Frauenhaus Erding:Bayerstorfer sucht die Konfrontation

Erweiterte Oeffnungszeiten der Aerztlichen Bereitschaftspraxis

Landrat Martin Bayerstorfer bleibt beim Thema Frauenhaus auf Konfrontationskurs.

(Foto: Stephan Görlich)

Der Landrat greift die Erzdiözese an und die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen der Einrichtung.

Von Florian Tempel, Erding

Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) ist beim Thema Frauenhaus und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt endgültig auf Konfrontationskurs. Ganz zum Ende der Sitzung des Kreistags am Montag - zuvor war das mit 3,3 Millionen Euro dreimal höher als erwartete Defizit des Klinikums abgesegnet worden -, griff Bayerstorfer beim Tagesordnungspunkt "Bekanntgaben" die Erzdiözese München-Freising an, unterstellte dem Frauenhaus einen fragwürdigen Umgang mit Spenden und beleidigte die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Frauenhauses. Danach beendete er die Sitzung ohne Erwiderungen und Stellungnahmen von Kreisräten zuzulassen.

Der Angriff auf die Ehrenamtlichen des Frauenhauses war der Höhepunkt einer unerwarteten und ungeahnt heftigen Schelte des Landrats. Das Frauenhaus hat 15 freiwillige Mitarbeiterinnen, die alle seit vielen Jahren dabei sind. Sie tragen wesentlich dazu bei, dass das Frauenhaus auch nachts, an Wochenenden und Feiertagen jederzeit erreichbar und in Betrieb ist. Die Ehrenamtlichen haben in einem gemeinsamen Brief angekündigt, ihre Mitarbeit einzustellen, falls der Träger des Frauenhauses, der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) München, ausgetauscht und das hauptamtliche Personal ersetzt werde. Bayerstorfer unterstellte den 15 Ehrenamtlichen nun, sie hätten schlechte Beweggründe: "Das bedauere ich, wenn es ihnen nur um eine Einrichtung geht und nicht um die Frauen, die dort Schutz suchen." Er habe geglaubt, die Ehrenamtlichen hätten "aus höheren Motiven" mitgearbeitet.

Die Leitung des Frauenhaus rückte er in ein ungutes Licht, in dem er ihr intransparenten Umgang mit Spenden vorwarf: "Was passiert mit Spenden, die an das Frauenhaus gehen? Mir scheint hier vieles unklar zu sein." Bayerstorfer hat bereits mehrmals klar gemacht, dass er sich vom Frauenhausträge SkF einen höheren Eigenbeitrag bei der Finanzierung des Frauenhauses gewünscht habe. Die Eigenbeteiligung bei sozialen Einrichtungen, die einen Wohlfahrtsverband oder Verein als Träger haben, ist in Bayern auf zehn Prozent der Gesamtkosten festgelegt. Der SkF steuerte zuletzt knapp 24 000 Euro zum Haushalt des Frauenhauses bei. Der gesamte Zuschussbedarf, den sich der Landkreis Erding bislang mit den Landkreisen Freising und Ebersberg teilt, lag zuletzt bei etwa 160 000 Euro. Da Freising aus dem bisherigen Dreierbund ausgestiegen ist, tragen von 2018 an nur noch zwei Landkreise den Fehlbetrag. Bayerstorfer rechtfertigte die Kündigung des SkF, der das Frauenhaus Erding seit 25 Jahren betreibt, erneut mit dem Ausstieg der Freisinger.

Der Landrat brachte die Kündigung auch in Zusammenhang mit der Interventionsstelle gegen häuslichen Gewalt. Die SkF-Geschäftsführung hat diesen Konnex schon vor zehn Tagen öffentlich gemacht: Bayerstorfer habe vorgeschlagen, der Landkreis werde den SkF weiter als Frauenhausträger akzeptieren, wenn er nicht mehr jährlich 38 500 Euro für die Interventionsstelle überweisen müsse. Im Kreistag befand der Landrat nun die Interventionsstelle als sehr teuer. Die Sozialpädagogin, die gewissermaßen die Interventionsstelle ist, "verdient nicht schlecht", sagte Bayerstorfer. Es sei "interessant", dass man für die Betreuung von etwa 100 Frauen pro Jahr, die Opfer häuslicher Gewalt werden, "eine Halbtagsstelle brauche". Weiter sagte er: "Kann die Erzdiözese nicht selbst einsteigen, wenn es so dringend geboten ist?" Zuvor hatt er geklagt: "Die Interventionsstelle haben wir nicht erfunden." In den ersten beiden Jahren ihres Bestehens wurde die Interventionsstelle, damals eine der ersten in Bayern, von der Erzdiözeses finanziert. 2010 übernahm auf Antrag der CSU der Landkreis den wesentlichen Finanzierungsanteil. Landrat Bayerstorfer hat das nicht vergessen, sieht es aber so: "Die Erzdiözese hat sich schlichtweg verabschiedet. Das ist nichtbesonders partnerschaftlich von einer Institution, der wir schon erhebliche Beträge überwiesen haben."

Das Konzept der Interventionsstellen ist bayernweit längst anerkannt und neue Interventionsstellen werden vom Freistaat seit 2015 finanziell gefördert. Sozialministerin Emilia Müller (CSU) sagte Ende 2015: "Unser Ziel ist eine angemessene flächendeckende Versorgung mit Interventionsstellen in Bayern."

Als die Sprecherin der Grünen-Fraktion, Helga Stieglmeier, zu Bayerstorfers Ausführungen etwas sagen wollte, ließ er das nicht zu. So seien nun mal "die Spielregeln". Und wer das nicht akzeptiere, müsse "sein eigenes Demokratieverständnis hinterfragen".

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