Kreuz und Arbeiterwohlfahrt weisen angebliche Zusagen zurück, die Einrichtung viel günstiger als der bisheriger Träger betreiben zu können. Das Personal erwartet betriebsbedingte Kündigungen

Von Florian Tempel, Erding

Laut einem Sitzungsprotokoll hat Landrat Martin Bayerstofer (CSU) Ende Juni in nichtöffentlicher Sitzung im Kreisausschuss gesagt, das Rote Kreuz (BRK) und die Arbeiterwohlfahrt (AWO) hätten ihm "zugesichert", dass das Frauenhaus Erding unter ihrer Trägerschaft den Landkreis nicht mehr als 100 000 Euro kosten würden. Die Kreisvorsitzenden von BRK und AWO, der Taufkirchener Bürgermeister Franz Hofstetter (CSU) und der frühere dritte Landrat Fritz Steinberger (SPD), weisen eine solche Zusage zurück.

Hofstetter sagte der SZ, über konkrete Beträge lasse sich erst sprechen, wenn "unsere Angebot komplett ausgearbeitet ist". BRK-Kreisgeschäftsführerin Gisela van der Heijden sagte, dass sie erst vor etwa zwei Wochen den Auftrag erhalten habe, ein Konzept und einen Haushaltsplan auszuarbeiten. Da das Rote Kreuz nirgendwo in Bayern ein Frauenhaus hat, kann van der Heijden auch nicht auf verbandsinterne Vergleichszahlen und Erfahrungen zurückgreifen.

Der AWO-Kreisvorsitzende Steinberger sagte der SZ, auch er habe dem Landrat nichts zugesichert: "Mit den 100 000 Euro habe ich gar nichts am Hut." Dieser Betrag sei von Bayerstorfer ins Spiel gebracht worden, da das Frauenhaus in Freising den Landkreis Freising in diesem Jahr etwa 100 000 Euro kosten werde. Ein Sprecher des Freisinger Landratsamtes bestätigte, dass man im laufenden Jahr mit diesem Betrag rechne. Das Erdinger Frauenhaus hat hingegen einen Zuschussbedarf von etwa 160 000 Euro.

Steinberger sagte weiter, dass er Bayerstorfer zunächst einen ganz anderen Vorschlag gemacht habe, wie die AWO sich beim Thema Frauenhaus engagieren könne. Er habe den Aufbau eines zweiten Frauenhaus in Erding vorgeschlagen, da es bekanntlich zu wenige Frauenhausplätze gebe. Bayerstorfer habe ihm dann jedoch gesagt, er denke nicht über einen Ausbau nach, sondern überlege, dem bisherigen Träger zu kündigen. Nach der Kündigung will sich nun auch die AWO bewerben. In Dachau gibt es bereits ein AWO-Frauenhaus und Steinberger setzt auf eine Kooperation. Falls man Betreiber des Frauenhauses werde, würde man gerne die bisherigen Mitarbeiterinnen übernehmen. Ein Trägerwechsel dürfe nicht zu Lasten der Arbeitnehmerinnen gehen.

Die von Bayerstorfer allein verantwortete Kündigung des SkF München bedeutet für die vier Mitarbeiterinnen im Frauenhaus Erding und der inhaltlich angeschlossenen Interventionsstelle, dass sie sich auf betriebsbedingte Kündigungen ihrer Arbeitsplätze einstellen müssen. Die langjährige Leiterin des Frauenhauses, Angela Rupp, ist in einer nicht beneidenswerten Lage. Sie muss den Betrieb aufrecht erhalten - ihre Mitarbeiterinnen könnten angesichts der ungewissen Lage jederzeit kündigen. Sie muss aber gleichzeitig auch bei den Kreistagsfraktionen dafür werben, dass ihr Nocharbeitgeber SkF Träger des Frauenhauses bleibt, und sich nebenbei nach einem neuen Job umschauen. Die 15 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Frauenhauses haben bereits angekündigt, sich komplett zurückzuziehen, sollte es zu einem Trägerwechsel kommen.

Angesichts dieser Konsequenzen, die den reibungslosen Weiterbetrieb des Frauenhauses Erding vom 1. März 2018 an schwierig erscheinen lassen, lässt Bayerstorfer seine Büroleiterin, Karin Fuchs-Weber, folgendes mitteilen: "Das Frauenhaus als wichtige und notwendige Einrichtung für Frauen in Krisensituationen wurde von Landrat Bayerstorfer nie in Frage gestellt. Er betont auch, dass die Arbeit der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und auch des hauptamtlichen Personals im Frauenhaus Erding nicht hoch genug eingeschätzt werden kann."

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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