Forum in Taufkirchen:Fahrplan für eine inklusive Gemeinde

Taufkirchen strebt eine Gemeinschaft an, an der jeder Mensch gleichberechtigt teilhaben kann. Ein Forum liefert Ideen und Vorschläge

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Inklusion wird oft als optimale Integration von Behinderten verstanden. Aber das ist zu kurz gegriffen. Es geht vielmehr darum, dass gewisse Dinge, Örtlichkeiten oder Situationen für alle Menschen möglich und zugänglich sind. Die Gemeinde Taufkirchen hat sich 2015 als eine der ersten Gemeinden bundesweit zur inklusiven Gemeinde erklärt und nimmt diese Aufgabe sehr ernst: Bei einem "Forum Inklusion" am vergangenen Freitag im Wasserschloss diskutierten mehr als 80 engagierte Bürger, aufgeteilt in sieben Arbeitsgruppen, wie man diesem Ziel näher kommen könnte.

Der Gedanke ist in Taufkirchen bereits verankert

"Viel ist schon geschehen, viel ist noch zu tun", fasste Gemeinderätin Anneliese Mayer (CSU) die Ausgangssituation zusammen. Taufkirchen startet auf einem hohen Niveau: Vom Seniorenbeirat über das Mehrgenerationenhaus, Inklusionsgruppen und -klassen in Kitas und Schulen, abgesenkte Gehsteige, Barrierefreiheit in vielen öffentlichen Gebäuden und dazu noch eine heilpädagogische Tagesstätte, die derzeit im Bau ist, sowie ein Gemeindebus, den viele ältere Bürger nutzen - die Teilhabe aller Bürger am gesellschaftlichen, sozialen und beruflichen Leben ist schon lange im politischen Denken des Gemeinderats verankert.

Forum in Taufkirchen: Bauamtsleiter Günter Mayr setzte Impulse beim Forum Inklusion.

Bauamtsleiter Günter Mayr setzte Impulse beim Forum Inklusion.

(Foto: Renate Schmidt)

Der Gemeinderat profitiert dabei aber auch von einer starken Bürgerbeteiligung, die viele Ideen einbringt. So nahm beispielsweise Werner Fiedler an dem Forum teil und schilderte seine Erfahrungen als Blinder. Baustellen seien oft nur mit einem Absperrband gesichert, Hindernisse auf dem Gehweg sind für ihn ebenso mühsam wie Sträucher, die weit über den Zaun wachsen. Eine Postbotin berichtete von vereinsamten älteren Menschen auf ihrer Zustellroute und die Arbeitsgruppe diskutierte anschließend darüber, wie man ihnen helfen könnte.

Manche Lehrer wünschen sich Unterstützung

Kindergärtnerinnen schilderten ihre Arbeit mit Kindern, die einen "besonderen Bedarf" haben und wünschten sich mehr Personal oder kleinere Gruppen: "Inklusion zum Nulltarif gibt es nicht." Manche Lehrkräfte, die an dem Forum teilnahmen, sprachen offen über ihre Verunsicherung, dass nun alle Allgemeinpädagogen zu Sonderpädagogen werden sollten, ohne dafür ausgebildet zu sein. Sie wünschten sich eine bessere Vernetzung und eine Supervision.

Forum in Taufkirchen: Gemeinderätin Anneliese Mayer.

Gemeinderätin Anneliese Mayer.

(Foto: Renate Schmidt)

Eine Arbeitsgruppe "Bauen und Wohnen" unter der fachlichen Leitung von Günther Mayr vom Bauamt des Rathauses arbeitete eine Liste der öffentlichen Gebäude ab, um zu sehen, welche davon bereits barrierefrei sind und wo man noch mit Rampen und Aufzügen nachbessern muss. Darüber hinaus kam aus dieser Gruppe auch die Anregung, dass man bei neuen Bauprojekten die Investoren animieren solle, diese barrierefrei zu errichten.

Eine weitere Gruppe, die sich mit der Arbeitswelt auseinandersetzte, monierte, dass in ihrer Gruppe die Unternehmensvertreter fehlen würden. Sie regten eine Abfrage bei den Betrieben an, welche Erfahrungen sie beispielsweise mit Behinderten gemacht hätten, welche Hindernisse es gebe und wie es um die Bereitschaft stehe, Behinderte einzustellen.

Die Vorschläge werden aufgegriffen

Die Gruppe, die sich mit Vereinen, Freizeit und Sport beschäftigte, stellte fest, dass die 120 Taufkirchener Vereine untereinander nicht vernetzt seien. Für den weiteren Austausch benötige man eine Plattform im Internet. Darüber hinaus befassten sie sich mit der Frage, wie man den Leistungsgedanken in Sportvereinen mit Kindern, die diese Leistung nicht bringen könnten, unter einen Hut bringen könne: "Damit die nicht nur zuschauen dürfen."

Zum Schluss der Veranstaltung präsentierten alle Gruppen viele sehr konkrete Vorschläge und Anregungen. Das war ganz im Sinne von Bürgermeister Franz Hofstetter (CSU), der sich von den Teilnehmern gewünscht hatte, dass sie keine langen Thesenpapiere erarbeiten sollten: "Ich will ein kurzes Papier und eine gescheite Umsetzung." Mit den vielen Ideen, die eingebracht wurden, befasst sich am 21. November eine Lenkungsgruppe unter dem Vorsitz des Bürgermeisters. Daraus sollen dann Anträge an den Gemeinderat folgen. Und das Forum Inklusion soll dauerhaft bestehen bleiben: Ein nächstes Treffen ist für Januar oder Februar 2017 geplant, um den weiteren Fahrplan zu erarbeiten.

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