Sonderpädagogisches Förderzentrum:Umzug verschafft ein bisschen Luft

Sonderpädagogisches Förderzentrum: Endlich genug Platz für die Grundschüler: Rosemarie Jaletzke, die Leiterin der Heilpädagogische Tagesstätte HPT St. Nikolaus, in den neubezogenen Räumen in Altenerding.

Endlich genug Platz für die Grundschüler: Rosemarie Jaletzke, die Leiterin der Heilpädagogische Tagesstätte HPT St. Nikolaus, in den neubezogenen Räumen in Altenerding.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Nikolausschule verzeichnet einen hohen Anstieg der Schülerzahlen und platzt aus allen Nähten. Doch jetzt gibt es gute Nachrichten: Die Grundschüler werden nachmittags in neuen Räumen in Altenerding betreut

Von Regina Bluhme, Erding

"Es bröckelt an allen Ecken und Enden". Das sagt Korbinian Müller, Konrektor der Nikolausschule in Erding, dem Sonderpädagogischen Förderzentrum für geistig und mehrfach behinderte Kinder. Damit meint er nicht das Gebäude an der Wilhelm-Bachmair-Straße, sondern den drastischen Anstieg der Schülerzahlen, den Fachkräftemangel und die Raumnot. Es bröckelt nicht, es brennt.

Das Förderzentrum ist das einzige seiner Art im Landkreis Erding. Zur St. Nikolaus-Schule in der Trägerschaft des Einrichtungsverbunds Steinhöring gehört die Schulvorbereitende Einrichtung (SVE) für Drei- bis Sechsjährige sowie eine Grund- und Mittelschulstufe und eine Berufsschulstufe bis zur 12. Klasse. Dazu kommt die Heilpädagogische Tagesstätte (HPT), in der die Kinder am Nachmittag betreut werden. Stand Oktober 2022 besuchen 135 Schüler und Schülerinnen die Schule. Laut Schulleiter Georg Bauer gibt es zwar heuer einen "ungewöhnlich hohen Abgangsjahrgang" von 15 Absolventen und dennoch gehen die Anmeldezahlen weiter nach oben. Bauer rechnet aktuell mit 145 Schülern und Schülerinnen fürs kommende Schuljahr.

Sonderpädagogisches Förderzentrum: Beim Gesprächstermin an der Nikolausschule (von links): Konrektor Korbinian Müller, Rektor Georg Bauer und Rosemarie Jaletzke, Einrichtungsleitung der HPT.

Beim Gesprächstermin an der Nikolausschule (von links): Konrektor Korbinian Müller, Rektor Georg Bauer und Rosemarie Jaletzke, Einrichtungsleitung der HPT.

(Foto: Renate Schmidt)
Sonderpädagogisches Förderzentrum: Neue Räume mit ausreichend Platz für die Grundschüler der Heilpädagogischen Tagesstätte HPT St. Nikolaus in Altenerding.

Neue Räume mit ausreichend Platz für die Grundschüler der Heilpädagogischen Tagesstätte HPT St. Nikolaus in Altenerding.

(Foto: Renate Schmidt)

Korbinian Müller ist seit sechs Jahren an der Schule und bemerkt seit etwa drei Jahren den Anstieg. "Wir waren immer einzügig, seit drei Jahren sind wir zweizügig", sagt Müller. 24 Erstklässler sind es heuer. Der drastische Schüleranstieg in Sonderpädagogischen Zentren sei in ganz Oberbayern zu verzeichnen, hat Georg Bauer kürzlich bei einer Schulleiterdienstbesprechung erfahren. Erklärungsversuche, auch im Ministerium, laufen, sagt Georg Bauer. Der relativ hohe Migrantenanteil könne jedenfalls nicht allein der Grund sein, sagt der Erdinger Schulleiter. Auffallend sei der hohe Anteil an Kindern mit einer sogenannten Autismus-Spektrum-Störung, so Bauer. Darunter extrem viele im Bereich Nichtsprecher und mit schweren Beeinträchtigungen im Sozialverhalten, fügt Korbinian Bauer hinzu.

Besonders akut ist die Situation in der Schulvorbereitenden Einrichtung SVE der Nikolausschule. Die 16 Plätze für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren reichen bei Weitem nicht. Für sechs freie Plätze im September gibt es 23 Anfragen. Die Not der abgewiesenen Eltern ist groß. Inklusion ist ein hehres Ziel, aber die Regel-Kitas stünden stark unter Druck, so Georg Bauer. Personalmangel auf der einen Seite, der Recht auf einen Kitaplatz auf der anderen. Ein Inklusionskind binde vier Regelplätze, "da wird der Druck noch größer". Zudem fühlten sich viele Kinder mit Einschränkungen in einer größeren Gruppe schnell überfordert. In der ESV sind es acht Kinder pro Gruppe.

Es ist aktuell so, dass St. Nikolaus Eltern absagen muss, die für ihren behinderten Sohn oder ihre behinderte Tochter einen Platz in der heilpädagogischen SVE suchen. Das hat zur Folge, dass die Eltern dann ihr Kind zuhause betreuen müssen, sagt Rosemarie Jaletzke, Einrichtungsleiterin der Heilpädagogische Tagesstätte HPT, in der die Kinder der Nikolausschule nachmittags betreut werden. Auch die HPT platzt aus allen Nähten. Auch hier können nicht alle Eltern einen Platz für ihr Kind ergattern. "Ich hatte weinende Eltern am Telefon", erzählt Rosemarie Jaletzke.

Auch die Nikolausschule sucht Personal, gut ausgebildetes Personal. Mit Quereinsteigern geht es nun mal nicht. Für die beiden Schulleiter und auch Rosemarie Jaletzke wäre es gute Lösung, wenn neben der Berufsfachschule für Kinderpflege künftig auch Erzieher und Erzieherinnen ausgebildet würden. Denn die künftigen Erzieher lernten dann bei Praktika in der Nikolausschule "den sonderpädagogischen Bereich kennen und schätzen", sagt Müller, "und lieben", fügt Jaletzke hinzu.

Sonderpädagogisches Förderzentrum: Neue Räume für Heilpädagogische Tagesstätte HPT St. Nikolaus in Altenerding Am Hofmarkplatz.

Neue Räume für Heilpädagogische Tagesstätte HPT St. Nikolaus in Altenerding Am Hofmarkplatz.

(Foto: Renate Schmidt)
Sonderpädagogisches Förderzentrum: Gemütlich und farbenfroh ist dieser Gruppenraum in der HPT eingerichtet.

Gemütlich und farbenfroh ist dieser Gruppenraum in der HPT eingerichtet.

(Foto: Renate Schmidt)

Es gibt aber auch gute Nachrichten: Die 38 Grundschüler der HPT werden jetzt nachmittags in Räumen Am Hofmarkplatz 1 in Altenerding betreut. In umgebauten Büroräumen haben die Schüler eine neue Bleibe gefunden. In den hellen, farbenfrohen und gemütlich eingerichteten vier Gruppenräumen mit je einem Nebenraum zum Ausruhen sowie extra Pflege- und Therapieräumen werden die Kinder nach der Schule betreut und gefördert. Ein schöner Garten mit Spielgeräten liegt hinter dem Haus. Gerne würde Jaletzke noch mehr in die Ausstattung der Tagesstätte investieren. Dabei seien sie auf Spenden angewiesen.

Zur Eröffnung der HPT Am Hofmarkplatz war kürzlich auch Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) gekommen. Auch hier haben die Schulvertreter ihrer Sorge Luft gemacht. Eine weitere heilpädagogischen Kita für den Landkreis wäre ihrer Ansicht nach wirklich wichtig. Der Einrichtungsverbund Steinhöring würde die Trägerschaft übernehmen, so Bauer. Was das künftige Gebäude betreffe, so sei die Schule auf die Unterstützung der Kommunen angewiesen. Die Räume Am Hofmarkplatz sind der Eigeninitiative von Rosemarie Jaletzke zu verdanken. Sie habe überall im Bekanntenkreis nachgefragt. "Ein reiner Glücksfall".

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