Forstinning:Von Engeln und Paradiesen

Eine göttlich-inspirierte Symbiose gehen die beiden Aquarellmalerinnen Eugenie Meyden und Sylvia Ibach in der Galerie im Tiermuseum ein

Von Alexandra Leuthner

Forstinning: Beiden Malerinnen gemeinsam ist ein höchst kunstvoller Umgang mit der Aquarelltechnik.

Beiden Malerinnen gemeinsam ist ein höchst kunstvoller Umgang mit der Aquarelltechnik.

(Foto: Christian Endt)

Das Paradies ist ganz genau zu verorten. Eugenie Meyden jedenfalls ist davon überzeugt. Die Forstinninger Malerin sucht den Garten Eden nicht irgendwo im Nirgendwo, im Jenseits, sondern bei uns. Auf der Erde. Und es kommt noch besser. Sie hat ihn längst gefunden und findet ihn immer wieder; täglich, wenn es gut läuft. Für die Künstlerin liegt das Paradies draußen in der Natur, im Rauschen des Windes in den Baumwipfeln, in jeder schimmernden Faser einer Silberdistel, im Brennen einer Mohnblume im hellen Gras.

Forstinning: Silvia Ibach stellt Geistwesen in den Mittelpunkt ihrer Bilder.

Silvia Ibach stellt Geistwesen in den Mittelpunkt ihrer Bilder.

(Foto: Christian Endt)

Und so sind es Eugenie Meydens "Irdische Paradiese", denen die eine Hälfte einer neuen Ausstellung in der Galerie im Tiermuseum gewidmet ist. Wie fast immer, hat sich Galeristin Renate Block aber noch einen zweiten Künstler, respektive eine Künstlerin in ihre Ausstellungsräume an der Münchener Straße geholt. Und weil die Weihnachtszeit - man mag es kaum glauben - nicht mehr allzu weit ist, und weil zu einem Paradies, und mag es noch so weltlich sein, irgendwie auch ein göttlicher Hauch gehört, hat Sylvia Ibach "Himmlische Engel" beigesteuert. Wo Meyden in der filigranen Perfektion, der feingliedrigen Pracht und Vielfalt der Natur völlig aufgeht, wo sie auf jede figürliche Gegenwart verzichtet, da konzentriert sich die aus Mönchengladbach stammende Sylvia Ibach einzig auf die eine - nennen wir es Person? - die sie in den Mittelpunkt ihrer Bilder stellt: den Engel, so wie sie ihn sieht.

Flüchtige Wesen aus Licht, die in der Aquarelltechnik nur durch Aussparung entstehen können, nicht durch Farbgebung, sind diese himmlischen Gestalten; nicht kitschig, nicht goldig, wie sie an barocken Altären und Kirchenportalen glänzen, sondern schlicht, klar, mehr aus dem Nichtsein als dem Sein geformt. Wo der Untergrund weiß durchschimmert, zaubert Ibach geflügelte Gestalten zu Tage, die in ihrer Transparenz so viel Raum zur eigenen Interpretation lassen, dass sie viel mehr Idee sind als figürliche Darstellung. "Jeder hat ja so seine eigenen Vorstellungen von Engeln", sinniert die Künstlerin aus Radebeul bei Dresden, nicht jeder glaubt daran. "Aber für mich sind sie existent, und ich stelle sie mir klassisch vor, mit Flügeln, damit sie schnell von A nach B fliegen können."

Forstinning: Eugenie Meyden (rechts) verzichtet bei ihren Naturimpressionen auf jede figürliche Gegenwart.

Eugenie Meyden (rechts) verzichtet bei ihren Naturimpressionen auf jede figürliche Gegenwart.

(Foto: Christian Endt)

2004 habe sie die Darstellung eines dieser Geistwesen zu den ersten eigenen Engelsbildern inspiriert, darunter auch jene Gestalt im bläulich-grünen Raum mit dem profanen Zusatz "V". Der untere Saum des durchscheinenden Gewands wirkt gerade noch so in der Gegenwart verwurzelt, die perspektivische Winzigkeit eines Kopfs ist längst dabei zu entgleiten und scheint darauf zu verweisen, dass Geistwesen niemals greifbar sind, göttliche Boten nicht aufzuhalten. Sie kommen, wenn sie mögen, oder wenn sie das Gefühl haben, gebraucht zu werden. Und verschwinden ebenso unvermittelt wieder. Ibach ist davon überzeugt, dass es für jeden ihrer Engel genau eine einzige Person gibt, für die er bestimmt ist. "Nur manchmal dauert es eben ein bisschen, bis sie zusammen finden", sagt sie.

Zumindest haben ihre Flatterwesen in der Forstinniner Galerie schon mal das Paradies gefunden - und eine Menge Gäste, welche die Vernissage genutzt haben, sie zu bewundern. Dass die Aquarellmalerei mehr kann als toskanischen Hügellandschaften in der Abenddämmerung ein schlechtes Abbild mit hässlichen Farbrändern und verwaschenen Strukturen zu sein, haben Künstler wie Paul Cézanne, Emil Nolde oder William Turner schon bewiesen. Aquarelle sind einzigartig und im Gegensatz zum Öl auch nicht kopierbar. Dass sich aber mit viel Geduld, Erfahrung und ausgefeilter Technik aus den lasierenden Farben vielschichtige Gemälde gestalten lassen, zeigen Meyden und Ibach - beide Mitglieder der Deutschen Aquarellgesellschaft.

Folgt man Meydens "Blick in Persephones Garten", verfängt sich das Auge in der Zauberwelt einer Wiese. Als wäre der Wind hineingefahren, driften zarte Halme ineinander, tauchen Blüten aus einer durch gezielte Waschungen entstandenen Tiefe auf. Ihre Inspiration holt sich Meyden in der Natur, bannt den Moment, der sie gerade fasziniert auf einen Skizzenblock und haucht der Szene schließlich mit Farbe und Pinsel neues Leben ein. Und, wer weiß, vielleicht sind ja an der Inspiration zu den Forstinniger Paradiesen ein paar Radebeulsche Engel beteiligt. Schließlich sind diese schnell unterwegs.

"Himmlische Engel, irdische Paradise" in der Galerie im Tiermuseum Forstinning, bis 5. Januar, freitags 13 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 14 Uhr.

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