Fluglärmkommission:Streit um Ultrafeinstäube

Fluglärmkommission: Die Sitzung der Fluglärmkommission fand am Mittwoch in der Stadthalle Erding statt.

Die Sitzung der Fluglärmkommission fand am Mittwoch in der Stadthalle Erding statt.

(Foto: oh)

Bürgerinitiative kritisiert Einstufung der FMG zur aktuellen Luftqualität

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Die Corona-Pandemie hat auch am Münchner Flughafen zu einem massiven Rückgang bei den Flugbewegungen geführt. In den ersten sechs Monaten sank die Zahl gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 um zwei Drittel, sagte Josef Schwendner, Generalbevollmächtigter der Flughafen München GmbH (FMG), bei der Sitzung der Fluglärmkommission an Donnerstag in der Stadthalle Erding. Laut Hermann Blomeyer, dem Leiter der Umweltabteilung der FMG, habe sich damit aber nicht automatisch die Luftqualität im Umfeld des Flughafens verbessert. Die Messstationen am und außerhalb des Flughafen hätten sowohl bei Stickstoffdioxid (NO₂) als auch beim Feinstaub (Partikel PM10 und PM2,5) nur geringfügig geringere Werte ergeben. Was Wolfgang Herrmann, den Vorsitzenden des Bürgervereins Freising, nicht verwunderte, da ja die Ultrafeinstäube, die vor allem aus den Triebwerken der Flugzeuge kommen würden, gar nicht gemessen werden.

Beim Thema Ultrafeinstaubmessung bezog die FMG erneut die bekannte Position, obwohl sie auch vom Vorsitzenden der Kommission, Freisings OB Tobias Eschenbacher aufgefordert wurde, eine freiwillige Messung in Erwägung zu ziehen. "Wir werden keine Ultrafeinstäube messen", sagte Josef Schwendner, "unseres Erachtens ist das vorhandene Messgerät nur für Arbeitsplatzmessungen geeignet und nicht im Freien". Der Flughafen erfülle zudem alle rechtlichen Auflagen, sei ein Verkehrsunternehmen und keine Forschungseinrichtung.

"Dass Sie sich gesetzeskonform verhalten, stellt keiner in Frage", erwiderte Hermann vom Bürgerverein, "aber es geht um die Gesundheit der Anwohner, da muss man doch Interesse an der Aufklärung haben - und genau diese Sache unterstützen sie nicht". Andere Flughafen wie die in Zürich, Frankfurt oder Düsseldorf hätten bereits eigene Ultrafeinstaub-Messstellen eingerichtet. Das sollte man sich als Fünf-Sterne-Flughafen zum Vorbild nehmen.

In diesem Zusammenhang wurde allgemein begrüßt, dass die bayerische Staatsregierung sich künftig an der Messung der als gesundheitsschädlich vermuteten Ultrafeinstäube beteiligen wird. Um nicht nur privat erhobene Daten von Handmessgeräten zu erhalten - die Gemeinde Wartenberg ist ebenfalls im Besitz eines etwa 13 000 Euro teuren Messgeräts -, wird die Universität Bayreuth und das Helmholtz Zentrum München sich beteiligen, um unabhängige, neutrale wissenschaftlich Ergebnisse zu erhalten. Dazu sollen zwei Messstationen nahe des Flughafens auf Freisinger und Hallbergmooser Gebiet errichtet werden.

Mit der Zahl der Flugbewegungen ging allerdings auch nicht die Zahl der Beschwerden über zu tiefe, zu laute und nachts fliegende Maschinen zurück, wie Robert Biberger, der Fluglärmbeauftragte der Regierung von Oberbayern sagte - im Gegenteil. Von 1. November 2019 bis zum 30. Juni 2020 seien bei ihm 1262 Beschwerden eingegangen. Eine "exorbitante Steigerung", wie Biber sagte. Statt im Schnitt knapp sechs Beschwerden seien es 160 im Monat geworden, und das, obwohl seit dem Lockdown Mitte März kaum mehr Flugzeuge gestartet oder gelandet seien. Des Rätsels Lösung: die 1262 Beschwerden kamen von nur 21 Personen. Vor allem ein Beschwerdeführer aus Neufahrn habe nach dem Motto gehandelt, wenn er sich nur oft genug beschwere, werde er damit etwas erreichen. Einen Verstoß gegen die Luftverkehrsgesetze habe es aber in keinem Fall gegeben, sagte Sandra Teleki von der Deutschen Flugsicherung.

In der 65. Sitzung der Fluglärmkommission vollzog sich zudem ein Wechsel an der Spitze. Freisings OB Tobias Eschenbacher gab den Vorsitz wegen zusätzlicher beruflicher Belastungen ab. Die Versammlung wählte einstimmig den Freisinger Landrat Helmut Petz (Freie Wähler) zu seinem Nachfolger. Eschenbacher bleibt als Stellvertreter im Vorstand, ebenso wie der langjährige Vorsitzende Herbert Knurr für den Landkreis Erding.

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