Frauenhaus Erding:"Da fällt einem nichts mehr ein"

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Das Erzbistum München und Freising, der SkF München und die ehrenamtlichen Mitarbeiter sind empört über die Aussagen von Landrat Bayerstorfer im Kreistag

Von Florian Tempel, Erding

"Wir sind erschrocken über das Niveau der Äußerungen, über die Beleidigungen und Unterstellungen." Der Sprecher des Erzbistums München und Freising, Bernhard Kellner, hat mit scharfen Worten auf die jüngsten Äußerungen von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) zum Thema Frauenhaus und Interventionsstelle reagiert. Bayerstorfer hatte am Montag im Kreistag dem Erzbistum vorgeworfen, dem Landkreis Erding die Finanzierung der Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt aufgebürdet und sich selbst aus der Verantwortung gezogen zu haben. "Wir weisen diese falsche Darstellung ausdrücklich zurück," sagte Kellner, "das ist nicht zutreffend." Und: "Wir finden es nicht angemessen, auf dem Rücken Not leidender Frauen Politik zu machen. Wir finden es sehr ratsam, zu einem differenzierten und sachlichen Dialog zu finden."

Kellner erklärte, es sei "ein übliches Verfahren", dass die katholische Kirche neue Einrichtungen mit einer Anschubfinanzierung überhaupt erst ermögliche. Genau so sei es bei der Interventionsstelle gewesen, die eng mit dem Erdinger Frauenhaus verbunden ist. Die Interventionsstelle war bei ihrer Einführung vor zehn Jahren eine der ersten in Bayern. Mittlerweile propagiert die bayerische Staatsregierung die flächendeckenden Einrichtung von Interventionsstellen in ganz Bayern.

Das Erzbistum finanzierte die Erdinger Interventionsstelle mehr als zwei Jahre, bevor der Landkreis auf Antrag der CSU-Kreistagsfraktion den wesentlichen Finanzierungsanteil übernahm und seit 2010 jährlich 38 500 Euro überweist. Kellner wies daraufhin, dass das Erzbistum den Träger des Frauenhauses und der Interventionsstelle, den Sozialdienst katholischer Frauen München (SkF), "permanent" mitfinanziere, "sodass das Erzbistum auch permanent finanzielle Mittel ans Frauenhaus und die Interventionsstelle gibt".

Die Geschäftsführerin des SkF München, Elke Prumbach, wies Bayerstorfers Mutmaßung zurück, der SkF gehe mit Spenden für das Frauenhaus Erding nicht ordentlich um. Landrat Bayerstorfer habe vielmehr ihr den "merkwürdigen Vorschlag" gemacht, der SkF solle die Spenden fürs Frauenhaus direkt beim Landratsamt abliefern. "Das musste ich ablehnen,", sagte Prumbach, "weil wir sehr sorgfältig mit den Spenden umgehen, die wir bekommen". In der Regel gäben die Spender ihr Geld für eine ganz konkrete Verwendung: "Sie wollen, dass ihr Geld den Frauen und gerade auch den Kindern direkt zugute kommt." Kaum ein Spender gebe Geld für "die allgemeinen Kosten", sondern fast immer "für etwas Zusätzliches", zum Beispiel um einen Ausflug für die Frauen und Kinder zu ermöglichen. Eingang und Verwendung der Spenden würde "immer bei uns notiert", sagte Prumbach, "wir können das jederzeit offenlegen".

Bayerstorfer hatte am Montag auch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Frauenhauses angegriffen. Dass diese ihre Solidarität mit dem SkF und dem hauptamtlichen Personal bekräftigt hatten, legte Bayerstorfer ihnen so aus, als ob es den Ehrenamtlichen nicht in erster Linie um die Betreuung von Schutz suchenden Frauen ginge. "Was soll man dazu sagen", sagte Karin Adams, die seit 22 Jahren unentgeltlich im Erdinger Frauenhaus mitarbeitet, "da fällt einem nichts mehr ein." Rosmarie Jell, ebenfalls seit vielen Jahren im Team der Ehrenamtlichen, sagte: "Ich mag mich auf dieses Niveau, auf das sich Herr Bayerstorfer begeben hat, nicht einlassen."

Adams räumte ein, dass sie und die anderen Ehrenamtlichen sich dem SkF verbunden fühlen. Denn der Sozialdienst katholischer Frauen nehme die ehrenamtlich geleistete Arbeit "schon immer sehr ernst". Die Anerkennung kommen mit kleinen, aber wohltuenden Gesten zum Ausdruck, wie einer Karte zum Geburtstag und zu Weihnachten. Zu Zeiten von Landrat Xaver Bauer (CSU) sei man von diesem zu einem gemeinsamen Essen eingeladen worden. Bayerstorfer habe diese Form des Dankes schon lange abgeschafft.

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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